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    Mrs. Taylor's Singing Club
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Mrs. Taylor's Singing Club

    Wohlfühlkino mit ärgerlicher Message

    Von Karin Jirsak

    Regisseur Peter Cattaneo, der mit der Männer-Striptease-Komödie „Ganz oder gar nicht“ britische Kinogeschichte geschrieben hat, erzählt in seiner neuen Wohlfühl-Komödie „Mrs. Taylor's Singing Club“ von der vielbeschworenen heilenden Kraft der Musik – und zwar aus der Perspektive von Soldatenehefrauen, deren Männer gerade im entfernten Afghanistan kämpfen. Nun ist Krieg nicht unbedingt ein typisches Feelgood-Thema – und so erweist sich der Film auch als emotional mitunter etwas schizophrenes Filmerlebnis. Dass dennoch hin und wieder geschmunzelt werden darf, liegt vor allem am gut gecasteten Brit-Ensemble, aus dem zuvorderst Kristin Scott Thomas (oscarnominiert für „Der englische Patient“) hervorsticht, die hier als stocksteife Colonels-Gattin mit der Leitung von Großbritanniens erstem „Military Wives“-Chor auch ihr persönliches Kriegstrauma zu bewältigen versucht.

    Zum Stricken fehlt es ihnen an Talent, also muss für die Bewohnerinnen einer britischen Militärbasis eine andere Beschäftigung her, um den nervenzehrenden Umstand zu ertragen, dass ihre Männer sich im Afghanistankrieg in ständiger Lebensgefahr befinden. Besonders erpicht darauf ist Kate Taylor (Kristin Scott Thomas), die Frau des Colonels, die im letzten Einsatz bereits ihren Sohn verloren hat. Gemeinsam mit der wegen ihrer lockeren Art bei den Soldatengattinnen – im Gegensatz zu Kate – sehr beliebten Lisa (Sharon Horgan) gründet sie deshalb einen Chor. Doch die beiden grundverschiedenen Frauen haben ihre Schwierigkeiten, sich zusammenzuraufen und die mehr oder weniger talentierten Teilnehmerinnen auch gesanglich in Einklang zu bringen...

    Kate und Lisa müssen ihre Differenzen begraben, um die anderen Frauen gemeinsam zu inspirieren.

    „Ich weiß, es ist ungewöhnlich, dass sich die Frau des Colonels die Hände schmutzig macht“ – mit diesen Worten drängt sich Kontrollfreak Kate aus nicht ganz uneigennützigen Motiven als Organisatorin der neuen Beschäftigungstherapie-Maßnahme auf. Klar, dass das erst mal nicht gut ankommt, vor allem nicht bei der lässigen Lisa, die bislang für die Freizeitaktivitäten der Daheimgebliebenen zuständig war und nun direkt von Kate dazu degradiert wird, das Brainstorming beim ersten „Meeting“ am Whiteboard zu protokollieren. Der Konflikt zwischen diesen beiden Charakteren, charismatisch und facettenreich verkörpert von Kristin Scott Thomas und Sharon Horgan („Game Night“), steht von da an im Mittelpunkt der Geschichte. Diese strukturiert Cattaneo anschließend völlig überraschungsfrei nach dem dramaturgischen Schema, das man bereits aus unzähligen Inspirations-(Sport-)Filmen kennt, in denen es darum geht, ein funktionierendes Team zu formen, um ein gemeinsam Ziel zu erreichen.

    Die klassische Aufstellung beginnt mit einem bunten Haufen Teilnehmerinnen, die Vertrauen zu den Leitwölfinnen fassen, motiviert und gesanglich harmonisiert werden sollen. Dabei kristallisiert sich ein Talent mit Starpotenzial heraus, dessen Selbstvertrauen (in der mit Abstand schönsten Szene, die sich bei einer Moorwanderung ereignet) erweckt und durch den sich langsam formierenden Teamgeist gestärkt wird (kennt man genau so auch aus „Sister Act“, wo noch Nonnen statt Militärfrauen gesungen haben, aber sonst vieles vergleichbar war). Und natürlich fehlt auch der große Auftritt nicht, auf den die Damen schließlich hinarbeiten – Streitigkeiten und zu überwindende Rückschläge auf dem Weg dorthin inklusive.

    Harmlos bis in die Songauswahl

    Gesungen wird dabei nicht etwa „Give Peace A Chance“, sondern hauptsächlich abgenudelte Achtziger-Pop-Hymnen von „Don't You Want Me“ bis „Time After Time“. Das ist alles irgendwie ganz nett, aber mitnichten originell. Auch warum ausgerechnet diese Lieder von den Frauen ausgewählt werden, erschließt sich im Kontext der übergeordneten Handlung nicht wirklich – die musikalische Gestaltung wirkt so schon ziemlich willkürlich.

    „Frauen, von denen erwartet wird, dass sie sich still verhalten und weitermachen wie bisher, finden ihre Stimme“, behauptet der Regisseur, was allerdings nur bedingt zutrifft, sofern man diese Aussage in irgendeiner Weise emanzipatorisch interpretieren will. Denn diese Stimmen werden eben auch nur gehört, weil sie gefällig und harmlos sind und im Grunde nichts zu sagen haben außer dem, was man eben von ihnen hören will. Oder wie Lisa es in einer Szene formuliert, als Antikriegsaktivisten ihr auf dem Weg zum Markt einen „Stop The War“-Flyer in die Hand drücken wollen: „Nein danke, ich bin mit ihm verheiratet.“

    Bald steht der große Auftritt an! Ob da wohl alles glattgeht?

    Dieser Haltung entsprechend besteht der eine von den Ladys „selbstgeschriebene“ Song nur aus Fragmenten, die sie aus den Frontliebesbriefen ihrer Männer zusammenbasteln. Nicht nur darin zeigt sich in diesem Film die erzkonservative, gerade in Kriegszeiten vehement propagierte Vorstellung der Frau, die sich ausschließlich in Relation zu ihren männlichen Bezugspersonen definiert, wobei ihre Aufgabe darin besteht, alles, was außerhalb ihres auf das Häusliche begrenzten Kontrollbereichs geschieht, mit einem erzwungenen Lächeln zu erdulden, bedingungslose moralische Unterstützung zu leisten und sich in erbaulichen Aktivitäten zu ergehen, mit denen sie niemanden stört. Dass Cattaneo hier neben den Ehemännern auch eine Soldatin nach Afghanistan schickt, ändert an diesem ärgerlichen Eindruck wenig.

    Fazit: Die starken Performances von Kristin Scott Thomas und Sharon Horgan trösten über den Schema-F-Plot weitestgehend hinweg. Ärgerlich ist hingegen der propagierte Konformismus, der so auch einem 150 Jahre alten Verhaltensleitfaden für Frauen in Kriegszeiten entstammen könnte.

     

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