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    Iron Mask
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Iron Mask

    Arnie, Jackie & ganz viel CGI

    Von Lutz Granert

    Der sowjetische Filmemacher Oleg Stepchenko hatte mit „Vij“ Großes vor. Pünktlich zum 200. Geburtstag des berühmten russischen Schriftstellers Nikolai Gogol im Jahr 2009 plante er eine Adaption der gleichnamigen, 1835 erschienen Erzählung um Hexen, Geister und Dämonen in der Provinz. Aber obwohl die Arbeiten an dem Prestigeprojekt bereits im Dezember 2005 begannen, konnte der großzügig kalkulierte Zeitplan nicht eingehalten werden. Differenzen der beteiligten Produktionsfirmen zur Finanzierung ließen die Arbeit an dem Fantasy-Abenteuer ins Stocken geraten. Als es dann 2011 doch endlich grünes Licht gab, entschied sich Stepchenko, auf die neuesten technischen Möglichkeiten zu setzen und in Real-3D zu drehen. Der Erfolg gab ihm Recht: „Fürst der Dämonen“, so der deutsche Verleihtitel, avancierte in Russland und den Staaten des ehemaligen Ostblocks zum vollen Erfolg an den Kinokassen.

    Im Rest der Welt erschien der Film – auch wegen der international kaum bekannten Besetzung – hingegen vornehmlich direkt auf DVD & Blu-ray. Bei der Fortsetzung „Iron Mask“ wurde das Budget nun sogar noch einmal auf 48 Millionen Dollar mehr als verdoppelt hat, zudem wurden für Nebenrollen so prominente Namen wie Arnold SchwarzeneggerJackie Chan und Rutger Hauer verpflichtet. Zugleich erlebten die Beteiligten bei der Produktion jedoch ein Déjà-Vu: Da es zwischen den nunmehr 12 beteiligten Produktionsfirmen aus Russland diesmal auch China erneut Streitigkeiten gab, steckte der Film nach Abschluss der Dreharbeiten im Februar 2017 erst einmal für zwei Jahre in der Post-Produktion fest. Darüber hinaus wiederholt „Iron Mask“ auch sonst einige des Vorgängers: Das Fantasy-Abenteuer hastet durch CGI-geschwängerte Historienkulissen – und schleppt zudem ein unnötig aufgeblasenes Mythen-Brimborium mit sich herum.

    Jackie Chan spielt den Magier "Meister", der im Londoner Tower in der Zelle hockt ...

    Im Süden des himmlischen Königreichs hat die Hexe mit den zwei Gesichtern (Li Ma) zusammen mit schwarzen Zauberern die Kontrolle über den Tee-Anbau und somit auch über den großen Drachen übernommen. Den mächtigen Zauberer „Meister“ (Jackie Chan) sowie die rechtmäßige Prinzessin Cheng Lan (Xingtong Yao) haben sie in weit entfernte Gefängnisse gesteckt. Als der Kartograf Jonathan Green (Jason Flemyng) in Moskau erkennt, dass der Zar Peter der Große durch einen Trunkenbold ersetzt wurde, wird er ebenfalls in den Kerker geworfen. Mit seiner letzten Brieftaube schickt er seiner Verlobten Miss Dudley (Anna Churina) eine Nachricht mit Bitte um Hilfe.

    Der Vogel findet zwar seinen Weg nach England, landet aber durch Zufall in jener Zelle im Tower von London, wo der „Meister“ zusammen mit einem Mann mit einer eisernen Maske eingekerkert ist. Dahinter verbirgt sich Peter der Große (Yuri Kolokolnikov). Auch sie bitten Miss Dudley um Hilfe, die sich auch sofort aufmacht, um alle Inhaftierten zu befreien. Der Beginn einer Odyssee, die schließlich alle Beteiligten zum Showdown ins himmlische Königreich führt...

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    Der Plot von „Iron Mask“ wirkt gerade durch die zusätzlich Einbindung der chinesischen Mythologie, die in den ersten Filmminuten zu animierten Holzschnitzereien von einem Voice Over heruntergebetet wird, völlig überladen. Dass die beiden Storystränge – mit Ausnahme der Brieftauben-Korrespondenzen – lange ohne wirkliche Berührungspunkte nebeneinanderher laufen, sorgt auch nicht gerade für eine Entwirrung des unnötig aufgeblasenen Handlungsgeflechts.

