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    Die Wolf-Gäng
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die Wolf-Gäng

    Die deutsche Antwort auf Harry Potter

    Von Karin Jirsak

    „Die berühmteste magische Schule der Welt“, hieß die nicht Hogwarts? Jedenfalls nicht im Fantasy-Kosmos von Wolfgang Hohlbein („Das Druidentor“)! Bei Deutschlands produktivstem Genre-Autor ist es nämlich die (hi hi) „Penner-Akademie“ in Craisfelden, an der sich der magische Nachwuchs traditionellerweise ausbilden lässt. So auch der Vampirjunge Vlad, die Elfe Faye und der werdende Werwolf Wolf, die im Mittelpunkt der vor allem bei Kindern und Jugendlichen beliebten „Die Wolf-Gäng“-Roman- und Hörspielreihe stehen.

    Bemerkenswerterweise erblickte „Die Wolf-Gäng“ erstmals im Jahre 2007 das Licht der Muggelwelt – genau in dem Jahr also, als J.K. Rowling ihr großes Zauberwerk mit der Veröffentlichung von „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ zum Abschluss brachte. Sicher nur ein Zufall, im Gegensatz zu den doch bemerkenswerten ästhetischen Ähnlichkeiten, die den Film von Tim Trageser („Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft“) doch sehr wie eine ganz bewusst als solche angerührte Ersatzdroge für Potterholics erscheinen lassen.

    Ein Vampir, eine Elfe und ein werdender Werwolf - das ist die Wolf-Gäng!

    Der 13-jährige Vlad (Aaron Kissiov) zieht mit seinem Vater Barnabas (Rick Kavanian) in die sonderbare Kleinstadt Craisfelden. Gleich der erste Tag an der neuen Zauberschule gerät jedoch zum Desaster, denn es stellt sich heraus, dass Vlad kein Blut sehen kann – für einen Vampir natürlich sehr peinlich. Doch Vlad ist nicht allein: Jungelfe Faye (Johanna Schraml) hat Angst vorm Fliegen und der werdende Werwolf Wolf (Arsseni Bultmann) leidet ausgerechnet an einer Tierhaarallergie. Zusätzlich bekommen es die drei Außenseiter mit dem diabolischen Bürgermeister Louis Ziffer (Christian Berkel) und seiner Sekretärin Frau Circemeyer (Sonja Gerhardt) zu tun: Die beiden haben es auf den magischen Blutsplitter abgesehen, den Vlad um den Hals trägt...

    Ein (übrigens nur im Film) mutterloser Auserwählter, ein kluges, mutiges Mädchen und ein trotteliger Rotschopf – nicht nur das Heldentrio erinnert hier stark an Zauberlehrling Potter und seine Hogwarts-Freunde. Auch in Craisfelden gilt es für die Kids wieder, über ihre Ängste hinauszuwachsen und ihre besonderen Fähigkeiten zu entdecken, um sich der dunklen Seite der Macht zu stellen. Das geschieht hier, anders als in Rowlings Über-Bestseller-Reihe, allerdings nicht im Unterricht; tatsächlich spielt sich in der Schule selbst sehr wenig Action ab. Schade, war doch der besondere Handlungsschauplatz für den Erfolg der „Harry Potter“-Reihe kein unwesentlicher Faktor, denn er funktionierte perfekt als Sehnsuchtsort (nicht nur) für unzählige Schulpflichtige, die ihrerseits unter der Bank in Potters Abenteuern schmökerten und von coolen Lehrern wie Professor Lupin und Fächern wie „Verteidigung gegen die dunklen Künste“ träumten. Vom Schulalltag der Wolf-Gäng kriegen wir angesichts der (für einen Fantasy-Plot gar nicht mal so) außergewöhnlichen Umstände dagegen so gut wie gar nichts mit, Lehrkörper und Lehrplan bleiben nahezu völlig im Dunkeln.

    Ein bisschen exzentrisch, aber nicht wirklich lustig

    An erwachsenem Personal lernen wir eigentlich nur Hausmeister Hannappel kennen, gespielt von Axel Stein, der hier also quasi in die Fußstapfen seines ehemaligen Serienvaters „Hausmeister Krause“ tritt. Trotz Steins gefühlt jahrzehntelanger Comedy-Erfahrung springt der humoristische Funke allerdings nicht über, was auch an der recht farblos und beliebig gezeichneten Rolle liegt, die, so muss man im direkten Vergleich sagen, von jedem noch so kleinen Nebencharakter der Potter-Reihe in Sachen Witz und Exzentrik lässig überflügelt wird. Auch Bully-Buddy Rick Kavanian, der immerhin schon Dracula höchstpersönlich in „Hotel Transsilvanien“ synchronisiert hat, präsentiert sich als überfürsorglicher Vampir-Dad nicht ganz auf der Höhe – wiederum auch, weil das Drehbuch ihm nur wenig Raum zum Ausspielen seiner bewährten Comedy-Qualitäten gewährt. Für mehr Spaß sorgt da schon Sonja Gerhardt („Kalte Füße“) als Hexe Circemeyer, die auch Christian Berkel („Inglorious Basterds“) als teuflischen Bürgermeister mit viel Gespür für Timing und comichaften Slapstick souverän an die Wand flirtet.

    Was die Kinderdarsteller betrifft, findet sich auch hier eine Analogie zur filmgewordenen Geschichte um den berühmtesten Zauberlehrling der Welt: Daniel Radcliffe wurde des Öfteren für seine im Vergleich zu den Kollegen Emma Watson und Rupert Grint vergleichsweise mittelmäßige Schauspielperformance kritisiert – unter anderem von sich selbst. Ähnlich könnte es in diesem recht vorhersehbaren Abenteuer Aaron Kissiov ergehen, der sich in der Rolle des Vlad augenscheinlich (noch?) nicht richtig gefunden hat und daher manchmal etwas ungelenk agiert – im Gegensatz zu Johanna Schraml und vor allem Arsseni Bultmann, der hier als gegen sich selbst allergischer Teen-Wolf (und mutmaßliches jüngeres Alter Ego Hohlbeins) schon einiges mehr reißen kann.

    Bürgermeister Louis Ziffer hat es auf den magischen Blutsplitter abgesehen!

    Bei allen strukturellen Ähnlichkeiten, die schon die literarische Vorlage aufweist, schien es den Machern um Regisseur Tim Trageser wohl nur folgerichtig, sich auch in der visuellen Gestaltung sehr eng am großen Vorbild zu orientieren, das macht allein schon die Titelsequenz mit potteresker Typografie und Musik sehr deutlich. Gerade dadurch wird allerdings – trotz netter Effekte und hübscher Zauberwald- und Fachwerk-Hintergründe – einmal mehr schmerzhaft deutlich, wie sehr wir die magische Welt von Hogwarts im Grunde wirklich vermissen (und wie kurz uns „Die Wolf-Gäng“ von diesen Entzugserscheinungen nur ablenken kann)...

    Fazit: Schon recht kurzweilige, aber wenig spannende Ersatzdroge nach Standardrezept für Potterholics auf Entzug - basierend auf der gleichnamigen Romanreihe von Deutschlands „King of Fantasy“ Wolfgang Hohlbein.

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