Mein Konto
    Daddy's Home 2 - Mehr Väter, mehr Probleme!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Daddy's Home 2 - Mehr Väter, mehr Probleme!
    Von Andreas Staben

    Nachdem die Mütter-proben-den-Aufstand-Komödie „Bad Moms“ 2016 zum Überraschungshit avancierte, folgte überpünktlich zu Weihnachten 2017 das Feiertagssequel „Bad Moms 2“ mit Verstärkung durch die ältere Mama-Generation. Daran seien alle Leser erinnert, denen die Inhaltsangabe von „Daddy’s Home 2 – Mehr Väter, mehr Probleme!“ irgendwie bekannt vorkommt. Denn diese Fortsetzung der Rivalisierende-Väter-raufen-sich-zusammen-Komödie „Daddy’s Home“ ist mit ihrem Weihnachtssetting und den unverhofft auftauchenden Opas Mel Gibson und John Lithgow so etwas wie der ungezogene Stiefbruder der derben Frauensause. Aber wo letztere sich am Ende allzu anbiedernd in Harmonie und Eintracht auflöst und ihren Biss verliert, legen Regisseur Sean Anders („Kill The Boss 2“, „Der Chaos-Dad“) und seine Mitstreiter eine irre, manchmal auch irritierende Festtagsfarce vor, die sich nicht so einfach einordnen lässt. Schon dem ersten Teil hat mein FILMSTARTS-Kollege Carsten Baumgardt „moralische Widerhaken“ attestiert, hier testen die Macher nun noch stärker die Grenzen der familienfreundlichen Komödie aus und überschreiten sie dabei auch immer wieder – was ziemlich oft ziemlich witzig ist, aber zuweilen auch klar danebengeht.

    Nachdem Saras (Linda Cardellini) jetziger Ehemann Brad (Will Ferrell) und ihr erster Gatte Dusty (Mark Wahlberg) sich zusammengerauft haben, übernehmen die beiden Männer als „Co-Dads“ gemeinsam die Vaterrolle bei Dustys leiblichen Kindern Megan (Scarlett Estevez) und Dylan (Owen Vaccaro). Die Weihnachtstage wollen sie nun alle zusammen verbringen, was auch Dustys neue Frau, das schriftstellernde Model Karen (Alessandra Ambrosio), und seine Stieftochter Adrianna (Didi Costine) einschließt. Doch dann kündigen sich zwei weitere Festtagsgäste an: Neben Brads Vater, dem leutseligen Ex-Paketboten Don (John Lithgow) will auch Dustys Erzeuger Kurt (Mel Gibson) überraschend Weihnachten mit seinem Sohn und der Familie verbringen. Der notorische Macho und ehemalige Astronaut hat sich jahrelang nicht blicken lassen und zeigt nun schon beim Eintreffen seine Abneigung gegen Dustys und Brads Erziehungsmethoden. Der bärbeißige Frauenheld macht sich einen Spaß daraus, die beiden Co-Dads gegeneinander aufzubringen…

    Der deutsche Untertitel bringt die Prämisse von „Daddy’s Home 2“ treffend auf den Punkt (und entsprechend hätte man „Bad Moms 2“ auch mit dem Zusatz „Mehr Mütter, mehr Probleme!“ versehen können). Der zentrale Konflikt zwischen dem gefühligen Weichei Brad und dem kernigen Draufgänger Dusty, zwischen dem Übervorsichtigen und dem Verantwortungslosen ist im ersten Teil bis zum Extrem ausgespielt worden und selbst Weihnachten - der traditionelle jährliche Höhepunkt der familiären Konkurrenzkämpfe und Streitigkeiten – musste trotz der sommerlichen Handlungszeit schon dort für eine der schlimmsten Eskalationen zwischen den rivalisierenden Vatermonstern herhalten. Die einfachste Lösung, um da noch einen draufzusetzen, ist die Einführung neuer (Vater-)Figuren. Und mit denen werden die alten Gegensätze endgültig auf die Spitze getrieben, denn ganz nach dem Motto „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ spielen John Lithgow („Hinterm Mond gleich links“) und Mel Gibson („Mad Max“, „Braveheart“) gleichsam die wirklich ungehobelten Versionen von Will Ferrells und Mark Wahlbergs Figuren.

