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    21 Bridges
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    21 Bridges

    Black Panther als Westernheld in New York

    Von Christoph Petersen

    In den Siebzigern und Achtzigern gab es solche geradlinigen Polizei-Thriller wie „21 Bridges“ von Serien-Spezialist Brian Kirk („Game Of Thrones“, „Penny Dreadful“) noch wie Sand am Meer. Aber die Zeiten, in denen das Publikum ins Kino geströmt ist, um einfach nur einen simplen Cops-und-Gangster-Plot zu sehen, sind lange vorüber. Heutzutage muss man solch eine Geschichte schon ein paar Nummern größer aufziehen, zumal wenn mit den MCU-Regisseuren Joe und Anthony Russo die Macher des erfolgreichsten Blockbusters aller Zeiten („Avengers 4: Endgame“) hinter dem Projekt stehen: „21 Bridges“ ist der erste Kino-Release ihrer neugegründeten Produktionsfirma AGBO Films.

    Also macht „Black Panther“-Star Chadwick Boseman in „21 Bridges“ nicht einfach nur Jagd auf zwei flüchtige Cop-Killer, er lässt dafür auch noch eine Nacht lang alle 21 Brücken sperren, die Manhattan mit den umliegenden Bezirken verbinden. Das klingt erst einmal wie eine große Sache, eine Metropole im Ausnahmezustand. Aber dann hat die Abriegelung im Film erstaunlich wenig Auswirkungen! Einmal sieht man in einem TV-Bericht, wie sich ein paar Polizeiwagen vor einer Tunnelzufahrt positionieren. Aber darüber hinaus hat die so radikal anmutende Maßnahme praktisch keine Folgen (keine Proteste, keine Panik, nicht mal ein Verkehrschaos) – und das ist nicht der einzige Punkt, in dem „21 Bridges“ trotz angenehm handgemacht wirkender Shootouts enttäuscht.

    Zwei Gangster erschießen nach einem schiefgelaufenen Drogenraub direkt ein halbes Dutzend Cops ...

    Die Kriegsveteranen und Kleingangster Michael Trujillo (Stephan James) und Ray Jackson (Taylor Kitsch) haben einen Tipp bekommen. Im Keller eines Weingeschäfts in Brooklyn sollen 30 Kilogramm Kokain lagern, die sie sich unter den Nagel reißen wollen. Aber dann finden sie vor Ort nicht nur 300 Kilo unversetzte Drogen, sie werden auch von einer Streifenbesatzung überrascht. Es kommt zur Schießerei, bei der gleich ein halbes Dutzend Polizisten das Zeitliche segnet. Bei der Flucht nach Manhattan wird das Killer-Duo von einem Blitzer fotografiert, weshalb der zuständige Ermittler Andre Davis (Chadwick Boseman) eine entschlossene Entscheidung trifft: Er lässt ganz Manhattan von den Polizisten des NYPD abriegeln – eine Maßnahme, die sich allerdings nur wenige Stunden bis zum Einsetzen des morgendlichen Berufsverkehrs aufrechterhalten lässt. Die Uhr tickt…

    John Wayne in Manhattan

    Andre Davis, dessen Polizisten-Vater einst bei einem Einsatz von einem zugedröhnten Täter getötet wurde, hat bereits acht Menschen im Dienst erschossen – und auch wenn er anschließend jedes Mal von allen Vorwürfen freigesprochen wurde, hat er bei seinen Kollegen den Ruf, einen besonders lockeren Finger am Abzug zu besitzen (was die meisten übrigens eher positiv sehen, zumal sie hoffen, dass er nun auch mit den zwei Cop-Killern möglichst kurzen Prozess macht). Chadwick Boseman verkörpert den Protagonisten als intelligenten, rechtschaffenen, aber auch gnadenlosen Mann des Gesetzes – eine moderne John-Wayne-Figur mit jeder Menge raubeinigem Charisma. Mit dieser herausstechenden Performance steht Boseman allerdings ziemlich allein da…

    … denn seine Co-Stars, vor allem auf der Seite der Cops, haben nie eine realistische Chance, sich über das klischeegespickte Drehbuch zu erheben: So spielen Polizeigewalt und die Stellung des NYPD in der Gesellschaft (starker Satz: „Wir riskieren unser Leben für eine Stadt, die uns verachtet.“) zwar eine zentrale Rolle, aber wenn J.K. Simmons („Whiplash“) als Captain McKenna auf die denkbar unsubtilste Art andeutet, dass Andre die Flüchtigen doch bitte einfach erschießen möge, dann sind seine Holzhammer-Dialoge derart platt und unglaubwürdig, dass jegliche Brisanz bereits im Keim wieder erstickt wird. Im selben Moment hat man wirklich jede Figur sofort durchschaut, wenn sie das erste Mal den Mund aufmacht – es ist schwer vorstellbar, dass jemand auch nur eine der Wendungen in der zweiten Hälfte von „21 Bridges“ nicht von Anfang an kommen sieht.

    ... woraufhin Andre Davis direkt ganz Manhattan abriegeln lässt, um die Flüchtigen dingfest zu machen.

    Die Brücken-Prämisse ist wie gesagt nur Staffage. Statt sich tatsächlich in nachvollziehbarer Weise mit den Auswirkungen einer solchen Abschottung zu beschäftigen, folgt „21 Bridges“ streng der typischen Gangsterjagd-Dramaturgie: Die Flüchtigen werden irgendwo aufgespürt oder gesichtet, die Cops rasen hin, es kommt zu einer Schießerei mit anschließender Verfolgungsjagd. Dabei sind die Actionszenen zwar nicht sonderlich originell oder einfallsreich, aber kompetent und ohne CGI-Schnickschnack umgesetzt. Vor allem die eröffnende Schießerei vor dem Weingeschäft und die Stürmung eines mit einer Stahltür verriegelten Lofts treffen mit ordentlich Schmackes ihr Ziel. Wer nur mal wieder handgemachte Achtziger-Action auf der großen Leinwand sehen will, könnte bei „21 Bridges“ also trotz aller Schwächen dennoch an der richtigen Adresse sein.

    Fazit: Ein Cop-Thriller der alten Schule, der ebenso unglaubwürdig wie vorhersehbar ausfällt und zudem viel zu wenig aus seiner Ganz-Manhattan-wird-abgeriegelt-Prämisse herausholt. Zumindest die handgemachten Actionszenen und Chadwick Boseman als Großstadt-Westernheld sind sehenswert.

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