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    Blood Fest
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Blood Fest

    Meta-Horror auf den Spuren von "Scream"

    Von Antje Wessels

    Eine Mutter und ihr Sohn sitzen auf dem Sofa und schauen sich einen alten Schwarz-Weiß-Gruselklassiker an. Nachdem der markerschütternde Schrei einer Frau den kleinen Jungen fast zu Tode erschreckt hat, dreht er sich zu seiner Mutter um und fragt, weshalb sich Menschen sowas überhaupt ansehen. Was folgt, ist ein flammendes Plädoyer dafür, sich (frei-)willig von Horrorfilmen erschrecken zu lassen, sowie eine Erklärung, wie genau eine Szene in einem Schocker eigentlich aufgebaut sein muss, damit dem Betrachter am Ende auch wirklich das Blut in den Adern gefriert. Da es sich hier aber um den Prolog von Owen Egertons Meta-Horror-Komödie „Blood Fest“ (auf die Ähnlichkeit des Titels zum Splatter-Klassiker „Blood Feast“ wird im Laufe des Films eingegangen) handelt, wird das gerade Erlernte natürlich auch sofort in der Praxis angewendet: Als die Mutter im nächsten Moment in die Küche geht, wartet dort bereits ein maskierter Killer auf sie.

    Zugegeben: Die Meta-Ebene, auf der sich die selbstreferenziellen Gags von „Blood Fest“ abspielen, ist mit dicken Pinselstrichen gezeichnet. Gegen das ständige Namedropping (jede bekanntere Horrorikone wird mindestens einmal erwähnt) und die mitunter auch ein wenig plumpe Selbstverballhornung des Genres wirken die auch schon nicht gerade subtilen Seitenhiebe aus „Scream - Schrei!“ plötzlich wie sanfte Streicheleinheiten. In „Blood Fest“ ist von der ersten bis zur letzten Szene alles eine Nummer derber, offensiver und gerade deshalb meistens auch verdammt spaßig. Owen Egerton („Follow“) liefert einen Partyfilm für Horrorfreaks, in dem die Macher eben nicht nur das Genre an sich feiern, sondern zugleich auch die grenzenlose Leidenschaft ihrer Zielgruppe.

    Teenager Dax (Robbie Kay) ist großer Fan von Horrorfilmen und freut sich deshalb auch schon sehr auf die bevorstehende Convention Blood Fest. Sein Vater Vaughn (Tate Donovan) macht sich hingegen Sorgen: Als studierter Psychologe meint er, die Gefahren des regelmäßigen Horrorfilmkonsums zu kennen, zumal er seine Ehefrau einst durch den Messerangriff eines seiner Patienten verlor. Das Blood Fest ist für ihn deshalb ein rotes Tuch. Trotzdem lässt es sich Dax nicht nehmen, gemeinsam mit seinen Freunden Sam (Seychelle Gabriel) und Krill (Jacob Batalon) die Festivität zu besuchen. Während sie sich zunächst noch an all den Kostümen und Horrorreferenzen erfreuen, schlägt die gute Stimmung schon bald in blanke Panik um: Bei der Eröffnungsrede kündigt der Blood-Fest-Veranstalter und Regisseur Anthony Walsh (Owen Egerton) an, den Horrorfilm auf eine neue Ebene hieven zu wollen: Plötzlich werden die Gäste zu Gejagten von Kettensägen schwingenden Mördern, maskierten Psychopathen und halbverfaulten Zombies...

    Nur wer die Regeln des Genres ganz genau kennt, hat eine Chance, hier zu überleben!“ Auch ohne diese sehr deutlich Ausformulierung hätte wohl keiner verpasst, dass Owen Egerton hier im Grunde nicht mehr (aber eben auch nicht weniger!) als eine eineinhalbstündige Referenz an das gute alte Horrorkino vorlegt. Dass es auch den Protagonisten selbst weiterhilft, die ungeschriebenen Gesetze des Horrorfilms zu verinnerlichen, kennen wir aus Wes Cravens Meta-Slasher „Scream“. Dass Kontrolleure von außen Einfluss auf eine Situation nehmen, um sie den Genreregeln entsprechend zu steuern, haben wir bereits in dem Meta-Overkill „Cabin In The Woods“ gesehen. Und dass sich ein paar ahnungslose Teens plötzlich selbst in einem Szenario wiederfinden, das sie eigentlich als Fans in Filmen total super finden, erinnert wahlweise an die Porno-Komödie „Im tiefen Tal der Superbabes“ oder - um im Horrorgenre zu bleiben - an die leider noch viel zu unbekannte Indie-Perle „The Final Girls“.

    Neben den zahllosen Anspielungen auf die gängigen Killer-Ikonen Freddy Kruger, Jason Vorhees und Victor Crowley gibt es auch noch alle möglichen bekannten Horror-Setpieces à la „Saw“-Folterkeller sowie ein immenses Repertoire an Puppen, Clowns, Zombies, Vampiren und an was man eben noch so denkt, wenn man das Wort „Horror“ hört. Dabei grast Drehbuchautor und Regisseur Egerton gemeinsam mit seinem Cast aus engagierten Newcomern und Jungdarstellern Klischee um Klischee ab, nur um erst selbst auf eben diese Klischeehaftigkeit des Moments zu verweisen und es im nächsten Moment dann doch konsequent zu unterwandern. Das ist nur selten subtil, aber fast immer unterhaltsam. Aber da die Macher ausgerechnet im erzählerisch vorhersehbaren Schlussakt plötzlich konventionellere Wege gehen, um den ganzen furchterregenden Viechern endgültig den Garaus zu machen, fehlt es „Blood Fest“ dann leider doch an dem letzten Funken Eigenständigkeit und Finesse, der aus dieser kurzweiligen Horror-Comedy einen Genrebeitrag mit Kultpotenzial gemacht hätte.

    Trotzdem gibt es einige Motive und Zitate in „Blood Fest“, die auch noch lange nach dem Filmgenuss im Gedächtnis bleiben dürften. Wenn die das Abziehbild eines Busen-Starlets mimende Barbara Dunkelman („Red vs. Blue“) plötzlich zum euphorischen Fangirl mutiert, weil ihr mit Zachary Levi die Original-Synchronstimme von Flynn Rider aus dem Disney-Animationsfilms „Rapunzel - Neu verföhnt“ gegenübersteht, schwingen hier plötzlich auch Referenzen mit, die man von einer Horror-Nachdichtung nur bedingt erwartet hätte. Genauso unberechenbar wie die Vorbilder, die hier abseits des Genrekinos reihenweise durch den Kakao gezogen werden, ist übrigens auch die Gewalt: Schaut es zunächst so aus, als würden die Macher sich mit den ganz großen Gore-Eskapaden zurückhalten, fließt das Blut spätestens in der zweiten Hälfte plötzlich doch noch in Strömen.

    Fazit: Auch wenn Owen Egerton in seiner Horror-Comedy „Blood Fest vor allem wild drauflos zitiert, ist sein temporeicher Mix aus „Scream“, „Cabin In The Woods“ und „Im tiefen Tal der Superbabes“ ein kurzweiliger Trip durch sämtliche Höhen und Tiefen des Horrorgenres und des Horrorfanseins. Die erstaunlich hohe Gag-Trefferquote entschädigt dabei für einen vorhersehbaren Schlussakt.

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