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    Die Heinzels - Rückkehr der Heinzelmännchen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Die Heinzels - Rückkehr der Heinzelmännchen

    Mit dem Ohrwurm, der "Die Eiskönigin 2" fehlt

    Von Oliver Kube

    Erstmals schriftlich erwähnt wurden die koboldähnlichen Vorbilder der gegen Ende des 19. Jahrhunderts erstmals zum Verkauf angebotenen Gartenzwerge im Jahr 1826 von dem Schriftsteller Ernst Weyden. 1836 verfasste der Erfinder, Maler und Poet August Kopisch dann ein Gedicht mit dem Titel „Heinzelmännchen“. Der 14-Zeiler erreichte große Popularität in seiner Zeit und machte die ursprünglich im Siebengebirge angesiedelte, in dem Gedicht nach Köln verlagerte Sage von fleißigen, zipfelbemützten Hausgeistern, die nachts die Arbeiten der Menschen verrichteten, landesweit bekannt. Mit dem Märchenfilm „Die Heinzelmännchen“ kam die Geschichte 1956 erstmals in die Kinos. „Die Häschenschule“-Regisseurin Ute von Münchow-Pohl lässt diesem nun mit der Animations-Actionkomödie „Die Heinzels - Rückkehr der Heinzelmännchen“ ihre eigene turbulente und stimmig modernisierte Interpretation folgen.

    Seit vielen Jahren leben die Heinzelmännchen aus Angst vor den grobschlächtigen und egoistischen Menschen in längst vergessenen Katakomben der Stadt Köln. Die meisten von ihnen haben sich mit ihrem eher trost- und lichtlosen Dasein abgefunden. Nicht so aber die junge Außenseiterin Helvi (Stimme: Jella Haase). Sie beschließt, der unterirdischen Enge und Finsternis zu entkommen, um einen Menschen zu suchen, dem sie helfen kann. Gemeinsam mit den sie eher unfreiwillig begleitenden Heinzeljungs Kipp (Louis Hofmann) und Butz (Leon Seidel) erkundet Helvi die sie zunächst etwas überwältigende, weil hektische und große Welt der Menschen. Dann trifft sie den griesgrämigen Theo (Detlef Bierstedt), der im Kampf gegen seinen geldgierigen Bruder Bruno (Rolf Berg) seine geliebte Konditorei zu verlieren droht...

    Auch wenn gerade die menschlichen Gesichter nicht allzu detailreich geraten sind ...

    „Wir heinzeln das“ – so heißt das einzige vom Stimmen-Cast, allen voran Jella Haase, gesungene Lied in „Die Heinzels“. Im Vergleich zu vielen anderen Animationsfilmen ist das sehr wenig. Doch die einmal nach gut 40 Minuten und dann erneut während des Abspanns eingebaute Nummer wurmt sich wie verrückt ins Ohr des Zuschauers. Selbst als Erwachsener erwischt man sich noch ein, zwei Tage nach dem Kinobesuch dabei, den Refrain zu summen oder gar lauthals vor sich her zu singen. Komposition, Text und Arrangement des Stückes sind wirklich nicht gerade herausragend originell. Und trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb?) bleiben sie unfassbar gut hängen. (Sowas hätte das ohrwurmlose Animations-Sequel „Die Eiskönigin 2“ auch gut gebrauchen können.)

    Die Qualität der Animation ist ordentlich. Gelegentlich, etwa in Bezug auf die Darstellung der menschlichen Gesichter oder einiger Totalen innerhalb der Stadt, erinnert die Optik leicht an „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ – ohne dass sich die Macher wirklich vorwerfen lassen müssten, einfach ein Vorbild kopiert zu haben. Mit den visuellen Schauwerten von den „Wolkig“-Filmen oder anderer aktueller Blockbuster aus den US-Mega-Studios können „Die Heinzels“ in Sachen Detailreichtum und Finesse ohnehin nicht mithalten. Das Drehbuch von Jan Claudius Strathmann („Die Tigerentenbande - Der Film“) ist ebenfalls nicht gerade ein Ausbund an Originalität: Es handelt sich um eine recht konventionelle Underdog-Story; wenngleich eine doppelte, mit Helvi und Theo als gegen eine unbesiegbar erscheinende Opposition antretende Helden.

