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    Crazy Rich
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Crazy Rich
    Von Christoph Petersen

    Jon M. Chus „Crazy Rich“ hat das Zeug dazu, der „Black Panther“ unter den romantischen Komödien zu werden. Denn während es zuvor immer hieß, es sei ein finanzielles Risiko, einen Film über einen schwarzen Superhelden zu machen, stellte sich gerade dieser Umstand nun als großes Plus an den US-Kinokassen heraus: Aktuell ist „Black Panther“ der erfolgreichste Superhelden-Film aller Zeiten am nordamerikanischen Box-Office - sogar noch vor dem gigantomanischen „Avengers 3: Infinity War“.

    Der auf dem 2013 erschienenen ersten Band einer sehr erfolgreichen Roman-Trilogie von Kevin Kwan basierende „Crazy Rich“ ist nun wiederum der erste im Westen produzierte große Studiofilm mit einer ausschließlich asiatisch-stämmigen Besetzung seit mindestens einem Vierteljahrhundert – und trotzdem reagierte im Vorfeld selbst bei den Geldgebern nicht die Furcht vor dem Risiko, sondern die Lust auf die Chancen (außer offenbar in Deutschland, wo das „Asians“ aus dem Originaltitel „Crazy Rich Asians“ lieber wieder getilgt wurde).

    Am Ende der Verhandlungen kam es sogar zu einem regelrechten Bieterwettstreit – inklusive spektakulärem Showdown: Wie The Hollywood Reporter in seiner ausführlichen Coverstory zur Entstehung des Films berichtet, blieben Kevin Kwan, Jon M. Chu („Die Unfassbaren 2“) und den Produzenten des Projekts im Oktober 2016 nur noch 15 Minuten, um sich zwischen dem meistbietenden traditionellen Studio Warner Bros. und einem fast schon unmoralischen Angebot des Streaming-Giganten Netflix (neben unerhört hohen garantierten Gagen sollte es direkt grünes Licht für die komplette Trilogie geben) zu entscheiden.

    Aber nachdem sie zwischenzeitig sogar kurz mit dem Gedanken gespielt haben, einen Teil der Netflix-Gage quasi als Ablass an einen guten Zweck zu spenden, sind die Macher dann doch ihrem Gewissen gefolgt und haben sich für die Chance entschieden, mit ihrem „Pretty Woman“-in-Singapur-Romantikmärchen Kinogeschichte zu schreiben. Ob ihnen das gelingt, werden speziell die nächsten Wochen zeigen, wenn der Film in den USA sein Publikum findet oder auch nicht. Aber eine der klar sehenswertesten romantischen Komödien der vergangenen Jahre ist „Crazy Rich“ so oder so.

    Die New Yorkerin Rachel Chu (Constance Wu) ist auf dem Weg zu einer Hochzeit in Singapur, wo sie zugleich auch zum ersten Mal die Eltern ihres Freundes Nick Young (Henry Golding) kennenlernen soll. Aber schon beim Einsteigen ins Flugzeug muss die Wirtschaftsprofessorin feststellen, dass Nick offenbar nicht der ist, für den sie ihn immer gehalten hat: Statt in der Economy Klasse findet sie sich nämlich plötzlich in einer privaten Luxussuite an Bord wieder. Was Nick ihr bisher nicht erzählt hat: Seine Familie ist eine der wohlhabendsten in ganz Asien – und speziell seiner Mutter Eleanor (Michelle Yeoh) ist sehr daran gelegen, dass er standesgemäß ein Mädchen aus einer anderen Superreichen-Familie und nicht irgendeine dahergelaufene Bürgerliche aus dem Big Apple heiratet…

    Im Kern verbindet „Crazy Rich“ einfach die Prämisse von „Cinderella“, „Pretty Woman“ & Co. mit jeder Menge hochglänzender Bilder des perversen Wohlstands der singapurischen Superreichen, die im Vergleich selbst Christian Grey wie einen armen Betteljungen aussehen lassen. Und wo wir gerade dabei sind: „Fifty Shades Of Grey“ ohne Auspeitschen wäre wohl ebenfalls eine passende Umschreibung für „Crazy Rich“. Das klingt jetzt erst mal alles gar nicht so gut, aber Kevin Kwan und Jon M. Chu würzen ihre Geschichte mit genügend Charme und Cleverness, um den abgestandenen Plot tatsächlich wieder frisch wirken zu lassen.

    Das fängt schon mal damit an, dass hier wirklich jeder sein Fett wegkriegt: Die neureiche Familie von Rachels Studienfreundin Goh Peik Lin (eine zuverlässige Szenendiebin: Awkwafina, die Taschendiebin aus „Ocean’s 8“) hat sich bei ihrem schrecklich teuren Heim nicht nur von Versailles, sondern auch von der Toilette von Donald Trump inspirieren lassen – und nun hocken sie da zwischen all den goldenen Verzierungen und stopfen Chicken Nuggets in sich hinein. Auf der anderen Seite werden die Kinder, die ihren Teller nicht leeressen wollen, damit ermahnt, dass sie doch bitte bloß an all die hungernden Kinder in Amerika denken mögen. Ein harmlos wirkender, aber gerade in seiner Einfachheit wunderbar bissiger Seitenhieb auf die sich zunehmend verschieben Verhältnisse in der Weltwirtschaft.

    Das größte Plus von „Crazy Rich“ bleibt aber „Fresh Off The Boat“-Star Constance Wu als romantische Heldin Rachel, die sich erstaunlich wenig von den Abermilliarden ihrer potentiellen Schwiegerfamilie einschüchtern lässt (das Kinopublikum staunt wohl mehr als sie). Im Showdown mit Eleanor setzt sie sich zudem nicht nur - wie es sich in diesem Genre eigentlich gehört - dank ihres guten Herzens, sondern vor allem auch durch ihre in der Wirtschaftswissenschaft erworbenen spieltheoretischen Fähigkeiten durch. Auf klassische Weise Charmant und auf moderne Weise schlagfertig – eine gewinnende Mischung.

    Fazit: Ein ebenso erfrischendes wie unterhaltsames Update des klassischen „Cinderella“-Plots.

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