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    Halloween Haunt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Halloween Haunt

    Das Grauen lauert hinter den Masken!

    Von Christoph Petersen

    Während die Halloween-Tradition des Süßigkeiten-Sammelns („Trick Or Treat“) in den vergangenen 20 Jahren zunehmend auch zu uns herübergeschwappt ist, findet man die sogenannten Haunts weiterhin vor allem in den USA: Pünktlich zum 31. Oktober gestalten dort Halloween-Hobbyisten (und inzwischen auch immer mehr professionelle Anbieter) ihre Häuser zu Geisterbahnen zum Durchlaufen um. Ein solches Heimwerker-Horrorhaus steht nun auch im Zentrum von „Halloween Haunt“ von Scott Beck und Bryan Woods. Nachdem sich die beiden Horror-Verrückten ihre Low-Low-Budget-Produktionen zu Studentenzeiten noch mit dem Verkauf eines gewonnenen Plasmafernsehers finanziert haben, ist ihnen mit ihrem Skript zu „A Quiet Place“ (mehr als 340 Millionen Dollar Einnahmen bei nur 17 Millionen Budget) der ganz große Wurf gelungen. Ihre erste, übrigens von Eli Roth („Death Wish“) produzierte Kino-Regiearbeit profitiert nun unheimlich davon, dass das Duo offenbar sehr genau weiß, wo seine Stärken und vor allem auch seine Schwächen liegen. So setzt es bei diesem schön fiesen Schocker genau die richtigen Schwerpunkte.

    Eigentlich hat Harper (Katie Stevens), die sich gerade erst von ihrem Stalker-Freund getrennt hat, in diesem Jahr überhaupt keinen Bock auf Halloween. Aber dann lässt sie sich doch noch von ihrer Mitbewohnerin Bailey (Lauryn McClain) überreden, auf eine Studenten-Kostümparty zu gehen. Und tatsächlich lernt sie dort auch den erstaunlich netten Uni-Baseball-Star Nathan (Will Brittain) kennen. Doch dann schlägt ihr Kommilitone Evan (Andrew Caldwell) vor, als Höhepunkt des Abends noch einen Halloween-Haunt zu besuchen. Zunächst verläuft die Suche nach einem solchen Horror-Haus noch erfolglos, aber dann leuchtet genau neben der Straße plötzlich ein Neon-Werbeschild auf. Die schreckenshungrigen Studenten lassen sich auch von dem stummen Horror-Clown nicht abhalten, der ihnen am Eingang die Mobiltelefone abnimmt und sie einen Haftungsausschluss unterschreiben lässt. Aber was die Tweens vor allem hätte beunruhigen sollen: Wenn eine solche aufwändige Attraktion nur eine einzige Yelp-Kritik hat, dann kann da einfach nicht alles mit rechten Dingen zugehen…

    Eigentlich ein typisches Halloween-Spiel, in dem sich ein Teller mit Spaghetti anfühlt wie ein menschliches Hirn. Eigentlich…

    Scott Beck und Bryan Woods haben in ihrer ersten Skriptfassung zu „A Quiet Place“ vor allem die Prämisse (jedes Geräusch kann tödlich sein) und die damit einhergehenden Horror-Mechaniken entwickelt – der starke emotionale Kern stammt hingegen von Regisseur und Hauptdarsteller John Krasinski, der das Drehbuch anschließend selbst grundlegend überarbeitet hat. Im Fall von „Halloween Haunt“ hatten Beck und Woods nun niemanden, der ihren Entwurf noch einmal um eine starke persönliche Ebene erweitert – und so tun sie gut daran, sich von Anfang an voll auf ihre Stärken zu konzentrieren: Der Einstieg ist maximal effizient, über die meisten Figuren erfährt man so gut wie gar nichts, aber dafür ist man dann auch superschnell beim Horror-Clown am Eingangstor. Später wird zwar noch angedeutet, dass Harper früher schon schlimme Erfahrungen gemacht hat und sich diesen nun durch die neuerliche Horror-Tour-de-Force ein Stück weit stellt, aber auch das spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle. Gut so! Die Figuren sind Mittel zum Zweck und bekommen auch nicht mehr Raum, als sie in dieser Funktion verdienen. Wobei sich die Studenten in der einen oder anderen Situation ruhig ein bisschen weniger dumm anstellen dürften, aber das Problem haben schließlich die allermeisten Slasher-Filme.

    Das Horror-Haus ist der Star!

    Die titelgebenden Rätsel-Räume im ebenfalls dieses Jahr gestarteten „Escape Room“ sind schön abwechslungsreich und machen echt was her – zugleich wirken sie aber auch, als würden sie aus einem Sci-Fi-Blockbuster und nicht aus der realen Welt stammen. Beck und Woods machen hingegen aus ihrer Not (sprich: ihrem sehr überschaubaren Budget) eine Tugend: Auch die einzelnen Sektionen der Horror-Attraktion in „Halloween Haunt“ bieten Abwechslung und Atmosphäre – muten aber auch allesamt so an, als hätte sie ein (Profi-)Heimwerker mit zu viel Freizeit tatsächlich selbst errichten können. So wähnt man sich hier auch nicht sofort in einer dieser Hochglanz-Horrorwelten, wie man sie in den meisten Studio-Slashern vorfindet – sondern in einem raueren, roheren Szenario, das sich trotz der High-Concept-Prämisse (und den erwähnten dummen Entscheidungen der Protagonisten) sehr viel authentischer und schmerzvoller anfühlt.

    Hat es Harper (Katie Stevens) tatsächlich bis zum Ausgang geschafft? Oder ist das wieder nur eine perverse Falle?

    Man sollte sich übrigens keinen weltbewegenden Story-Twist erwarten, wenn man als Zuschauer endlich erfährt, wer hinter den Clowns- und sonstigen Horror-Masken steckt, sonst wird man nur enttäuscht – und dennoch ist es eine wirklich erfreuliche Überraschung: Wenn man dem Horror seine finstere Fratze herunterreißt, dann stößt man darunter eben mitunter nur auf etwas noch Grauenerregenderes! Die Auflösung passt jedenfalls perfekt zum nihilistischen Grundton des Films: Es gibt haufenweise richtig schön fiese Momente, in denen die Protagonisten in eine Nagelfalle treten oder sich selbst die Haut von den Handflächen reißen müssen, um weiter vorwärts zu kommen. Aber „Halloween Haunt“ ist – anders als etwa die „Hostel“-Filme von Produzent Eli Roth – trotzdem kein Folterporno: Beck und Woods ergötzen sich nicht an den Qualen, sondern treiben den Film auch in diesen Szenen mit einem strammen Tempo konsequent voran. Das Ergebnis ist eine wirklich ungemütliche Atmosphäre, die im Zusammenwirken mit den glaubhaft-selbstgebastelten Sets viel mehr Unbehagen bereitet als die handwerklich soliden, aber weit weniger effektiven Jump Scares, die zum Glück ohnehin nur maßvoll eingesetzt werden.

    Fazit: Ein erfreulich konzentrierter und deshalb zumindest für Genrefans sehenswerter Slasher irgendwo zwischen „Saw“, „Hell Fest“ und „Escape Room“ – mit sich gewohnt dümmlich verhaltenden Figuren, einer ungemütlichen Atmosphäre, einigen echt fiesen Momenten sowie einem herausragenden, weil angenehm ungekünstelten Setdesign.

     

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