    In den kleinen Momenten liegt die wahre Stärke

    In diesem altbekannten Rahmen werden jedoch diverse charmante, weil für die Heinzelmännchen spezifische und gerade deshalb so einprägsame Momente erschaffen. Zunächst wäre da eine amüsante Montage, die zeigt, auf wie viele und welche Arten der lieber allein in seiner Schwermut versinken wollende Konditor versucht, die Heinzel loszuwerden. Oder wenn Helvi beim Backenlernen ein Missgeschick nach dem anderen passiert und sie niedlich „Vermützt und zugenäht!“ ruft. Ähnlich großartig ist es, die ganze Truppe der wiedervereinten Helferlein zusammenarbeiten zu sehen, während die von Elke Heidenreich gesprochene Vendla mit einem „Wir heinzeln bis die Mütze qualmt“ motiviert. All das ist witzig, weil es tatsächlich frisch und spontan rüberkommt.

    Die durch ihre Kunstfigur Else Stratmann in mehr als 4.000 Radio-Beiträgen (WDR, SWF) bekannt gewordene Elke Heidenreich hat, trotz der eher geringen Leinwandzeit ihrer Figur, noch eine Reihe weiterer kerniger Sprüche auf Lager. An denen hat die Kabarettistin offenkundig eine Menge Freude. Vor allem ist aber Jella Haases Enthusiasmus, mit dem sie den Part der kleinen Protagonistin belebt, regelrecht ansteckend. Zwischendurch glaubt man als Zuschauer, der sie neben den „Fack ju Göhte“-Filmen vor allem aus etwas burschikoseren Comedy-Auftritten wie in „Die Goldfische“ und „25 km/h“ kennt, Haase tatsächlich an Helvis Augen oder ihren strubbeligen, blonden Haaren wiederzuerkennen.

    ... ist und bleibt Helvi einfach eine ganz prima Heinzel-Heldin!

    Haase hat das Glück, eine lustige und zugleich liebenswert geschriebene Figur synchronisieren zu dürfen, die den in den letzten Jahren dankenswerterweise nicht mehr ganz so gängigen Rollenklischees nie wirklich entsprechen will. Ähnlich wie die junge Titelheldin im dem nur wenige Wochen früher startenden „Latte Igel und der magische Wasserstein“ ist das Heinzelmädchen mutig und draufgängerisch, während ihre jungen männlichen Freunde eher die etwas ängstlicheren, dafür vernünftigeren Parts bekleiden. Schön, dass derlei Charaktereigenschaften in Trickfilmen mittlerweile auch der zuvor so oft gezeigten Verteilung entgegengesetzt funktionieren, ohne dass der Wechsel deshalb gleich erzwungen wirken würde.

    Zusätzliche Sympathiepunkte sammelt der Film dadurch, dass die Handlung tatsächlich klar ersichtlich in Deutschland angesiedelt ist. Es wurde also nicht auf Krampf versucht, ein „amerikanisiertes“ Ambiente zu erschaffen, um den Film besser ins Ausland verkaufen zu können. Das war zum Beispiel einer der wenigen wirklich störenden Aspekte an der ansonsten eigentlich rundum gelungenen deutsch-dänischen Produktion „Luis und die Aliens“. Klar, auf die ein, zwei auch hier eingestreuten Furzwitze könnte man als Erwachsener prima verzichten. Da diese aber nicht allzu sehr ausgewalzt werden und bei der eigentlichen Zielgruppe, dem kleinen Publikum, immer für Lacher zu sorgen scheinen, sind sie locker zu verschmerzen. Die Message für gegenseitige Rücksichtnahme, Hilfe und Zusammenarbeit und gegen Gier, Egoismus und Eigenbrötlerei dürften hingegen bei Zuschauern aller Altersstufen ankommen, zumal sie nicht allzu aufdringlich oder gar mit erhobenem Zeigefinger serviert wird.

    Fazit: Der sowohl visuell als handlungstechnisch nicht gerade superoriginelle Zeichentrick aus hiesiger Schmiede punktet mit turbulent-spontanen, sympathisch-witzigen Szenen und einer wunderbar enthusiastischen Jella Haase als Stimme der prima als Identifikationsfigur fürs junge Publikum taugenden Heinzel-Heldin.

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