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    Ryde - Your Final Destination
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Ryde - Your Final Destination
    Von Christian Fußy

    Steige niemals zu einem Fremden ins Auto“ – eine allen Eltern bekannte erzieherische Warnung, die im Gruselgenre allerdings nicht nur kleine Kinder beherzigen sollten! Denn: Wer in einem Horrorfilm in einen fremden Wagen steigt, der trifft nun mal sehr wahrscheinlich auf einen Axtmörder oder einen Serienvergewaltiger. Auch in Brian Frank Visciglias „Ryde“ sitzt mit Fahrer Paul der Tod am Steuer. Aber wenn der Serienkiller immer wieder Passagiere aus der Disco abholt, um sie in einer Seitenstraße zu erdrosseln oder sie mit einem Schlagring zu Tode zu prügeln (was übrigens genauso stumpfsinnig und repetitiv ist, wie es sich anhört), dann können sich die Macher einfach nicht entscheiden, ob sie nun auf eine düstere Charakterstudie der Marke „Nightcrawler“ oder nicht doch eher auf einen simpel-effektiven Boogeyman-Thriller wie „Hitcher, der Highwaykiller“ aus sind.

    In Los Angeles fährt plötzlich fast keiner mehr mit dem Taxi. Stattdessen nutzen die meisten eine Ride-Sharing-App namens Ryde, dank der man sich von Privatperson chauffieren lassen und zugleich bequem übers Internet bezahlen kann (jegliche Parallelen zu Lyft oder Uber sind selbstverständlich rein zufällig). Ein vielversprechendes Konzept - findet auch der psychopathische Serienmörder Paul (David Wachs), der kurzerhand das Auto und das Handy eines Ryde-Fahrers klaut und sich mit neuer Identität auf die Suche nach weiteren Opfern macht. So wird seine Rückbank für die partywütigen Clubbesucher schnell zur Schlachtbank. Nur an Passagierin Jasmine (Jessica Serfaty) scheint Paul ganz besonders Gefallen zu finden. Er lässt die arglose Blondine vorerst leben, heftet sich jedoch anschließend schon bald wieder an ihre Fersen...

    Obwohl der Zuschauer fast die gesamte Laufzeit des Films mit Mörder Paul verbringt, erfährt man herzlich wenig über die Motivation des Psychopathen. Anfangs deklariert er lediglich in einem absurden Monolog, dass er lieber andere tötet, als selbst getötet zu werden. Er scheint also ein kleiner Feierabendphilosoph zu sein, dieser Paul, und ein misogynes Arschloch noch dazu: Schließlich lebt er seine Gewaltfantasien nicht nur besonders gerne an jungen Frauen aus, er kriegt auch dann einen besonders dicken Hals, wenn sich auch mal Frauen herausnehmen, einfach mal die Sau rauszulassen und Feiern zu gehen. Das Problem ist nur: Wenn die beschwipsten Damen auf der Rückbank von ihren geplanten sexuellen Vorhaben erzählen, dann erwarten die Filmemacher offenbar, dass wir gemeinsam mit Paul mit den Augen rollen – und da wird’s dann echt unangenehm.

    Auch Final Girl Jasmine erleben wir größtenteils aus Pauls Perspektive. Hier scheint sich Paul plötzlich daran zu stören, dass sich Jasmine den ganzen Abend von ihrem Arschloch-Freund Marcus (Ronnie Alvarez) herumkommandieren lässt. In diesen Szenen soll das Publikum mit Pauls Hass sympathisieren und ihn anfeuern, die vermeintlich unmündige Jasmine mit einem gepflegten Mord aus Marcus‘ Klauen zu befreien. Das ist zwar an gesellschaftlicher Rückwärtsgewandtheit nur noch schwer zu übertreffen, aber trotzdem bei weitem nicht die peinlichste Szene des Films: Dieser Preis geht an die Begegnung mit dem volltrunkenen Fahrgast Terrance (ganz mies: Dylan Taylor), der behauptet, von seinen Freunden „Double T“ genannt zu werden und von sich selbst konsequent in der dritten Person spricht.

    Für eine Charakterstudie ist „Ryde“ zu dünn und für einen Horrorschocker zu langweilig. Die Morde sind zwar das zentrale Herzstück des Films, wirken durch unpassende Soundeffekte und leuchtendes Kunstblut aber oftmals unfreiwillig komisch. Die sexistischen Untertöne versauen einem zudem den Spaß an einem ironischen Trash-Vergnügen. Ansonsten sieht „Ryde“ zumindest größtenteils ganz ordentlich aus. Die schicken Aufnahmen von Los Angeles bei Nacht erinnern in den besten Momenten an die Neonkulisse von Dan Gilroys verstörendem Meisterwerk „Nightcrawler“. Der Soundtrack besteht aus betont minimalistischer, aber dabei durchaus atmosphärischer Synthie-Musik, wird aber leider zu oft von unpassenden Pop-Nummern unterbrochen.

    Fazit: „Ryde“ ist weder als ernsthafter Thriller noch als unfreiwillig komisches B-Movie empfehlenswert - für einen echten Grindhouse-Streifen ist er einfach viel zu zahm und die Spannung bleibt auch schnell auf der Strecke, weil man sich bei keiner der unsympathischen Figuren großartig darum schert, ob sie die Nacht nun überlebt oder nicht.

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