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    Escape Room
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Escape Room

    Zur Abwechslung mal ein Horrorfilm mit schlauen Leuten

    Von Christoph Petersen

    Seitdem der damals 35-jährige Takao Kato 2007 in Japan den ersten modernen Escape Room entwickelt hat, hat das Konzept, die zahlenden Teilnehmer in einen abgeschlossenen Raum zu stecken, aus dem sie sich innerhalb einer vorgegebenen Zeit durch das Lösen von allerlei Rätseln wieder befreien müssen, einen weltweiten Siegeszug angetreten. Mittlerweile sprießen immer neue Escape Rooms mit den verschiedensten Aufgaben und Themen auch hierzulande wie Pilze aus dem Boden. Kein Wunder also, dass nach einigen schnell runtergekurbelten Billig-Produktionen nun mit Sony Pictures auch eines der großen Hollywood-Studios auf diesen Trend aufmerksam geworden ist – und dafür, dass am Anfang vermutlich einfach nur die Idee stand, doch auch mal irgendwas mit diesen Escape Rooms zu machen, kann sich das Ergebnis echt sehen lassen: „Escape Room“ von Adam Robitel ist ein mitunter richtig schön fieser, unerwartet großgedachter Action-Horror-Rätsel-Schocker.

    Zoey Davis (Taylor Russell McKenzie) ist ebenso schüchtern wie schlau, weshalb sie in ihren Uni-Vorlesungen zwar auf alle Fragen die Antworten weiß, diese aber lieber für sich behält. Als sie in den Semesterferien einen geheimnisvollen schwarzen Würfel geschickt bekommt, der sich nach einigem Herumknobeln als Einladung zu einem Escape-Room-Wettbewerb erweist, glaubt Zoey deshalb auch, dass ihr Professor hinter der Sache steckt, schließlich versucht der schon länger, sie aus ihrer Komfortzone herauszulocken. Im Warteraum eines leerstehenden alten Bürogebäudes trifft Zoey schließlich auf ihre Konkurrenten wie Escape-Room-Enthusiast Danny Khan (Nik Dodani) oder Armeeveteranin Amanda Harper (Deborah Ann Woll), die hier alle um die die Siegprämie von 10.000 Dollar wetteifern. Aber als der frustrierte Supermarktangestellte Ben Miller (Logan Miller) den Raum verlassen will, hat er mit einem Mal die Türklinke in der Hand. Ohne dass es jemand aufgefallen wäre, hat das Spiel schon längst begonnen – und offenbar steckt hinter den aneinandergereihten, mit aufwändigen Rätseln und tödlichen Fallen übersäten Escape Rooms noch etwas sehr viel Teuflischeres als ein simpler Wettbewerb...

    Bei ähnlich gelagerten High-Concept-Horror-Reihen wie „Final Destination“ oder „Saw“ hing das Funktionieren der einzelnen Filme stets ganz entscheidend von der Qualität der aufgefahrenen Unfallverkettungen beziehungsweise Folterfallen ab. „Escape Room“ steht und fällt nun in erster Linie mit der Güte seiner Rätselräume – und was das angeht, haben vor allem die Setdesigner einen ganz hervorragenden Job geleistet: Neben einem vollständig eingerichteten, aber auf dem Kopf stehenden Saloon mit oben festklebendem Billardtisch (inklusive der Kugeln), bei dem nach und nach der Boden (also die Decke) wegbricht, gibt es auch noch ein psychedelisches Schwarz-Weiß-TV-Zimmer, das selbst nüchtern so aussieht, als hätte man gerade ein LSD-Plättchen geschluckt. Kreativität und Abwechslungsreichtum? Passt!

    Während sich die Setdesigner also voll austoben konnten und es auch getan haben, standen die Puzzleautoren vor einer noch viel schwierigeren Herausforderung: Denn im Gegensatz zu einem Escape-Room-Videospiel ist es in einem Film schlicht nicht möglich, dem Zuschauer die Einzelheiten eines Raumes so genau und ausführlich zu zeigen, dass er tatsächlich miträtseln könnte. Und so wirken die Puzzles in „Escape Room“ zwar schlüssig und auch nicht dumm, aber einen tatsächlichen eigenen Reiz entwickeln sie selten: Man nimmt die von den Teilnehmern gefundenen Antworten zur Kenntnis, stört sich nicht an ihnen und hat die genaue Herleitung eh sofort wieder vergessen. Einige der Rätsel schließen zudem noch eine körperliche (Höchst-)Leistung mit ein – als ob ausgerechnet Jigsaw die Hindernisparcours für eine Folge der „100.000 Mark Show“ (oder was ihr jungen Leute heute so guckt) entworfen hätte. Gerade in dem Kopfüber-Saloon ist das echt nett.

    Aber selbst wenn die Rätsel ein Mittel zum Zweck bleiben, um die Progression voranzutreiben und den Weg zu den nächsten Räumen freizumachen, haben sie doch auch einen sehr entscheidenden Nebeneffekt: Weil sie nämlich die ganze Zeit komplexe Puzzles lösen müssen, können die Protagonisten nicht die üblichen Flitzpiepen sein, die vor dem Mörder nach oben flüchten und sich grundsätzlich erst mal in zwei Gruppen einteilen. Es ist eine erstaunlich angenehme Erfahrung, zur Abwechslung mal mit halbwegs gescheiten Leuten in einem mit tödlichen Fallen vollgepflasterten Folterparcours festzustecken. Selbst der Arsch vom Dienst, in diesem Fall der egoistische Börsenbroker Jason Walker (Jay Ellis), wirkt da gleich nur noch halb so nervig wie in vergleichbaren Filmen.

    Es gibt übrigens einen entscheidenden Unterschied zwischen „Escape Room“ und den schon genannten Reihen „Final Destination“ und „Saw“: Denn wo die beiden letztgenannten Franchises zunächst mit einem für sich stehenden Film gestartet sind, bevor sich das mit den zig Fortsetzungen anschließend eher zufällig ergeben hat, dient die letzte halbe Stunde von „Escape Room“ nun vornehmlich dazu, ein angepeiltes Sequel in Stellung zu bringen. Da wird sich nicht nur die Möglichkeit einer Fortsetzung offengehalten und sie wird auch nicht vorsichtig angedeutet, die Sequel-Absicht wird vielmehr regelrecht herausgebrüllt. Dieses Öffnen der zuvor so konzentrierten Handlung geht dabei definitiv ein Stück weit auf Kosten der Spannung des ersten Teils. Auf der anderen Seite sagen wir es ganz ehrlich: Wir wollen den in den Schlussminuten angeteaserten „Escape Room 2“ definitiv sehen.

    Fazit: Wir haben Lust auf die Fortsetzung – und das ist immer ein gutes Zeichen.

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