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    Wolf Warrior 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Wolf Warrior 2
    Von Christoph Petersen

    Wolf Warrior 2“ ist aktuell (Anfang September 2017) der weltweit fünfterfolgreichste Film des Jahres! Aber im Gegensatz zu den vor ihm liegenden Filmen „Die Schöne und das Biest“, „Fast & Furious 8“, „Ich – Einfach unverbesserlich 3“ und „Guardians Of The Galaxy 2“ hat „Wolf Warrior 2“ seine Einnahmen nicht rund um den Globus, sondern rund 99 Prozent davon allein in China erzielt: Mit mehr als 800 Millionen Dollar (bei einem Budget von gerade mal 30 Millionen) hat der Action-Kracher in seiner Heimat alle bisherigen Box-Office-Rekorde regelrecht pulverisiert (der vorherige Rekordhalter „The Mermaid“ kommt auf gerade mal 525 Millionen Dollar). Das ist nach dem US-Einspiel von „Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht“ das zweithöchste Ergebnis, das ein Film jemals in nur einem Land erzielt hat. Aber woher kommt das, zumal der erste Teil „Wolf Warrior“ 2015 auch nur zwar sehr gute, aber noch im normalen Rahmen liegende 80 Millionen Dollar eingestrichen hat? Die Antwort ist gar nicht so kompliziert: „Wolf Warrior 2“ von Martial-Arts-Experte Jacky Wu ist für China ein Selbstbewusstsein stiftendes patriotisches Ereignis – und zwar in politischer und in filmischer Hinsicht.

    Auf der Suche nach seiner ehemaligen Vorgesetzten und Verlobten Long Xiaoyun (Yu Nan), die bei einem Grenzeinsatz in Afrika von einer nicht identifizierten Söldnertruppe verschleppt wurde, schippert der Ex-Wolf-Warrior-Elitesoldat Leng Feng (Jing Wu) von einem afrikanischen Küstenort zum nächsten. Sein einziger Hinweis ist eine speziell gravierte Gewehrpatrone, die die Kidnapper am Tatort zurückgelassen haben. Als Leng Feng in einer dieser Städte mitten in einen von europäischen Söldnern angestachelten Rebellenaufstand hineingerät, ist er der einzige, der den Arbeitern in einer von Chinesen betriebenen Fabrik noch helfen kann, weil die vor der Küste liegenden chinesischen Zerstörer aufgrund eines fehlenden UN-Mandats nicht in den lokalen Konflikt eingreifen dürfen. Während Leng Feng und die Arbeiter auf einen für den nächsten Morgen angekündigten UN-Hubschrauber warten, planen der Söldner-Anführer Big Daddy (Frank Grillo) und seine Männer ihren Angriff auf die Fabrik…

    In den vergangenen Jahren hat Hollywood mit Filmen wie „The Expendables“ immer wieder versucht, an seine Actionkino-Hochzeit der 70er und 80er Jahre anzuknüpfen. Aber so hundertprozentig hat das nie geklappt – und das ist auch nur logisch: Die unschuldigen Zeiten sind einfach vorbei! Wenn man heute im Westen einen dampfhammerpatriotischen Krachbumm-Film à la „Rambo II“ dreht, dann geht das eben nur noch ironisch gebrochen oder mit einem wissenden Augenzwinkern. Wer solche Streifen heute noch sehen will, der sollte deshalb besser in anderen Filmnationen Ausschau halten: In China zum Beispiel wird immer noch so unbedarft-unverhohlen im vermeintlichen Namen des Volkes herumgeballert, als ob es kein Morgen mehr gäbe. „Wolf Warrior 2“ endet nun sogar mit einer Abbildung eines chinesischen Reisepasses und der Einblendung: „Liebe Volksbürger, wenn Sie im Ausland in Gefahr geraten, geben Sie nicht auf. Denken Sie immer daran, hinter Ihnen steht ein starkes Vaterland!

