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    The Prodigy
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    The Prodigy

    Der süße Georgie aus "Es" als echter Satansbraten!

    Von Christoph Petersen

    Es gibt Dinge, die sind ganz einfach verstörender, wenn Kinder sie tun. Und dazu braucht es nicht gleich ein junges Mädchen, das sich selbst mit einem Kruzifix penetriert und dabei einem Priester „Lass dich von Jesus ficken!“ zubrüllt. Es reicht auch schon, wenn – wie nun im Horrorfilm „The Prodigy“ - ein Grundschüler mit einer Rohrzange erbarmungslos auf seinen wehrlos am Boden liegenden Klassenkameraden einprügelt. In so einem unverhofft brutalen Moment hat der Film die Aufmerksamkeit des Zuschauers erst einmal sicher.

    Aber statt konsequent mit den Ängsten der Eltern vor ihren eigenen Kindern (beziehungsweise vor dem eigenen Versagen bei der Erziehung) zu spielen, konzentriert sich Regisseur Nicholas McCarthy („The Pact“) in seinem Satansbraten-Schocker lieber auf einen Plot, der zu gleichen Teilen dermaßen schmerzhaft-klischeebeladen und hanebüchen-abgründig ist, dass er aller Abstrusitäten zum Trotz fast schon wieder mächtig Laune gemacht hätte. Aber nachdem es mit der Atmosphäre schon nicht geklappt hat, scheitert auch das Spaßvorhaben an viel zu vielen Erklärungen und enttäuschend schwachen Schauspielern.

    Während Sarah (Taylor Schilling) ihr erstes Kind zur Welt bringt, auf das sie und ihr Ehemann John (Peter Mooney) schon lange Zeit sehnsüchtig gewartet haben, stürmt in einem anderen US-Bundesstaat gerade ein S.W.A.T.-Team das abgelegene Landhaus des serienmordenden Tüftlers Edward Scarka (Paul Fauteux), dessen Markenzeichen es ist, seinen weiblichen Opfern zunächst eine Hand abzuschneiden, bevor er sie schließlich umbringt. Was in diesem Moment nur der Kinozuschauer sieht: Die Blutschmierer auf der Brust des neugeborenen Babys Miles sind exakt so angeordnet wie die Einschusslöcher im Torso des von der Polizei erschossenen Mörders. Einige Jahre später besucht Miles (Jackson Robert Scott) eine spezielle Schule für hochbegabte Kinder. Aber sein IQ ist längst nicht das einzige Außergewöhnliche an dem Jungen...

    Obwohl „The Prodigy“ schon Anfang Februar 2019 startet, wagen wir ohne große Bauchschmerzen die Prognose, dass in diesem Jahr kein Film mit einem noch hanebücheneren Plot regulär in den deutschen Kinos anlaufen wird. Punkt. Aber das muss ja nicht zwingend etwas Schlechtes sein. Aber anstatt den seiner Geschichte und seinen Protagonisten immanenten Wahnsinn angemessen und genüsslich zu zelebrieren, wird in „The Prodigy“ vornehmlich erklärt und erklärt und erklärt... und das dann auch noch mit erschreckend leblos wirkenden Klischee-Dialogen. Die Figur des Wiedergeburts-Forschers Arthur Jacobson (Colm Feore) ist ausschließlich im Film, um den Plot und seine Regeln zu erklären. Es spricht Bände, dass dies abgesehen von Miles und seinen Eltern die größte Rolle des Films ist.

    Selbst wenn man im finalen Drittel schließlich mitbekommt, worauf genau die Kombination aus Horrorkind und Mutterliebe in diesem speziellen Fall hinauslaufen wird, macht das zumindest sehr konsequent zu Ende gebrachte Reinkarnations-Konstrukt längst nicht so viel Spaß, wie es das bei all seiner ausgestellten Abgründigkeit eigentlich müsste. Das liegt zum einen an den Schauspielern: Während sich „Orange Is The New Black“-Star Taylor Schilling immerhin merklich abmüht, bei ihren künstlich ernsthaften Gaga-Dialogen nicht laut los zu prusten, ist Jackson Robert Scott als Miles leider eine echte Fehlbesetzung. Als im Friesennerz einem Papierschiffchen hinterherjagender und so in die Fänge von Pennywise geratener Georgie in „Es“ war der Nachwuchsmime ja noch echt niedlich – aber seine grausam-düstere Seite nimmt man dem inzwischen Zehnjährigen einfach in zu vielen Szenen nicht mal ansatzweise ab.

    Zum anderen scheinen Nicholas McCarthy und sein gerade schwer angesagter Drehbuchautor Jeff Buhler, der aktuell auch noch die Remakes von „Friedhof der Kuscheltiere“, „Grudge“ und „Jacob’s Ladder“ in der Pipeline hat, bis zum Schluss zu glauben, dass man ihre spirituelle Räuberpistole genauso gut auch ernstnehmen könnte. Aber das funktioniert wirklich nur in sehr vereinzelten Momenten, bevor dann sofort wieder eine hilflos-mechanisch eingebaute Expositionspassage jede aufkommende Atmosphäre im Keim erstickt. Etwa wenn Sarah sich gerade mit der Idee anfreundet, dass da womöglich noch eine zweite Seele im Körper ihres geliebten Sohnes haust, während dieser gerade zu ihr ins Bett krabbelt und sie in den Arm nehmen will. Solche starken, subtilen Schauerszenen bleiben Mangelware – und auch klassische Jump Scares gibt es nur sehr vereinzelt. Der Regisseur selbst hat vor einiger Zeit erzählt, dass der Film noch mal entschärft werden musste, weil ein Testpublikum im Kinosaal angeblich so sehr gekreischt habe, dass der anschließende Dialog nicht mehr zu verstehen war. WTF? Wir hoffen ernsthaft, dass diese Geschichte nicht stimmt. Aber wenn doch, würde diese für einen Horrorfilm doch erstaunliche Prioritätensetzung zumindest erklären, warum „The Prodigy“ so wenig spannend und so unnötig redselig geraten ist.

    Fazit: In „The Prodigy“ stecken zwei brauchbare Horrorfilme – ein subtil atmosphärischer und ein abgründig abgefahrener. Aber beide funktionieren maximal in einzelnen Szenen, während Regisseur Nicholas McCarthy viel zu sehr damit beschäftigt ist, seinen hanebüchenen Plot zu Tode zu erklären.

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