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    Resident Evil: Welcome To Raccoon City
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Resident Evil: Welcome To Raccoon City

    Ist das jetzt der Film, den die Fans immer wollten?

    Von Markus Trutt

    Bei seiner „Resident Evil“-Verfilmung aus dem Jahr 2002 scherte sich Autor und Regisseur Paul W.S. Anderson gar nicht erst darum, eine werkgetreue Adaption der wegweisenden Survival-Horror-Spiele aus dem Hause Capcom auf die große Leinwand zu bringen. Stattdessen pickte er sich ein paar ikonische Versatzstücke der Reihe heraus und strickte anschließend einfach sein ganz eigenes Action-Spektakel drumherum. Viele Hardcore-Fans der Games wurden auf diese Weise zwar vergrault, aber dafür konnte sich das Kino-„Resident Evil“ eine ganz eigene Anhängerschar aufbauen: Es folgten fünf Fortsetzungen mit einem weltweiten Gesamteinspielergebnis von mehr als 1,2 Milliarden Dollar. Kein Wunder, dass sich die Reihe angesichts dieses globalen Erfolgs immer mehr weg vom nervenzerrenden Horror hin zur möglichst gigantomanischen Action-Orgie entwickelte.

    Obwohl „Resident Evil 6: The Final Chapter“ zum erfolgreichsten Teil der gesamten Reihe avancierte, war die Anderson-Saga damit schließlich abgeschlossen – der Regisseur und seine Ehefrau Milla Jovovich wendeten sich stattdessen der Videospiel-Verfilmung „Monster Hunter“ zu. Beim produzierenden Filmstudio Constantin sah man hingegen die Zeit gekommen, den „Resi“-Fans da draußen endlich die werkgetreuere Adaption zu geben, nach der viele von ihnen schon seit 20 Jahren lautstark verlangen – und tatsächlich hält sich Johannes Roberts bei dem von ihm geschriebenen und inszenierten Reboot „Resident Evil: Welcome To Raccoon City“ erstaunlich eng an die Spiele „Resident Evil“ von 1996 und „Resident Evil 2“ von 1998. Am Ende ist das holprig erzählte Zombie-Gemetzel nun aber vor allem ein Beispiel dafür, dass die Liebe zum Quellmaterial allein noch längst keinen guten Film garantiert…

    Nach dem Weggang von Umbrella geht es mit Raccoon City nur noch steil bergab.

    „Resident Evil: Welcome To Raccoon City“ spielt in einer einzelnen Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober 1998: Nachdem sie als Teenagerin aus dem örtlichen Waisenhaus geflohen ist, kehrt Claire Redfield (Kaya Scodelario) Jahre später in ihren Heimatort Raccoon City zurück. Die Kleinstadt ist inzwischen jedoch nur noch ein Schatten ihrer selbst, seitdem der alles dominierende Pharmakonzern Umbrella seinen dortigen Firmensitz aufgegeben hat. Aber nicht nur wirtschaftlich geht es steil bergab: Immer mehr Menschen haben zudem auch mit schweren gesundheitlichen Problemen wie starkem Haarausfall zu kämpfen.

    Claire, die von einem anonymen Hinweisgeber auf die angeblichen Machenschaften von Umbrella aufmerksam gemacht wurde, will der Sache unbedingt weiter auf den Grund gehen – und bekommt dabei Unterstützung vom grünschnäbligen Cop Leon S. Kennedy (Avan Jogia). Zur selben Zeit untersuchen Claires Polizisten-Bruder Chris (Robbie Amell) und seine Einheit unter der Führung von Albert Wesker (Tom Hopper) das Verschwinden zweier Kollegen in einem abgelegenen Anwesen vor den Toren der Stadt, das dem Umbrella-Gründer Ozwell E. Spencer gehört hat…

    Ein bewusster Gegenentwurf zu den bisherigen Filmen

    Gleich mit der Auftaktrückblende von „Welcome To Raccoon City“ macht der bekennende „Resident Evil“-Fan Johannes Roberts klar, dass es diesmal in eine ganz andere Richtung gehen soll als bei seinem Vorgänger Paul W.S. Anderson. Schnell wird bei dem erfahrenen Genre-Handwerker („47 Meters Down“, „The Strangers 2“) deutlich, dass hier nun wirklich das Horror-„Resident Evil“ kommen soll – und das funktioniert anfangs auch noch recht gut: Wenn die junge Claire (Lauren Bill) im düsteren Kinderheim Bekanntschaft mit der durch Experimente entstellten Lisa Trevor (Marina Mazepa) macht, ist das von Roberts zwar nicht unbedingt originell inszeniert – von unheimlicher Kindermusik über schaurige Puppen bis hin zum unvermeidlichen Jump Scare wird hier alles aufgefahren, was die Grusel-Mottenkiste hergibt. Dennoch befeuert der schön schaurige Aufbau des Mysteriums um Raccoon City und Umbrella durchaus die Neugier …

