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    Deep Blue Sea 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Deep Blue Sea 2
    Von Lutz Granert

    In „Sharknado“ und seinen inzwischen vier Fortsetzungen wirbeln sie durch obskure Stürme, in „5-Headed Shark Attack“ gieren sie mit fünf Mäulern gleichzeitig nach Menschenfleisch und in „Sand Sharks“ sind Badegäste selbst am Strand nicht mehr vor ihnen sicher: Seit die Trashspezialisten von The Asylum 2009 in „Mega Shark Versus Giant Octopus“ erstmals einen Hai ins Zentrum eines ihrer abstrusen Szenarien stellten, sind die Raubfische in den Werken der Billigproduktionsschmiede Stammgäste. Insbesondere mit den „Sharknado“-Filmen erzielten sie sehr gute Einschaltquoten im US-Fernsehen und es entstand ein regelrechter Haifilm-Hype.

    Im Laufe dieser Entwicklung ist den Verantwortlichen bei Warner Bros. offenbar wieder eingefallen, dass das Studio schon 1999 einen Erfolg mit etwas überkandidelten Hai-Horror gelandet hat, und so wurde eine späte Fortsetzung des Überraschungshits „Deep Blue Sea“ (mehr als 1,2 Millionen Kinobesucher allein hierzulande) für den Heimkinomarkt in die Wege geleitet. Die Inszenierung sollte stilgerecht der „Mega Shark Versus Giant Octopus“-Regisseur Jack Perez übernehmen, der auch bereits einige spaßige Ideen hatte. Er wollte zum Beispiel, dass somalische Piraten an Bord eines Forschungsschiffs auf Haie stoßen, die nach wissenschaftlichen Experimenten mit Maschinengewehren und Torpedos ausgerüstet sind. Doch daraus wurde nichts, und als im Sommer 2017 rund um Kapstadt schließlich die Dreharbeiten zu „Deep Blue Sea 2“ stattfanden, führte Darin Scott („Dark House“) Regie. Schade drum, denn etwas Wahnwitz hätte dem ebenso plumpen wie bierernsten Actionthriller gutgetan.

    19 Jahre nachdem das „Aquatica“-Projekt zur Alzheimerbekämpfung mit genmanipulierten Haie gescheitert ist, nimmt der dubiose Milliardär und Wissenschaftler Carl Durant (Michael Beach) die Forschungen wieder auf. Zur Unterstützung lädt er die Haischützerin Misty Calhoun (Danielle Savre) und die beiden Neurowissenschaftler Leslie (Kim Syster) und Daniel Kim (Jeremy Boado) auf seine Hochseeforschungsstation ein. Doch als nach einem Unfall Teile der Station überflutet sind, beginnt für die Wissenschaftler und Durants Mitarbeiter Trent Slater (Rob Mayes) ein verzweifelter Kampf ums Überleben: Die Experimente haben die Haie um die schwangere Probandin Bella intelligent, aggressiv und hungrig auf Menschen gemacht…

    Man spürt dem Film an, wie krampfhaft die Drehbuchautoren Erik Patterson, Hans Rodionoff und Jessica Scott um die Anknüpfung an den ersten Teil bemüht sind. Sie wollen um jeden Preis einen „Deep Blue Sea“-Wiedererkennungseffekt erzielen, was allerdings durch das sichtbar geringe Budget und die unbeholfen wirkende Inszenierung stark erschwert wird. Während die steinerne Hochsee-Forschungsstation „Aquatica“ im ersten Film einen angemessen wuchtigen Eindruck machte, besteht der „Akheilos-Komplex“ im preisgünstigen Nachklapp aus kargen Plattformen und zwei Stegen wie an einem Badesee, wobei das Ganze den Eindruck macht, notdürftig aus Plastik und Sperrholz zusammengezimmert worden zu sein.

    Auch die Unterwasserkulissen mit dem Wasserbecken zur medizinischen Hai-Untersuchung und den verwinkelten Gängen drumherum sind Renny Harlins launigem Original nachempfunden, doch anders als sein deutlich versierterer Vorgänger schafft es Regisseur Scott nie, dem Zuschauer ein Gefühl für den Ort zu vermitteln und für Orientierung zu sorgen. Stattdessen reiht er ohne erkennbare Motivation nichtssagende Halbnah- und Nahaufnahmen aneinander. Man weiß als Betrachter nie, wie weit entfernt sich die Protagonisten gerade von einem womöglich rettenden Ausgang befinden, wenn sie durch nach Zufallsprinzip mal blau, mal rot und mal grün beleuchtete überschwemmte Gänge stapfen – so bleibt jede Spannung auf der Strecke.

    Zu allem Überfluss sind auch die vermeintlichen Hauptattraktionen des Films eine Enttäuschung: Die mies animierten Haie wirken niemals bedrohlich, geschweige denn echt, dabei sind die frisch geschlüpften und besonders gefräßigen Babyhaie noch nicht einmal richtig in Aktion zu sehen. Bei der Wahl zwischen realistischem Schrecken und Over-the-Top-Albernheit entscheiden sich die Macher für den langweiligen Mittelweg und mit einem haarsträubend hanebüchenen Handlungsaufbau ohne jedes Augenzwinkern geben die Macher ihrem Film den Rest. Während es für die Steuerung der Haie mittels elektronischer Signale schlicht keine Erklärung gibt, entsteht eine für den Fortgang der Story nötige Explosion dadurch, dass sich ein kleines Boot durch Hai-Aktivität selbstständig macht und einen vor sich hin schmorenden Stromkasten rammt, während daneben zufällig ein geöffnetes Benzinfass ausläuft und Trent einfach wegguckt…

    Den Darstellern ist am wenigsten vorzuwerfen, dass das Anschauen des tristen Hai-Heulers einfach keinen Spaß macht. Der aus „John Dies At The End“ bekannte Hüne Rob Mayes ist als Ex-Navy-Seal Trent Slater zwar meist tatkräftig und pragmatisch wie im ersten Teil Thomas Janes Figur – ihm fehlt aber das Charisma eines Leading Man. Und Danielle Savre („Station 19“) wird als kritisch hinterfragende Wissenschaftlerin Misty Calhoun weder von den Männern im Film noch von den Machern ernstgenommen und nur auf ihre weiblichen Reize reduziert. Nach einer völlig unnötigen Umkleideszene zu Beginn trägt sie im letzten Filmdrittel durchgängig einen halb geöffneten Neoprenanzug. Einziges kleines Hai-light des sonst vollkommen zahnlosen Werks ist der an das James-Bond-Abenteuer „Skyfall“ erinnernde Vorspann, wenn Calhoun in surreal anmutenden stilisierten Unterwasseraufnahmen zum träumerischen Song „Into The Blue“ von Sean Murray mit Haien schwimmt.

    Fazit: Frei von Spannung, Witz und eigenen Ideen erleidet „Deep Blue Sea 2“ kompletten Schiffbruch. Selbst im Vergleich zu Hai-Trash wie „Sharknado“ und Co. säuft die späte Fortsetzung des Millionenhits ab.

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