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    Tabaluga - Der Film
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Tabaluga - Der Film

    Zu wenig Peter Maffay

    Von Antje Wessels

    Anfang der Achtzigerjahre erschuf der Rockmusiker Peter Maffay gemeinsam mit dem Autor Gregor Rottschalk und dem Kinderliedermacher Rolf Zuckowski die Figur Tabaluga. Ursprünglich sollte der kleine grüne Flugdrache lediglich die Hauptfigur eines Konzeptalbums werden. Doch „Tabaluga oder die Reise zur Vernunft“ wurde 1983 zu einem solchen Erfolg, dass mit „Tabaluga und das leuchtende Schweigen“ (1986), „Tabaluga und Lilli“ (1993), „Tabaluga und das verschenkte Glück“ (2002), „Tabaluga und die Zeichen der Zeit“ (2011) und „Es lebe die Freundschaft!“ (2017) nicht bloß fünf weitere Alben folgten, sondern auch noch Bücher, Tourneen, Live-Alben, Musicals, eine Zeichentrickserie, eine Fernsehshow und Hörspiele dazukamen. Einen Kinofilm rund um Tabaluga gab es dagegen bislang noch nicht. Das ändert sich jetzt, denn mit „Tabaluga – Der Film“ wagt sich nun „7 Zwerge – Männer allein im Wald“-Regisseur Sven Unterwaldt Jr. an die Aufgabe, den kultisch verehrten Drachen auf der Kinoleinwand und in 3D neu zu erfinden.

    Um dem Geist des Originals möglichst gerecht zu werden, haben sich die Autoren Toby Genkel („Ooops! Die Arche ist weg...“), Gerrit Hermanns („Hexe Lilli rettet Weihnachten“), Marco Petry („Heiter bis wolkig“) und Hortense Ullrich („Meine teuflisch gute Freundin“) zudem einmal quer durch die musikalischen Vorlagen gearbeitet und dem Animations-Abenteuer einen gewissen Musical-Anstrich verpasst. Das Problem ist nur: Mit Ausnahme einiger generationenübergreifender Hits erinnert im Kinofilm nichts mehr daran, dass der Geschichte eine höchst liebenswerte, zum Großteil auch sehr melancholische Vorlage zugrunde liegt. Stattdessen geht es auch hier wieder einmal nur um einen austauschbaren und austauschbar in Szene gesetzten Kampf zwischen Gut und Böse. Da waren selbst die bis 2004 produzierten Folgen der deutsch-australischen Trickserie noch deutlich liebenswerter, obwohl diese – anders als nun der Film – nicht mit einem Staraufgebot an Sprechern auftrumpfen konnten.

    Noch als Babydrache verliert Tabaluga (gesprochen von Wincent Weiss) seine Eltern bei einem Kampf gegen den bösen Schneemann Arktos (Heinz Hoenig). Fortan wird der kleine Drache vom Raben Kolk (Rufus Beck) umsorgt, der ihm alles Lebensnotwendige für die Zukunft beibringt. In dem Glückskäfer Bully (Michael „Bully“ Herbig) hat Tabaluga außerdem einen guten Freund gefunden. Aber mit einer Sache hadert Tabaluga ganz gewaltig: Obwohl er mittlerweile größer geworden ist, hat er noch immer nicht sein Feuer gefunden. Als ihn eine geheimnisvolle Botschaft nach Eisland führt, fackelt Tabaluga nicht lange und tritt gemeinsam mit Bully zu einer aufregenden Reise an. In Eisland angekommen, trifft er auf die wunderschöne Lilli (Yvonne Catterfeld), die bei der ersten Begegnung mit Tabaluga völlig außer sich ist. Schließlich wünscht sich ihr Herrscher Arktos nichts mehr, als einen Drachen zu treffen. Gemeinsam mit Bully, Lilli und dem tollpatschigen Eisbären Limbo (Rick Kavanian) begibt sich Tabaluga in Richtung Eispalast, nicht ahnend, dass Arktos in Wahrheit seine ganz eigenen eisigen Pläne verfolgt…

