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    Last Looks
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Last Looks

    Zumindest Mel Gibsons Bart ist über jeden Zweifel erhaben!

    Von Lutz Granert

    Die Karrieren von Mel Gibson und Bruce Willis haben mehrere Gemeinsamkeiten: Beide Hollywood-Stars hatten ihre großen Hits vor allem in den ausgehenden 80er und 90er Jahren, beide sind inzwischen im Rentenalter – und beide quälen sich in den letzten Jahren immer häufiger in kleinen Nebenrollen durch schnell heruntergekurbelte Fließband-Produktionen, die großflächig mit ihrem prominenten Namen auf dem Poster werben, weswegen wir auch schon diesen naheliegenden Vergleich anstellten. So verwundert es nicht, dass die Produzenten des stürmischen Action-Reißers „Force Of Nature“ den Oscarpreisträger bei „Last Looks“ als Ersatz für Bruce Willis, der ursprünglich mal für die Rolle eines auf ein Dialysegerät angewiesenen Ex-Cops vorgesehen war, verpflichtetet haben.

    Aber es gibt auch einen zentralen Unterschied: Während Willis durchgehend fleißig vor der Kamera stand, war Gibsons Karriere zwischenzeitlich nach einigen Skandalen fast schon vorbei – bevor er sich immer wieder zurückkämpfte. So wurde Gibson 2006 von Polizisten angehalten und wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet, während er antisemitische Äußerungen von sich gab. Auch wegen häuslicher Gewalt gegenüber seiner Ex-Freundin Oksana Grigorieva geriet der einstige „Mad Max“-Star in die Schlagzeilen. Ist es nun augenzwinkernde (Selbst-)Ironie oder einfach nur zynisch, ihn in einer Rolle als dauerbeschwipsten und gern Prügel austeilenden TV-Star zu besetzen, der seine Frau ermordet haben soll? Das ist jedenfalls der beste Gag in der sonst nicht so recht zündenden Thriller-Komödie „Last Looks“ - und das, obwohl Regisseur Tim Kirkby schon die ungleich witzigere britische Comedy-Serie „Don't Forget The Driver“ inszenierte.

    Charlie Hunnam spielt, als wäre er noch immer am Set von "Sons Of Anarchy" - nur dass er sich nun aufs Rennrad statt aufs Motorrad schwinkt.

    Der daueralkoholisierte TV-Schauspieler Alastair Pinch (Mel Gibson) ist der Star der Gerichts-Serie „Johnnie's Bench“, die zur Freude vom windigen Sender-Chef Wilson Sikorsky (Rupert Friend) hervorragende Quoten einfährt. Als seine Frau im gemeinsamen Designerhaus ermordet aufgefunden wird, fällt der Verdacht sofort auf Alistair. Um mit möglichst großem Medienrummel seine Unschuld zu beweisen, will Sikorsky den minimalistisch lebenden Ex-Cop und Privatdetektiv Charlie Waldo (Charlie Hunnam) anheuern, der einst auch schon einen Polizeiskandal enthüllte. Doch Waldos Ex-Freundin Lorena (Morena Baccarin) kann den Aussteiger nicht überzeugen, sie bei den Nachforschungen zu unterstützen. Erst als Lorena spurlos verschwunden ist, willigt Waldo widerwillig ein, nach Los Angeles zurückzukehren – und dabei auch seine Ex-Polizeikolleg*innen wiederzutreffen, die noch eine Rechnung mit ihm offen haben...

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    Der Autor Howard Michael Gould hat das Drehbuch zur Verfilmung seines Romans „Last Looks“ selbst geschrieben – und zeigt damit zugleich auf, dass er die Funktionsmechanismen des Mediums Films nicht wirklich verstanden hat. Während auf der Buchseite schon die Beschreibungen schräger, optisch wie im Habitus exzentrischer Charaktere sehr unterhaltsam und komisch sein können, entsteht der Witz in der visuellen Sprache des Films erst in ihrer (Inter-)Aktion durch eine Mischung von stimmiger Situationskomik oder pointierten Dialogen. Und so bietet die Thriller-Komödie zwar eine Vielzahl von karikaturesken Figuren auf (darunter etwa „Lost“-Star Dominic Monaghan als drohender Anwalt mit Satin-Fliege, der nach einer Szene auf Nimmerwiedersehen aus dem Film verschwindet), denen dann aber meist nur flache oder bedeutungsschwangere Textzeilen ohne Esprit in den Mund gelegt werden.

    Wenn ein nach dem Minimalismus-Konzept der „100 Dinge“ lebender Privatermittler von einem hünenhaften kanadischen Inuit wiederholt eins auf die Nase bekommt oder lange Strecken statt mit dem Auto notorisch mit dem Rennrad bewältigt, sorgt das auch nur beim ersten Mal für ein (eher müdes) Grinsen – danach wirkt dieser vermeintliche Gag einfalls- und somit reichlich witzlos. Erschwerend hinzu kommt, dass der immer weiter zerfasernde und auch logisch nicht wirklich stimmige Plot nur schleppend vorankommt – was auch an einer hanebüchenen Nebenhandlung liegt, bei der es letztlich um die einzige Kopie eines peinlichen Gedichts (!) geht.

    Mel Gibson spielt zwar nicht ganz so gut wie sein Bart - hat aber dennoch sichtlich Spaß daran, sich selbst auf die Schippe zu nehmen.

    Immerhin stimmt die Spielfreude beim prominenten Ensemble. Charlie Hunnam wirkt mit zotteligem Bart so, als wäre er nach seiner Rolle als Gangmitglied in der Biker-Serie „Sons Of Anarchy“ einfach am Set geblieben. Er verkörpert den Aussteiger mit einer guten Portion Schusseligkeit, wenn er etwa einen Verdächtigen am Set einer TV-Serie in einen unechten Polizeiwagen setzt. Der Brite Rupert Friend, bekannt aus der Thriller-Serie „Homeland“, hat hinter seiner dicken Brille sichtlich Freude daran, seine Klischee-Figur eines aalglatten Produzenten mit jovial-gönnerhaften Gestus und ein paar zynischen Dialogzeilen genüsslich zu zelebrieren. Bleibt noch Mel Gibson. Mit voluminösem Musketier-Bart ist seiner albern überzeichneten, leicht aufbrausenden Figur, die in den Drehpausen einen Stuntman zum Verprügeln braucht, die Exzentrik regelrecht ins Gesicht geschrieben. Dazu passt dann auch sein süffisantes Overacting, das erfrischend zeigt, wie (wenig) ernst er das ganze Szenario nimmt.

    Fazit: Die Thriller-Komödie „Last Looks“ bietet ein regelrechtes Sammelsurium an schrägen Charakteren, lässt aber den eigentlich nötigen Wortwitz sowie eine stringente Story vermissen. Mel Gibson, der sich in seiner Rolle als arroganter TV-Star sichtbar selbst gefällt, ist da schon die gelungenste Pointe.

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