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    Intrigo: Tod eines Autors
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Intrigo: Tod eines Autors
    Von Antje Wessels

    Håkan Nesser gehört neben Stieg Larsson und Henning Mankell zu den erfolgreichsten Autoren Skandinaviens. Viele seiner Werke, vorzugsweise Krimis, erklommen auch hierzulande die Bestsellerlisten und wurden als Koproduktionen mit der ARD filmisch umgesetzt. Auch aufgrund des geringeren Budgets haben die Verfilmungen von Nessers Büchern jedoch nie den Bekanntheitsgrad etwa der Millennium-Reihe erreicht, deren vierter Roman „Verschwörung“ gerade mit Claire Foy für einen Kinostart im November 2018 verfilmt wurde. Nun könnte Nesser jedoch zu seinen noch namhafteren Kollegen aufschließen, denn für die Kinoadaption seines 2017 veröffentlichten Romans „Intrigo – Tod eines Autors“ zeichnete niemand geringerer als Daniel Alfredson verantwortlich. Der wiederum inszenierte bereits die zur „Millennium“-Trilogie gehörenden Filme „Verdammnis“ und „Vergebung“ und wurde nun direkt für alle drei Teile der bereits komplett abgedrehten „Intrigo“-Trilogie angeheuert. Ein großes Vertrauen also, dass die Produzenten der amerikanisch-deutsch-schwedischen Koproduktion ihrem Stoff und ihrem Regisseur da entgegenbringen.

    Auf einer einsamen Insel trifft der Deutsche David Moerk (Benno Führmann) auf den mysteriösen Autoren Henderson (Ben Kingsley). In der Hoffnung auf ein paar handwerkliche Tipps gibt Moerk vor, selbst Schriftsteller zu sein und Henderson aus seinem neuen Roman vorlesen zu wollen. In Wahrheit ist Moerk jedoch ein Übersetzer, der von einem unter tragischen Umständen verstorbenen Autor den Auftrag erhalten hat, persönlich ein Manuskript zu übersetzen und diese Arbeit unter strenger Diskretion durchzuführen. Moerk stürzt sich Hals über Kopf in die Arbeit und erkennt mit der Zeit immer mehr Parallelen zwischen seinem Leben und dem Inhalt des Manuskripts. Denn Moerk hat eine dunkle Vergangenheit, die nach und nach an die Oberfläche kommt…

    Ein Roman, dessen fiktionale Ereignisse das Leben einer echten Person widerspiegeln: Diese Prämisse hat zuletzt Tom Ford in seinem radikalen Thriller-Melodram „Nocturnal Animals“ auf geniale Weise umgesetzt. An diesen reicht „Intrigo – Tod eines Autors“ zwar allein aufgrund seines deutlich limitierten visuellen Stils nicht heran, doch zumindest erzählerisch gelingt es Daniel Alfredson, auf ähnlich fesselndes Terrain vorzudringen: „Tod eines Autors“ ist zwar nicht unbedingt ein klassischer Whodunit, aber aufgrund der außergewöhnlichen Erzählstruktur wird man als Zuschauer trotzdem ständig angespornt, selbst mit zu tüfteln und die Auflösung zu erraten.

    Alfredson springt zwischen der Handlung im Hier und Jetzt (Moerk und Henderson auf der Insel) und der Story im Buch hin und her, wobei der Protagonist der Buch-im-Film-Handlung ebenfalls von Benno Führmann verkörpert wird. Relativ früh erschließt sich einem, dass Moerks Vergangenheit eine entscheidende Rolle spielt und dass die Handlung im Buch offenbar gleichzeitig auch Moerks eigene Erlebnisse sind. Was das Ganze jedoch mit dem von Ben Kingsley („Iron Man 3“) leider ziemlich gelangweilt gespielten Henderson zu tun hat, bleibt bis zum Schluss die wichtigste Frage. Die Antwort ergibt sich für einen entweder sofort oder überrascht am Ende eiskalt.

    Doch selbst wenn man recht früh erahnt, worauf „Tod eines Autors“ hinausläuft, ist der Film mit so vielen Wendungen und offenen Fragen vollgestopft, dass allein ihre schiere Masse zu fesseln weiß: Warum wird Moerk immer wieder von einem unheimlichen Fremden beschattet? Weshalb wird ausgerechnet sein Verlag mit der Übersetzung betraut? Was steckt hinter dem plötzlichen Tod des sich bester Gesundheit erfreuenden Schriftstellers Rein? Und die Frage aller Fragen: Wie kann es sein, dass das Husten von Moerks Ehefrau Eva (Tuva Novotny) viele Jahre nach ihrem angeblichen Tod auf einmal während eines klassischen Radiokonzerts zu hören ist? Was auf den ersten Blick wie ein wildes Durcheinander wirkt, bringt Alfredson schließlich soweit stimmig unter einen Hut, dass spätestens im Finale sämtliche Fäden zufriedenstellend zusammenlaufen und nur so viele Fragen offen bleiben, dass das faszinierende Mysterium dieser Geschichte für die Fortsetzungen gewahrt bleibt.

    Visuell hat „Tod eines Autors“ wenig mit dem zu tun, was sich in den letzten Jahren als „typisch skandinavisch“ etabliert hat. Anstatt auf einen düsteren Look setzt Kameramann Pawel Edelmann („Nach einer wahren Geschichte“) im Auftakt zur „Intrigo“-Trilogie auf sommerliche, helle Farben. Durch die dabei immer einen Tick überbelichteten Bilder sieht „Tod eines Autors“ allerdings wie eine gehobene TV-Produktion aus und wäre zur Primetime bei den Öffentlich-Rechtlichen womöglich besser aufgehoben als auf der großen Leinwand.

    Fazit: „Intrigo – Tod eines Autors“ ist der Auftakt zu einer Trilogie nach den Büchern von Håkan Nesser, der mit seinem fernsehhaften Look erzählerisch mehr überzeugt als inszenatorisch.

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