    Besonders die vielen und letztlich auch ermüdenden Szenen im Tower von London bremsen den Erzählfluss aus. In dem Londoner Wahrzeichen stehen sich aber immerhin die beiden größten, schwer kostümierten Stars des Films zum Duell gegenüber: Auch wenn die langen grauen Haare und der wuchernde Ziegenbart etwas zu sehr nach Kostümverleih aussehen, steuert der ständig Weisheiten aufsagende Jackie Chan als Kampfkunst-Magier eine zumindest solide Performance bei.

    Nominierung für die Goldene Himbeere

    Ungleich brachialer agiert da schon Arnold Schwarzenegger als hünenhafter Gefängniswärter, der exotische Waffen sammelt und seinen Häftlingen (u.a. die aus „Pacific Rim“ bekannten Luu Brothers) anbietet, im Duell gegen ihn ihre Freiheit zu erkämpfen. Im weiten Rüschenhemd und mit akkurater Löckchen-Perücke wirkt der „Terminator“-Star jedoch unfreiwillig komisch, was ihm 2020 zu Recht eine Nominierung für die Goldene Himbeere als Schlechtester Nebendarsteller eingebracht hat. Immerhin sorgt ein selbstreferenzieller Insider-Gag für Erheiterung, wenn er den „Meister“ im Kampf bittet, auf einen Säbel des türkischen Prinzen Hapi aufzupassen. Das ist die Rolle, die Schwarzenegger 2004 in dem Jackie-Chan-Abenteuer „In 80 Tagen um die Welt“ verkörperte.

    Wie in „Fürst der Dämonen“ schießt Oleg Stepchenko bei den (Real-3D-)Effekten auch diesmal wieder aus allen Rohren. Bei einer Kutschen-Verfolgungsjagd durch die Straßen des Matte-Painting-Londons des ausgehenden 18. Jahrhunderts fliegt für einen plumpen Pop-Out-Effekt schon mal ein Fisch von einem Karren direkt auf den Zuschauer zu. Gerade die am Hafen spielenden Szenen sind mit einem unnatürlich satten gelben, grünen oder blauen Licht ausgeleuchtet, um möglichst keinen Winkel des Bildes im Dunkeln zu belassen und die räumliche Wirkung zusätzlich zu forcieren. Das Problem dabei: Die zum Teil verschwenderisch ausgestatteten Sets verlieren in diesen künstlich wirkenden Farbtönen auch noch ihr letztes Fünkchen (historischer) Authentizität.

    ... und dort erst Arnold Schwarzenegger besiegen muss, um seine Freiheit wiederzuerlangen.

    Gerade in der zweiten Hälfte, wenn es alle Beteiligten ins chinesische (pardon: himmlische) Königreich verschlägt, sind dann doch noch kleine Meisterstücke bei der Ausstattung zu bestaunen, die jedoch vom weiter tosenden und ermüdenden Effektbrimborium gleich wieder in den Schatten gestellt werden. Die in Zeitlupen wehenden roten Kleider beim finalen Kampf zwischen böser Magierin und rechtmäßiger Prinzessin wären ebenso ein Augenschmaus wie eine goldene, mit zahlreichen Verzierungen versehene schwebende Gondel – wenn drumherum nicht eine mäßige computeranimierte Fantasy-Welt mit Drachenhöhle, Felsen, Palast und Plantagen von diesen handfesten Schauwerten ablenken würde.

    Und wenn auf dem ohnehin pathetischen Soundtrack von Aleksandra Maghakyan in der zweiten Filmhälfte auch noch von einem kleinen Jungen ein zärtlich gehauchtes Chanson mit Männerchören zur Opferbereitschaft und Obrigkeitshörigkeit der Arbeiterklasse angestimmt wird, fragt sich der hiesige Zuschauer schon, warum der chinesische Kinostart von „Iron Mask“ wegen einer ausstehenden Zustimmung der Zensurbehörde nochmal um ein Jahr verschoben werden musste. Eine bessere Propaganda kann man sich doch eigentlich kaum vorstellen.

    Fazit: „Iron Mask“ legt ein hohes Tempo vor und bietet CGI-lastige Dauer-Action in einem historischen Fantasy-Setting. Doch gerade durch seine maßlos-effekthascherische Inszenierung kommt in diesem ideologisch fragwürdigen Fantasy-Spektakel klassisches Film- und Erzählhandwerk viel zu kurz.

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