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    Terrified
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Terrified
    Von Lars-Christian Daniels

    Für die Deutschlandpremiere seines düsteren Horrorfilms „Terrified“ auf dem Fantasy Filmfest hat sich der südamerikanische Regisseur und Drehbuchautor Demián Rugna („The Last Gateway“) etwas ganz Besonderes einfallen lassen: „Dieser Film ist meine Rache für das verlorene WM-Finale in Brasilien“, scherzte der argentinische Filmemacher in einer sympathischen Videobotschaft für das Kinopublikum. Rugna spielte auf die bittere 1:0-Niederlage seiner Mannschaft gegen die DFB-Elf um Mario Götze, Bastian Schweinsteiger und Manuel Neuer in Rio de Janeiro an und ergänzte augenzwinkernd: „Wenn euch Lionel Messi schon nicht erschrecken konnte, dann soll es wenigstens mein Film!“ Und „Terrified“, der über den Horror-Streamingdienst Shudder ausgewertet wird und vorab auf mehreren Filmfestivals lief, löst das Versprechen ein: Rugna hält das Spannungslevel konsequent hoch und entschädigt mit einigen tollen Schockmomenten für das etwas enttäuschende Finale.

    Ein Wohngebiet in Buenos Aires wird zum Schauplatz des Grauens: Als Hausfrau Clara Blumetti (Natalia Señoriales) tagsüber seltsame Geräusche aus dem Abfluss hört, ahnt sie nicht, dass sie noch am selben Abend vor den Augen ihres geschockten Mannes Juan (Agustín Rittano) brutal zu Tode kommen wird. Auch im Nachbarhaus geht etwas nicht mit rechten Dingen zu: Das Böse scheint sich direkt unter dem Bett des völlig verängstigten Walter Carabajal (Demián Salomón) zu verstecken, der schon seit Tagen nicht in den Schlaf findet und schließlich eine Kamera im Zimmer aufstellt. Auch seiner Nachbarin Alicia Perez (Julieta Vallina) spielt das Schicksal übel mit: Ihr zehnjähriger Sohn Pucho (Matias Rascovschi) wird von einem Bus überfahren. Hängen die drei Fälle zusammen? Der gesundheitlich angeschlagene Deputy Funes (Maximiliano Ghione), der einst mit Alicia liiert war, nimmt sich der Sache an, stößt aber schon bald an seine Grenzen. Unterstützung erhält er von den drei Sonderermittlern Mario Jano (Norberto Gonzalo), Mora Albreck (Elvira Onetto) und Dr. Rosentok (George Lewis), die sich auf paranormale Phänomene spezialisiert haben…

    Mit einer nennenswerten Einführung seiner Hauptfiguren oder dem üblichen Vorgeplänkel, um den Zuschauer einleitend in trügerischer Sicherheit zu wiegen, hält sich Demián Rugna gar nicht erst auf: Schon in der Eröffnungssequenz seines Horror-Schockers werden Erinnerungen an den kürzlich von Andy Muschietti neu verfilmten (und 2019 fortgesetzten) Stephen-King-Klassiker „Es“ wach, in dem seltsame Geräusche aus dem Abfluss und der Kanalisation ebenfalls nichts Gutes verheißen. Statt eines kindermordenden Clowns lässt der argentinische Filmemacher in der Folge einen splitterfasernackten und bemerkenswert biegsamen Hünen auf den bedauernswerten Walter los – und damit auch auf den Zuschauer, der bei dieser gelungenen Kreuzung aus klassischem Creature-Horror und Motiven der „Paranormal Activity“-Reihe zunächst die nächtlichen Aufnahmen einer Kamera sichten darf und dem Biest schon im nächsten Moment mitten ins entstellte Gesicht blickt.

    „Terrified“ nur auf sein halbes Dutzend elektrisierender Jump Scares zu reduzieren, würde der Vielschichtigkeit des Horrors und dem hohen Unterhaltungswert des Films allerdings nicht gerecht: Von einem effektiv eingesetzten und mitunter dröhnend lauten Soundtrack unterstützt vermag Rugna sein Publikum auch mit deutlich subtileren Suspense-Momenten zu gruseln – etwa dann, wenn der von den Toten auferstandene Pucho regungslos mit einem Glas Milch am Tisch sitzt und man minutenlang dem Moment entgegenfiebert, in dem die Leiche hinter den Rücken der ratlosen Ermittler das erste Mal mit der Wimper zuckt. Auch das Spiel mit den Perspektiven und dem toten Winkel beherrscht der argentinische Filmemacher exzellent: Ein ums andere Mal lässt er den Zuschauer beim kammerspielartigen Versteckspiel im schummrigen Zwielicht genüsslich ins Leere laufen, um ihn dann im nächsten Moment aus dem Verborgenen zu schocken.

    Ein paar abgegriffene Standardmomente (exemplarisch seien ein leerer Handy-Akku und die gruseligen Kinderzeichnungen genannt) müssen wir zwar in Kauf nehmen, doch gelingt es Rugna immer wieder, uns zu überraschen – gelegentlich sogar mit einer unvermittelt eingestreuten Prise schwarzen Humors. Wenn etwa der bedauernswerte Walter unter seiner Bettdecke ein Stoßgebet in den Nachthimmel schickt, gönnt der Filmemacher seinem Publikum eine kurze Verschnaufpause für einen Lacher, ehe das Böse zum nächsten großen Schlag ausholt. Etwas enttäuschend gerät allerdings die Auflösung, auf die das Ermittlerteam an drei Fronten gleichzeitig hinarbeitet: Am Ende wirkt „Terrified“ doch eher wie ein kurzer Teilausschnitt einer komplexen Geschichte, die für eine schlüssige Ausarbeitung deutlich mehr Spielzeit benötigen würde als die knappen 87 Minuten, auf die es der Horrorfilm bringt.

    Fazit: In Demián Rugnas „Terrified“ trifft paranormales Gruseln auf klassische Creature-Elemente – das Ergebnis ist ein unterhaltsamer argentinischer Genrebeitrag, bei dem auch die hartgesottenen Horror-Fans auf ihre Kosten kommen.

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