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    Valley Girl
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Valley Girl

    Nicolas Cage ist eben nicht zu ersetzen

    Von Christoph Petersen

    Eigentlich sollte der bereits fertiggestellte „Valley Girl“ schon 2018 in die Kinos kommen, landete dann aber wegen einer erneuten Kontroverse rund um den eine Nebenrolle bekleidenden Skandal-YouTuber Logan Paul erst einmal im Giftschrank. Für den Mai 2020 stand dann der nächste Versuch an, doch diesmal kam Corona dazwischen. Statt den Start angesichts geschlossener Kinos noch einmal zu verschieben, entschied sich der US-Verleih jedoch dazu, es hinter sich zu bringen und die Produktion direkt als VoD zu veröffentlichen.

    Im Gegensatz zum ebenfalls als VoD rausgehauenen „Trolls 2“, dessen pulsierenden Neonfarben-Overkill man gern auf einer möglichst großen Leinwand erlebt hätte, erinnert „Valley Girl“ von Rachel Goldenberg aber ohnehin an eine leicht großzügiger budgetierte Produktion für den Disney Channel. Da macht es dann auch nicht so viel aus, sich das Jukebox-Musical im Heimkino ansehen zu müssen. Und auch sonst ist die Neuverfilmung des gleichnamigen Achtziger-Kults mit Nicolas Cage in seiner ersten Hauptrolle eher misslungen.

    Für ihren Punk-Rocker Randy wagt sich Julie aus ihrem ebenso wohlbehüteten wie oberflächlichen Valley heraus.

    Julie Richman (Jessica Rothe) ist ein waschechtes Valley Girl, wie in den Achtzigern die wohlbehüteten Mädchen genannt werden, die im noblen Teil von Los Angeles aufwachsen und mit den „üblen“ Vierteln auf der anderen Seite der Hollywood Hills so gut wie nie in Berührung kommen: In ihrem letzten Jahr auf der Highschool datet Julie den Sportstar Mickey (Logan Paul) und verbringt den größten Teil ihrer Freizeit in der lokalen Mall, wo sie mit ihren Freundinnen tagein, tagaus über Mode, Make-up und Jungs diskutiert.

    Dass es da draußen auch noch eine andere Welt gibt, wird ihr erst so richtig bewusst, als sie sich auf einer Party Hals über Kopf in den Punker Randy (Josh Whitehouse) verliebt. Julie ist der neuen Welt aus Rock und Kneipen rund um den Hollywood Boulevard auch durchaus aufgeschlossen – nur ihre Freundinnen versuchen alles, um sie am Ausbruch aus der rosafarbenen Valley-Welt zu hindern. Und auch Randy hat Probleme damit, sich mit dem engstirnigen Umfeld seiner Freundin zu arrangieren…

    Nostalgie ohne Gefühl

    Im Gegensatz zum gesanglosen Original ist das Remake ein Jukebox-Musical (statt speziell für den Film geschriebener Stücke gibt es wie in „Mamma Mia!“ thematisch passende Popsongs). Aber trotz der aktuell grassierenden Achtziger-Nostalgie springt der Funken dabei nur selten über – sowohl den Neuarrangements der Songs als auch den Tanzchoreografien fehlt es einfach an einer eigenständige Note oder zumindest ordentlich Pep. Schade ist das vor allem deshalb, weil Jessica Rothe wie schon in den beiden „Happy Deathday“-Teilen auch diesmal wieder eine ungeheure Energie beisteuert, mit der der Rest des Films aber einfach nicht mithalten kann – sie hat offensichtlich das Zeug zum Star, hat sich dafür nur (bisher) immer die falschen Filme ausgesucht.

    Dass einen die Songs so kaltlassen, liegt auch an der zentralen Romanze, die von Anfang an nie richtig aus den Puschen kommt. Nicht nur mangelt es den Hauptdarstellern an der nötigen Chemie, man nimmt Josh Whitehouse auch einfach nicht den straßenerfahrenen Punkrocker ab – da helfen dem milchgesichtigen „Poldark“-Star auch die zwei Totenkopf-Tattoos auf seinem Oberkörper nicht. Man weiß nicht, ob als Hommage oder als Sparmaßnahme, aber auf jeden Fall wurden die Achtziger-Aufnahmen vom damals noch verrufenen Hollywood Boulevard einfach eins-zu-eins aus dem Original übernommen – und in den Momenten wird noch deutlicher, wie wenig Whitehouse in das Punk-Szenario hineinpasst.

    Der Grund für die erste Verschiebung: Star-YouTuber Logan Paul als Tennis-Ass Mickey.

    Im Gegensatz zum weichgewaschenen Remake-Randy, der ohnehin eher als perfekter Schwiegersohn denn als rebellischer Elternschreck durchgehen würde, war der damals erst 19-jährige Nicolas Cage in seiner zweiten Kinorolle nach „Ich glaub' ich steh' im Wald“ tatsächlich ziemlich schräg (und gerade deshalb so sympathisch): Selbst wenn der ach so verruchte Punk-Club aus dem 83er-Original heute maximal noch als stinknormale Studentenkneipe durchgehen würde, versteckt sich Randy zum Beispiel in einer Szene so lange in einem fremden Badezimmer, bis nach etlichen Partygästen endlich auch mal seine Angebetete auf die Toilette muss.

    Sicherlich ist es gut nachvollziehbar, dass solche längst aus der Zeit gefallenen Merkwürdigkeiten im Remake nicht mehr vorkommen, aber dann muss man sich eben selbst etwas einfallen lassen, um den aktuellen Zeitgeist anzuzapfen. Und dazu reicht es nicht, Randys lesbischer Bandkollegin (Mae Whitman) alibimäßig ein Buch der aktivistischen Autorin Rita Mae Brown in die Hand zu drücken (zumal man sie damit an mehreren Stellen des Films auf der Couch liegen sieht, sie das Buch aber immer an etwa derselben Stelle aufgeschlagen hat).

    Logan Paul bleibt Logan Paul…

    Am Ende ist es schon bittere Ironie, dass ausgerechnet ein so „sauberer“ Film wie das „Valley Girl“-Remake wegen eines „Skandals“ verschoben wurde. Wobei man zugeben muss, dass Logan Paul, der unter anderem deshalb unter Beschuss geriet, weil er für eines seiner Anarcho-Videos in einem japanischen Selbstmordwald nach realen Leichen suchte, um sich dann mit ihnen zusammen im Selfie-Style zu filmen, seine angepeilte Rolle wirklich perfekt ausfüllt: Einen größeren Arsch als den selbstverliebt-schmierigen Tennisstar Mickey hat man selten gesehen.

    Fazit: Das Remake einer der besten Teen-Sex-Komödien der Achtziger entpuppt sich als Jukebox-Musical ohne Ecken und Kanten, das auch gut ins Programm vom Disney Channel passen würde. Aber auch in diesem Genre gibt es bessere Alternativen wie etwa das – oft unterschätzte - „High School Musical“.

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