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    Tatort: Söhne und Väter
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Tatort: Söhne und Väter
    Von Björn Becher

    Devid Striesow („Die Fälscher“, „Ich bin dann mal weg“) gehört ohne Frage zu Deutschlands talentiertesten Schauspielern und hat in den vergangenen Jahren im Kino und im TV immer wieder seine Klasse unter Beweis gestellt. Im „Tatort“ tut er sich allerdings schwer. Seine Auftritte als Kommissar Jens Stellbrink werden seit Anfang 2013 mit teilweise vernichtender Resonanz begleitet, was weniger an Striesow als an unterirdischen Drehbüchern, unlustigem Klamauk und nicht funktionierenden Figuren lag. Doch mittlerweile hat man beim Saarländischen Rundfunk eine Kurskorrektur vorgenommen, deren Auswirkungen sich auch im „Tatort: Söhne und Väter“ zeigen. Im Mittelpunkt stehen Stellbrink und der zu lösende Krimifall, der ganz klassischen Whodunit-Mustern folgt. Nebenfiguren wie die bei vielen Zuschauern unbeliebte Staatsanwältin Nicole Dubois (Sandra Steinbach) werden stark an den Rand gedrängt und dies tut dem Krimi gut. Auch wenn man nicht ganz auf das gelegentliche Abrutschen in die Klamotte verzichten will (zum Saarbrücker Lokalkolorit gehört scheinbar neben dem dicken Dialekt auch die verschrobene Art der einen oder anderen Figur), liefert Regisseur Zoltan Spirandelli („Vaya con dios“) eine nur gelegentlich leicht durchhängende Mördersuche….

    Saarbrücken trauert um seine Radsportlegende Dirk Rebmann (Crisjan Zöllner). Der ehemalige Tour-de-France-Etappensieger, der als Berufsschullehrer tätig war, hat eine Herzattacke erlitten und ist vom Rad gekippt. Seine Schüler Karim (Emilio Moutaoakkil), Pascal (Emil Reinke) und Enno (Filip Januchowski) trauern aber nicht, sondern entschließen sich zu einer makabren Racheaktion gegen ihren verhassten Ex-Lehrer. Sie brechen nachts in das Beerdigungsinstitut ein und klemmen der Leiche einen Ringelschwanz zwischen die Pobacken. Weil der volltrunkene Enno dabei aber einschläft, lassen sie ihn zurück. Am nächsten Morgen wird der Schüler tot in der Kühlkammer gefunden. Hauptkommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow) übernimmt die Ermittlungen und dabei fällt ihm schnell auf, dass es auch einen Mordfall Dirk Rebmann gibt. Denn der Lehrer wurde mit einem Drogencocktail vergiftet…

    Mit der Enthüllung, dass der ehrgeizige Lehrer ermordet wurde, rückt der andere Todesfall, der die Ermittlungen erst ausgelöst hat, plötzlich stark in den Hintergrund. Die Geschichte rund um Enno wird schließlich gleichsam im Vorbeigehen erzählt und zur Auflösung gebracht, was etwas merkwürdig wirkt. Allerdings bietet die Haupthandlung mit einer Vielzahl an Verdächtigen und dem damit verbundenen Rätselraten grundsolide Krimi-Unterhaltung – was auch an einem passend besetzten Ensemble liegt. „Bibi & Tina“-Mädchenschwarm Emilio Moutaoakkil profiliert sich einmal mehr als Elyas M’Barek für die nächste Generation und gibt einen kleinkriminellen Romantiker, dem man einen Mord eigentlich nicht zutraut. Aber Karim wird im Laufe der Zeit immer verdächtiger, schließlich war der Tote nicht nur sein Lehrer, sondern auch noch sein verhasster Stiefvater, der überdies die Beziehung des Jungen zu seiner großen Liebe zerstört hat. Um den Azubi herum weben die Autoren ein regelrechtes Figurengeflecht – dazu gehört auch Starkoch Jean Carlinó (Jophi Ries), dem scheinbar jedes Mittel recht ist, um einen Verdacht gegen seinen Ziehsohn Karim zu entkräften. Der Titel „Söhne und Väter“ ist Programm und lässt sich hier auch auf das Privatleben des Ermittlers anwenden.

    Im Mittelteil hängt der Krimi bisweilen ein klein wenig durch, dafür entschädigt aber das dramatische Finale, in dem Jens Stellbrink eine unbequeme Entscheidung treffen muss („Ich bin für die Wahrheit zuständig, nicht für die Gerechtigkeit“). Die aus dem Saarland bekannten Klamauk-Einsprengsel sind dieses Mal auf ein akzeptables Maß reduziert, gelingen aber nicht immer. Wenn zum Beispiel die Matriarchin einer Metzger-Dynastie mit dem Gewehr durch die Gegend ballert oder wenn Stellbrinks Online-Flirt eine wenig überraschende Überraschungswendung nimmt, dann ist das nicht sehr witzig. Aber im Gegenzug sorgen die Macher mit vielen guten Einfällen für Kurzweil. Nicht nur bei einer Verfolgungsjagd auf seinem geliebten Roller zeigt sich dabei, dass die bei den ersten Auftritten so kritisierten Macken der Figur Jens Stellbrink in der richtigen Dosierung und im passenden Plot nicht nur funktionieren, sondern den Saarbrücker Krimi sogar aus der „Tatort“-Masse herausheben können. So findet er hier zum Beispiel einen sehr eigenwilligen Weg, um einen Verdächtigen zum Öffnen der Tür zu bewegen oder einen Hausdurchsuchungsbefehl an den Mann zu bringen.

    Fazit: Mit „Tatort: Söhne und Väter“ kommt aus dem Saarland endlich mal wieder überdurchschnittliche Sonntagskrimi-Kost.

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