    In „Tabaluga – Der Film“ gibt es nicht nur einige bekannte Songs aus den verschiedenen Konzeptalben, auch die Story ist sehr frei an gleich mehrere der Vorlagen angelehnt: So finden sich einige Elemente aus „Die Reise zur Vernunft“ im Plot wieder, aber mit Lilli wird natürlich vor allem auf das dritte Album „Tabaluga und Lilli“ Bezug genommen. Die größte Änderung ist allerdings der durchaus brutale Charakter des Films. Zwar liefert sich Tabaluga in „Tabaluga und Lilli“ tatsächlich ein Duell mit dem Eisland-Herrscher Arktos, das der Drache am Ende für sich entscheiden kann, aber der simple Kampf Gut gegen Böse steht trotzdem nie im Mittelpunkt. Stattdessen besingt Peter Maffay in seinen Songs den Wert von wahrer Freundschaft und Liebe sowie über die komplexen Empfindungen, die diese Gefühle in einem auslösen können. „Tabaluga – Der Film“ eröffnet dagegen direkt mit einer Kampfsequenz: Tabalugas Eltern werden bereits in der ersten Szene von Arktos getötet und müssen das Ei, aus dem Tabaluga später schlüpft, zurücklassen. Das ist inszenatorisch zwar alles gerade noch in einem kindgerechten Rahmen, doch es gibt den Tonfall des Films vor: Am Ende kämpft einfach nur wieder eine Seite gegen die andere.

    Die eingestreuten Songs sind zwar auch nach zum Teil mehr als 30 Jahren immer noch Ohrwürmer, entwickeln ohne die markante Stimme von Peter Maffay aber nur halb so viel Wumms. „Feuerwerk“-Interpret Wincent Weiss, der hier zugleich auch ein solides Debüt als Synchronsprecher gibt, performt Songs wie „Tabalugas Lied“ oder „Ich fühl mich wie du“ im Duett mit Yvonne Catterfeld zwar routiniert, erreicht dabei aber genauso wie Michael „Bully“ Herbig oder Heinz Hoenig nie die Emotionalität des Originals. Auch der Schurkensong „Der Schlüssel zur Macht“ hatte bei Maffay (allein und im Duett mit Alexander Wesselsky) deutlich mehr Charme. All diese ikonischen Nummern werden im Film zu austauschbar arrangierten Pop-Rock-Hits. Nur wenn Maffay einige der neu eingespielten Stücke aus dem Off selbst singt, lässt sich ein wenig erahnen, was die „Tabaluga“-Alben damals zu einem solchen Erfolg gemacht hat, selbst wenn man solch prägenden Balladen wie „Lied des Mondes“, „Leuchtendes Schweigen“ oder „Nessaja“, die nur am Ende kurz eingespielt wird, weiterhin schmerzlich vermisst.

    Aufgrund dieser Willkür im Umgang mit den Songs sowie den Erzählmotiven der verschiedenen Konzeptalben fühlt sich „Tabaluga – Der Film“ letztendlich wie ein halbherziges „Best Of“ an. Wenn eine mehr als 30-jährige Erfolgsgeschichte in einen nicht einmal eineinhalbstündigen Spielfilm quetschen muss, dann geht dabei zwangsläufig etwas verloren. Aber hier stören nicht nur die lieblos interpretierten Songs und die austauschbare Geschichte, sondern vor allem auch, mit welch fehlender Warmherzigkeit und Tiefe die Geschichte des kleinen Drachen erzählt wird. Lediglich zwischen Tabaluga und seinem Käferfreund Bully ergeben sich hin und wieder Dialoge, aus denen die enge Freundschaft zwischen den beiden so unterschiedlichen Feuerlandbewohnern hervorgeht. Michael „Bully“ Herbig erweist sich dank seiner wirklich sehr charmanten Synchronisation ohnehin als absoluter Szenendieb, der obendrein die besten Gags für sich verbuchen kann.

    Die enge Bindung zwischen Tabaluga und seinem Ziehvater Kolk, vor allem aber zwischen ihm und Lilli bleiben dagegen bis zuletzt bloße Behauptung, weshalb einem auch die zwischenzeitige Trennung des Paares schlicht egal ist. Der böse Schneemann Arktos kommt nicht minder schlecht weg: Seine Motivation für die Zerstörung sämtlicher Drachen und Grünland ist vollkommen beliebig. Was neben der insgesamt soliden Synchronisation dagegen immerhin zum Teil überzeugt, ist die technische Aufmachung. Vor allem in den Szenen in Grünland hat „Tabaluga – Der Film“ den Charme eines Pop-Up-Buches. Aus der platten Landschaft ragen im Vordergrund immer wieder kleine Details wie Blumen, Sträuchern und Bäumen raus. Den Figuren selbst mangelt es zwar an Details, so besteht Limos Fell beispielsweise aus einer glatten Fläche statt aus einzelnen Härchen und die Eisbären in Eisland gleichen sich selbst von ihren Bewegungen her so sehr, als ob sie einfach per Copy-&-Paste vervielfältigt wurden. Aber die Kombination aus den beiden Trickstilen hat durchaus ihren Reiz.

    Fazit: Peter Maffays „Tabaluga“-Konzeptalben sind ein echtes Unikat. „Tabaluga – Der Film“ ist hingegen ein austauschbares Animations-Abenteuer wie so viele andere – und dann noch nicht mal ein gutes.

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