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    Last Christmas
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Last Christmas

    Nichts für Weihnachtsmuffel

    Von Christoph Petersen

    Last Christmas, I gave you my heart

    But the very next day you gave it away

    This year, to save me from tears

    I'll give it to someone special

    Seit 2010 existiert unter dem Titel „Whamageddon“ eine ganz spezielle Challenge, bei der es darum geht, den ganzen Dezember hindurch nicht einmal den Song „Last Christmas“ von Wham! zu hören. Wir wissen nicht, ob es am Ende einem der Teilnehmer gelungen ist, die Herausforderung tatsächlich zu meistern – aber realistisch hat man eigentlich nur eine Chance, wenn man die Vorweihnachtszeit allein auf einer einsamen Insel verbringt. Schließlich wird man sonst auf jedem Sender, in jedem Supermarkt und auch sonst an jeder Ecke mit dem jedes Jahr zuverlässig zur Adventszeit wieder in die deutschen Singlecharts zurückkehrenden Festtags-Evergreen über eine verflossene Liebesbeziehung dauerbeschallt.

    Die skriptschreibende Schauspielerin Emma Thompson (Drehbuch-Oscar für „Sinn und Sinnlichkeit“) und ihre Co-Autorin Bryony Kimmings haben „Last Christmas“ offenbar auch irgendwann nicht mehr aus den Ohren bekommen – und sich von dem Pop-Klassiker schließlich sogar zu einem ganzen Film inspirieren lassen, in dem sie dann zusätzlich auch noch eine Reihe weiterer George-Michael-Songs untergebracht haben. Das Ergebnis ist ein winterliches Selbstfindungs-Märchen, bei dem man schon ein gewisses Faible für Weihnachtskitsch mitbringen sollte. Wobei vor allem Emilia Clarke mit einer angenehmen Energie dafür sorgt, dass man sich Paul FeigsLast Christmas“ auch als Festtagsmuffel noch halbwegs schmerzfrei ansehen kann.

    Ein Herz für Weihnachtskitsch!

    Der „Game Of Thrones“-Star spielt die in London lebende Kate, die eigentlich Katarina heißt, aber ihre jugoslawische Herkunft ebenso verheimlicht wie alles andere, was gerade in ihrem Leben schiefläuft. Und das ist eine ganze Menge: Obwohl sie mit ihrem Job als Verkäufer-Elfe in einem Weihnachtsladen nicht zufrieden ist, gibt sie sich trotzdem keinerlei Mühe, um sich anständig auf die Vorsingen für mögliche Musical-Rollen vorzubereiten. Statt einem festen Freund hat sie zudem nur One-Night-Stands, die auch noch häufig am nächsten Morgen in einer Katastrophe enden.

    Und weil ihre Mutter Adelia (Emma Thompson) ihr kräftig auf den Keks geht, schläft Kate lieber bei Freunden auf der Couch – aber auch die haben irgendwann keinen Bock mehr auf ihren ziemlich egoistischen Gast. Doch dann lernt Kate durch Zufall Tom (Henry Golding) kennen, der es sich zur Mission gemacht zu haben scheint, aus Kate einen besseren Menschen zu formen. Und tatsächlich nimmt Kate plötzlich ihren Job ernst, während sie abends in einer Obdachlosenunterkunft aushilft. Zugleich ist Tom aber auch derart herzensgut und attraktiv, dass er fast schon zu perfekt erscheint, um wirklich wahr zu sein...

    Emilia Clarke macht Spaß!

    Emilia Clarke („Ein ganzes halbes Jahr“) ist sicherlich nicht die wandelbarste Schauspielerin und sie singt auch längst nicht so gut wie Madison Ingoldsby, die in der ersten Szene von „Last Christmas“ Kates jüngeres Ich bei einem Auftritt mit einem Kirchenchor verkörpert. Aber der „Game Of Thrones“-Star bereichert das hippe Soho-Setting dennoch ungemein, indem sie der weihnachtlichen Künstlichkeit einen angenehm bodenständigen Charme entgegensetzt. Es macht einfach Laune, 100 Minuten mit ihr und ihren mit Bommeln und Glöckchen besetzten Elfenschuhen zu verbringen. Dasselbe gilt für Michelle Yeoh als weihnachtsverrückte Chefin, die sich in einen mysteriösen Sauerkrautmann verguckt.

    Aber was den Rest der Story und vor allem die Verbindungen zu den George-Michael-Songs angeht, krankt es dann doch an allen Ecken und Enden. Deshalb ...

    Achtung: Kitsch-Junkies und alle, die sowieso jeden Weihnachtsfilm verschlingen, sollten ab diesem Punkt auf keinen Fall weiterlesen!

    ... überwiegen für Nicht-Weihnachtsverrückte am Ende dann doch eher die negativen Elemente. Der 2016 verstorbene George Michael hat der Verfilmung von „Last Christmas“ unter anderem unter der Vorgabe zugestimmt, dass im Film auch das Thema „Obdachlosigkeit“ eine Rolle spielt. Und so fühlt sich das in „Last Christmas“ nun auch an, nämlich wie die Erfüllung einer Pflicht. Für mehr als einige unangebracht zynische Gags (die Bedürftigen stehlen sofort alle Kekse, als Kate einmal kurz nicht hinschaut) bleibt da kaum Raum. Ähnlich berechnend und unnatürlich wirken die Szenen, in denen sich der Film mit Fremdenfeindlichkeit und der Brexit-Angst von Kates Mutter auseinandersetzt.

    Der Twist wird das Publikum weniger überraschen als spalten!

    Dazu passt dann auch die (erschreckend platte) Weise, auf die hier die Songs von George Michael integriert werden: Als Kate einmal auf der Couch einschläft, wird sie von einem Musikvideo im TV aufgeweckt – und zwar natürlich von „Wake Me Up Before You Go-Go“. Ähnlich wörtlich wird auch der die Handlung inspirierende Song „Last Christmas“ von den Autorinnen Thompson und Kimmings ausgelegt, was nicht nur zu einem sehr vorhersehbaren und wenig berührenden Twist führt, sondern auch einfach den eigentlichen Qualitäten von Wham! und George Michael überhaupt nicht gerecht wird.

    Das ist etwa in dem vor wenigen Monaten gestarteten „Blinded By The Light“ sehr viel besser gelungen. Mit dem Wohlfühl-Musical hat Regisseurin Gurinder Chadha nämlich auch die universelle Kraft und nicht nur den schnöden Wortsinn der Songs von Bruce Springsteen auf die Leinwand gebracht. So jedenfalls lässt „Last Christmas“ den weihnachtlichen Trubel eher noch zynischer erscheinen, als dass er seinem Publikum den wahren Geist des Weihnachtsfestes glaubhaft näherbringen würde.

    Fazit: Ein Film für alle, die sich den Song „Last Christmas“ zur Weihnachtszeit auch dutzendfach am Stück reinziehen können, ohne irgendwann entnervt das Radio gegen die Wand zu schmeißen.

     

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