    Lithgows Don ist nicht nur ähnlich nah am Wasser gebaut wie sein Sohn (dem er bei jeder Gelegenheit lange Küsse auf den Mund gibt), er ist auch genauso anfällig für körperliche Missgeschicke aller Art wie dieser. Dies führt zu in epischer Breite ausgewalzten Sequenzen etwa mit einem außer Kontrolle geratenen Minischneepflug oder auch zu einem ebenso schmerzhaften wie überlangen Running Gag mit eisigen Schneebällen. Während diese Slapstickalbernheiten die Geduld des Publikums ziemlich strapazieren können, ist es in einer anderen Szene gerade die ungewöhnliche Dauer, die ihre besondere Wirkung ausmacht: Wenn sich das Väterquartett unter dem Stichwort „Thermostat-Madness“ einen Kleinkrieg um die nächtliche Heizungsregelung mit der zickigen Adrianna liefert, dann ist das köstlich absurd. Und mit diesem Gespür für den inhärenten Wahnsinn des ganzen Weihnachtszirkus orchestriert Regisseur Sean Anders auch das Finale, bei dem die ganze Familie wegen eines Sturms mit Hunderten von Fremden in einem Multiplex-Kino strandet. Neben einer Vorführung des (erfundenen) Liam-Neeson-Reißers „Missile Tow“ gibt es dort eine eher kuriose als emotionale Darbietung des ohnehin fragwürdigen Feiertagsfeelgoodsongs „Do They Know It’s Christmas?“, während die Einmischung des Verhaltensdinosauriers Kurt in die Kindererziehung eine konsequent unkorrekte Kettenreaktion auslöst.

    Das alles macht den Film aber nicht so sehr zu einer Satire, sondern er landet immer wieder irgendwo auf halber Strecke zwischen einer Affirmation traditionell-konservativer (Familien-)Werte und einer entlarvenden Überspitzung von (Hollywood-)Klischees. Am besten lässt sich dies anhand von Mel Gibsons Auftritt erkennen. Der umstrittene Superstar der 80er und 90er, der zuletzt mit „Hacksaw Ridge“ ein beeindruckendes Comeback als Regisseur hingelegt hat, scheint es fast schon darauf anzulegen, seinem zweifelhaften Ruf gerecht zu werden: Wenn er den Kindern (beinahe) einen Nuttenwitz erzählt, wird schon ganz am Anfang klar, dass Gibson sich wenig um sein Image schert. Aber Regisseur Anders und sein Co-Drehbuchautor John Morris („Dumm und Dümmehr“) machen aus dem Ex-Astronauten Kurt nicht nur einen maximal unsensiblen Lümmel und einen unverbesserlichen Frauenhelden (das ist hier wenig witzig), sondern gleich auch einen Waffennarren und Ewiggestrigen: Bei ihm landen Knarren in Kinderhänden und Frauen will er in die Küche schicken – und irgendwie kommt er im Film damit davon. Das hat etwas anregend Irritierendes – ähnlich wie eine Impro-Comedyszene mit John Lithgow, in der Dons realer Seelenschmerz auf die Showbühne gezerrt wird. Witzig ist die am Ende längst nicht mehr – aber das spricht in diesem Moment eher für den Film.

    Fazit: Die Macher von „Daddy’s Home 2“ setzen gegenüber dem ersten Film tatsächlich noch einen drauf. Vor allem durch Mel Gibson und John Lithgow bekommt die unfeierliche Weihnachtskomödie zusätzlichen Punch.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top