"After Passion" von Jenny Gage ist wirklich nicht gut gemacht und ganz objektiv betrachtet ein schlechter Film. Subjektiv betrachtet hatte ich trotzdem meinen Spaß. Ohne irgendetwas über den Film oder die Buchvorlagen zu wissen, bin ich vollkommen ohne Plan, aber dank Kino-Abokarte kostenlos, in diese Teenie-Schmonzette hineingestolpert. Ein Freund von mir hatte den Film vorgeschlagen und ich dachte: Warum nicht?
Ergebnis: Wir beide haben den Altersdurchschnitt im Kinosaal mindestens verdoppelt und mein Kumpel war im Prinzip der Hahn im Korb. Und wir beide waren vermutlich ziemlich nervige Mitzuschauer, weil wir uns die ganze Zeit gegenseitig Lästereien über den Quatsch, der da auf der Leinwand zu sehen war, zugeflüstert und uns beömmelt haben. Normalerweise sind wir diejenigen, die sich über solche rücksichtslosen Zeitgenossen echauffieren und schimpfen, wie man nur so schlecht erzogen sein kann - jetzt waren wir selber mal die Schnatterköppe im Saal. Interessante Erfahrung.
Aber zurück zum Film und warum der so schlecht war: Die Erwartung, die am Anfang geweckt wird, wird nicht erfüllt. Sowas ist aus Storytelling-Sicht natürlich schon mal richtig Murks. Man kann doch dem Zuschauer nicht versprechen, dass Tessa voll die krasse Wandlung durchmacht und von der braven Streberin zur verruchten Femme fatale mutiert, wenn das nachher gar nicht passiert. Nö. Wir sehen hier eine etwas artige, ehrgeizige und intelligente, ansonsten aber ganz normale junge Studienanfängerin, die durch die Begegnung mit Hardin lernt, aus sich heraus zu kommen, ihre sinnliche Seite entdeckt, und an Selbstvertrauen und Entschlossenheit gewinnt. Sie bleibt sie selbst, sie öffnet sich halt nur mehr. Das ist schön für sie, aber wo ist denn da das Drama?
Und was ist Hardin bitteschön für ein misslungener Bad Boy? Gut, der führt sich am Anfang auf wie ein Vollidiot, ist arrogant und dauerbeleidigt, aber man merkt doch ziemlich schnell, dass das nur Gepose ist. Ich fand's zum Beispiel ziemlich unrealistisch, dass diese angebliche Leseratte nur schnieke Hardcover im Regal hatte. Also, ich als echte Leseratte und Tochter einer echten Leseratte würde niiiiiemals den wertvollen Platz in meinem Bücherregal mit fancy Hardcovern zustellen. Außerdem: Die Dinger sind scheiße schwer, die kann ich doch gar nicht in meiner Handtasche mit mir herumtragen, da hole ich mir doch 'nen Bandscheibenvorfall. Nee, ich hab meine Bücherregale (genau: plural) hauptsächlich mit Taschenbüchern vollgestellt, einige sind in Ermangelung von genügend Platz in zweiter Reihe geparkt, überall in der Wohnung liegen weitere Taschenbücher herum verstreut - und man sieht, dass sie gelesen wurden. Von daher wirkte Hardins Bücherwurmerei auf mich reichlich aufgesetzt und angeberisch, nicht echt. Na gut, aber Tessa sah das anscheinend anders.
Seine Tattoos sahen aus wie Abziehbildchen und nur weil man eine schicke Lederjacke und schwarze T-Shirts trägt, ist man noch lange kein böser Junge. Ich hab auch eine schwarze Lederjacke und schwarze T-Shirts und bin die Friedfertigkeit in Person. Und zwischendurch hatte der dann so einen putzigen Dackelblick drauf, dass ich ihm am liebsten einen Keks und einen Kakao angeboten hätte.
Wobei ich aber auch positiv anmerken möchte, dass die Anziehung zwischen Tessa und Hardin in den - jugendfrei und züchtig gehaltenen - Fummelszenen durchaus rüberkam. Und jaaa, hätte sich ein gut aussehender Typ vor 20 Jahren mit mir in der Bücherei einschließen lassen, um mir was vorzulesen, das hätte ich schon ziiiemlich heiß gefunden. Hach.
Aber immerhin macht Hardin im Gegensatz zu Tessa tatsächlich eine Wandlung durch. Ist er am Anfang noch der verkrachte, depressive, verschlossene, egozentrische Dummdödel, wird er durch Tessa zu einem ehrlichen, feinfühligen jungen Mann, der nicht nur um das eigene Herzeleid kreist, sondern sich auch für andere Menschen interessiert. Und so geben sie sich auch beide etwas: Hardin wird durch Tessa empathischer, Tessa merkt, dass sie in Ordnung ist, wie sie ist, und zu sich zu stehen.
Insofern finde ich auch die Liebesgeschichte zwischen Tessa und Hardin gar nicht mal so ärgerlich, sondern eigentlich ganz süß. Also kein rückständiges "Hauptsache, ich kann bis in alle Ewigkeit jung und schön und mit meinem Schnuckelhasi zusammen sein, scheiß auf Ausbildung, eigene Pläne und Gedöns"-Beziehungsbild à la Twilight. Und auch kein nerviges "Ich opfere mich für dich auf" "Oh nein, ICH opfere mich für DICH auf" Theater wie in Divergent.
Allerdings geht man ja eigentlich nicht ins Kino, um eine eigentlich ganz possierliche Teenie-Liebesgeschichte zu sehen, mit der man - wären das die eigenen Kinder - absolut einverstanden wäre. Sondern man will ja Spannung, Drama, Schmerz, Versöhnung und alles sehen, worauf man im echten Leben ganz prächtig verzichten kann, aber das eine Geschichte eben aufregend macht.
Was gibt es sonst noch zu meckern? Ach ja, die Dialoge. Grauenhaft. Die Schauspieler? Na ja. Ziemlich hölzern. Die Nebenfiguren? Schnarch. Die mise en scène? Lieblos. Kostüme, Make-up? Klischeehaft. Spannungskurve? LOL.
Fazit: Harmloser, süßer Teeniefilm, den man sich aus Jux angucken kann, auch wenn er echt schlimm ist.