    … nur dass die zu Beginn aufgeworfenen Fragen dann im weiteren Verlauf fast gar keine Rolle mehr spielen. Wer ist denn nun Lisa Trevor? Was genau hat Umbrella in Raccoon City überhaupt getrieben? Und wie konnte Claire als Kind eigentlich aus dem Waisenhaus fliehen? Roberts hält es nicht für nötig, viele der angekratzten Mysterien auch nur ansatzweise spannend zu beantworten – was zwangsläufig die Frage aufwirft, für wen „Resident Evil: Welcome To Raccoon City“ überhaupt gemacht wurde. Als eigenständiger Film bietet die Adaption keine sonderlich kohärente Erzählung, Nicht-Kenner*innen der Vorlage bleiben somit fast zwangsläufig auf der Strecke.

    Claire Redfield (Kaya Scodelario) und Leon S. Kennedy (Avan Jogia) wollen unbedingt herausfinden, was Umbrella da unter der Erde wirklich angestellt hat...

    Fans der Games auf der anderen Seite wissen natürlich bereits bestens über die Hintergründe der Vorgänge in Raccoon City Bescheid – bekommen in den Spielen selbst aber eine weitaus stimmungsvollere und vor allem gruseligere Version der Geschehnisse geboten. Trotz einiger Freiheiten erweist sich „Welcome To Raccoon City“ als ungelenk verbundene Aneinanderreihung von Story-Eckpunkten aus den Spielen. Das mutet mitunter fast schon wie ein Fanfilm mit mehr Budget an.

    Inszenatorisch kann Roberts inmitten einer insgesamt wenig originellen Bildsprache zumindest einige kleine Akzente setzen – etwa mit längeren Kamerafahrten, die vereinzelt ein eindringliches Mittendrin-Gefühl erzeugen, oder dem berüchtigten Truckfahrer aus „Resident Evil 2“, der hier zu Jennifer Paiges Neunziger-Smash-Hit „Crush“ brennend in die Polizeiwache stürmt. Auch Claires erster Zombie-Angriff entwickelt sich etwas anders, als man es zunächst ahnt. Problematisch wird es jedoch dann, wenn übermäßig CGI zum Einsatz kommt – das sieht im fertigen Film nämlich leider immer noch genauso mies aus wie in den Trailern.

    Das Drehbuch ist – neben dem CGI – die größte Schwäche

    Im Vergleich zu seinem Drehbuch ist Roberts‘ Regie allerdings fast noch oscarwürdig. Vor allem die hölzernen Dialoge strotzen nur so vor uneleganter Exposition und sind mit ein Grund dafür, dass die Figuren einem seltsam fremd bleiben, obwohl sie gleich zur Begrüßung einmal laut ihren Namen sagen und ungefragt ihre eigene Hintergrundgeschichte herunterbeten (oder – sogar noch unpassender – sie von ihrem Gegenüber heruntergebetet bekommen). Dass zumindest ein Teil des Casts, allen voran Kaya Scodelario, Tom Hopper und Robbie Amell mit der nötigen Präsenz aufwartet, um die beliebten Figuren werkgetreuer als damals bei Paul W.S. Anderson auf die Leinwand zu hieven, hilft da leider nur bedingt.

    Die ehrlich empfundene Zuneigung für die Vorlage(n) zumindest ist in „Welcome To Raccoon City“ immer wieder zu spüren: Zahllose Easter Eggs und gerade die ersten Einstellungen der zwei ikonischen Hauptschauplätze der ersten beiden „Resident Evil“-Spiele (also die Spencer-Villa und die Polizeiwache) bescheren alten „Resi“-Hasen womöglich sogar kurze Gänsehautmomente. Umso bedauerlicher, dass Roberts die teils so wunderbar detailverliebt nachgestellten Handlungsorte nicht richtig atmen lässt.

    Bevor hier wirklich Gruselstimmung aufkommen kann, wird schon wieder zur nächsten Szene irgendwo anders in Raccoon City gehetzt. Die Geschichten von „Resident Evil 1 & 2“ sind zeitlich und örtlich recht nah beieinander angesiedelt – und so liegt es erzählerisch vielleicht nahe, sie im Film nun miteinander zu verknüpfen. Aber beide Spiele leben nun mal von ihrem klaustrophobischen Grusel – und der geht leider völlig verloren, wenn man derart wild und zusammenhanglos wie in „Welcome To Raccoon City“ von Ort zu Ort hüpft…

    Fazit: Dass ein ausgewiesener Liebhaber der Vorlage für „Resident Evil: Welcome To Raccoon City“ verantwortlich zeichnet, ist der Neu-Adaption der Kult-Spiele zwar durchaus anzumerken. Wenig atmosphärischer Grusel und die ebenso lückenhaft wie erratisch erzählte Geschichte dürften aber weder eingefleischte Fans noch Franchise-Neulinge wirklich glücklich machen.

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