    „Wolf Warrior 2“ ist eine einzige Demonstration von Selbstbewusstsein und Stärke – allerdings tritt China hier nicht wie die USA in vielen Filmen als Im-Notfall-machen-wir-die-Bösen-platt-Nation auf, sondern als der letzte verbliebene Helfer in der Not: Während die Kriegsschiffe aus aller Herren Länder Reißaus nehmen, sobald der Rebellenaufstand beginnt, fährt ein chinesischer Zerstörer als einziges Schiff in die andere Richtung – hinein ins Krisengebiet. Und als Leng Feng die amerikanische Ärztin Rachel Prescott Smith (Celina Jade) rettet, weist er sie an, doch mal in der US-Botschaft bei ihren ach so tollen Marines (der ja angeblich besten Spezialeinheit der Welt) anzurufen: Es geht nur ein Anrufbeantworter mit einer vertröstenden Nachricht ran. China hat aktuell ein riesiges wirtschaftliches Interesse an Afrika – und so wird das Land in „Wolf Warrior 2“ auch als gütige Retternation in Szene gesetzt: Als der schleimige Geschäftsführer der Fabrik die chinesischen von den afrikanischen Arbeitern trennen will, um erst einmal seine eigenen Landsleute ausfliegen zu lassen, geht Jing Wu beherzt dazwischen und befiehlt, dass alle Angestellten gleichermaßen gerettet werden müssen.

    In eine ähnliche Richtung zielt auch die Wahl der Antagonisten: Um es sich mit bloß keiner afrikanischen Fraktion zu verscherzen, wird nicht nur der afrikanische Handlungsort nicht weiter spezifiziert, es wird auch darauf verzichtet, die Regierung oder die Rebellen (die alle töten, nur keine Chinesen) als eigentliche Bösewichte zu identifizieren. Stattdessen sind es die europäischen Supersöldner, die ihre ganz eigenen Ziele verfolgen (welche das sind, wird nicht wirklich klar) und so das Land destabilisieren. Leider entwickelt Frank Grillo („The First Avenger: Civil War“) in seiner limitierten Rolle keine ganz so diabolische Ausstrahlung wie noch Scott Adkins im ersten Teil. Es ist durchaus interessant, solchen oft dummdreist-triefenden Patriotismus mal von einer anderen Seite als der amerikanischen zu sehen. Trotzdem bleibt es oft dummdreist-triefender Patriotismus, der beim Schauen mitunter ganz schön nervt.

    Der gewaltige Selbstbewusstseinssprung zwischen Teil 1 und 2 lässt sich auch schon an dem Umstand erkennen, dass es in „Wolf Warrior“ noch eine ganze chinesische Spezialeinheit mit nur einer Handvoll Europäer aufgenommen hat, während sich im Sequel nun eine Handvoll Chinesen erfolgreich einer ganzen Armee entgegenstellt. Statt als im internationalen Vergleich eher kleiner Actionfilm (den ersten Teil kann man sich als trashiges B-Movie ganz gut angucken) präsentiert sich „Wolf Warrior 2“ nun produktionstechnisch durchaus als chinesische Version solcher Hollywood-Franchises wie „Fast & Furious“ oder „James Bond“. Gerade in den wirklich ausufernden Ballerszenen oder einer Verfolgungsjagd durch die engen Gassen eines Slums muss man trotz des vergleichsweise geringen Budgets tatsächlich kaum noch Abstriche in Kauf nehmen. Nur bei den zum Glück nicht allzu oft eingesetzten Computereffekten merkt man noch einen Unterschied – wenn ein Panzer mitten in einer Szene plötzlich aus CGI besteht, fällt das sofort auf. Eine weitere Sache, die sich die Macher aus Hollywood abgeschaut haben, ist der Mid-Credit-Teaser, der sehr stark an einen bestimmten Cliffhanger aus der „Fast & Furious“-Reihe erinnert – „Wolf Warrior 3“ kommt also definitiv!

    Fazit: Die chinesische Antwort auf solche überdrehten Krachbumm-Hollywood-Franchises wie „Fast & Furious“ – über die so absolut gar nicht subtil eingewobene Propaganda kann man hinwegsehen oder auch nicht.

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