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    Ghostbusters: Legacy
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Ghostbusters: Legacy

    Die nächste Generation von Geisterjägern

    Von Christoph Petersen

    In den vergangenen Tagen habe ich oft gehört und gelesen, dass der neue „Ghostbusters: Legacy“ deshalb so toll sei, weil er (Achtung: Wortspiel!) dem Geist der Originalfilme so nahe komme. Aber ist das wirklich so? „Ghostbusters“ von 1984 stammt immerhin von derselben Truppe um Ivan Reitman, Harold Ramis und Bill Murray, die zuvor auch schon die kruden Kult-Comedys „Babyspeck und Fleischklößchen“ und „Ich glaub’ mich knutscht ein Elch!“ abgeliefert hat – und auch im originalen „Ghostbusters“ dominiert ein Grenzen ausreizender Humor, der an vielen Stellen geradewegs über die Köpfe des jungen Zielpublikums hinweggeht. Gerade deshalb entwickelte die Komödie doch vor allem bei Kindern und Jugendlichen der Achtziger einen solchen Kultstatus.

    „Ghostbusters: Legacy“ ist hingegen mehr wie eine Verfilmung dieses warmen Gefühls, das erwachsengewordene Fans heutzutage empfinden, wenn sie an die Filme von damals zurückdenken. Oder anders: „Ghostbusters: Legacy“ wirkt wie ein „Ghostbusters“-Film von „E.T.“-Mastermind Steven Spielberg – also kein bisschen edgy, aber dafür voller Wunder, Warmherzigkeit und starker Charaktere, die einem sofort ans Herz wachsen. Außerdem ist „Ghostbusters: Legacy“ eine unverhohlene Liebeserklärung an das Original – und zwar keine, die von irgendeinem Studioverantwortlichen zur Markenbildung zwangsverordnet wurde, sondern eine, die sich tatsächlich wahrhaftig anfühlt. Ist ja aber auch kein Wunder, schließlich ist Regisseur Jason Reitman („Juno“) auch nicht einfach nur irgendwer…

    Die neuen Ghostbusters sind tatsächlich sehr viel cooler drauf, als man im ersten Moment vielleicht vermuten würde.

    Weil sie die Miete für die Wohnung in der Stadt nicht mehr zahlen kann, sieht sich die alleinerziehende Mutter Callie (Carrie Coon) gezwungen, mit ihrem Sohn Trevor (Finn Wolfhard) und ihrer Tochter Phoebe (Mckenna Grace) auf die staubige Farm zu ziehen, die sie erst kürzlich von ihrem entfremdeten Vater geerbt hat. Allerdings lauern in dem halb zerfallenen Anwesen und den umliegenden, auch nicht ansehnlicheren Schuppen allerlei Geheimnisse.

    Schließlich handelt es sich bei dem verstorbenen Vorbesitzer um niemand Geringeren als Egon Spengler, der in den Achtzigern gemeinsam mit seinen Ghostbuster-Kollegen Dr. Raymond Stantz (Dan Aykroyd), Dr. Peter Venkman (Bill Murray) und Dr. Winston Zeddmore (Ernie Hudson) ganz Manhattan vor einer gewaltigen Geister-Epidemie gerettet hat. Aber offenbar war der einsam auf seiner Farm hausende, von allen für irre gehaltene Ex-Ghostbuster der starken Überzeugung, dass die Gefahr damit noch lange nicht gebannt ist – sondern im Gegenteil das Schlimmste erst noch bevorsteht….

    Fantastische Figuren – selbst ohne Geister

    Nach einem kurzen Prolog, in dem wir sehen, wie der alte Mann auf seiner Farm ums Leben kommt, gibt es in „Ghostbusters: Legacy“ erstaunlich lange keine Geister. Stattdessen nimmt sich der Film – gerade für heutige Hollywood-Blockbuster-Verhältnisse – unheimlich viel Zeit, um zunächst einmal seine Figuren vorzustellen: Neben dem frühreifen Möchtegern-Aufreißer Trevor und der wissenschaftsaffinen, gute schlechte Witze reißenden Außenseiterin Phoebe gibt es noch den Mitschüler Podcast (Logan Kim) und den coolen Lehrer Mr. Grooberson (Paul Rudd), der seine Klasse mit Horrorfilmen wie „Cujo“ oder „Chucky“ ruhigstellt, um sich selbst seinen Erdbebenforschungen widmen zu können.

    Ganz ehrlich: Das klingt im ersten Moment nach einem zusammenkonstruierten Klischee-Figuren-Arsenal aus der Familienfilm-Hölle. Gerade bei einem Charakter namens Podcast, der ständig alles für seinen Podcast aufzeichnet, den dann sowieso niemand hört, stehen die Chancen natürlich extrem gut, dass er sich als gnadenloser Nervbolzen entpuppt. Aber Pustekuchen! Mein Gott, sind die Figuren in „Ghostbusters: Legacy“ durch die Bank weg sympathisch, lässig und lustig. Da vermisst man die Geister in der ersten Dreiviertelstunde wirklich kein bisschen. Mit denen würde man echt gern mal Rumhängen, selbst wenn man mit dieser Truppe im Gegensatz zu den originalen Ghostbustern wohl eher einen Milkshake als ein Bier trinken gehen würde.

    Der Auftritt der Mini-Marshmallow-Männer fängt niedlich an - wird dann aber auch ganz schnell ganz schön böse...

    Wenn die Geister dann doch auftauchen, gibt es keinen seelenlosen CGI-Overkill, sondern eine kleine, aber feine Auswahl: Ein metallfressender Cousin von Slimer und eine Horde Mini-Marshmallow-Männer begeistern mit süßer Optik und einem wunderbar trockenen, manchmal ganz schön schwarzen Humor. Statt einfach auf Masse zu setzen, holen die Macher*innen das Maximum an zündenden Gags und kreativen Einfällen aus ihrem sehr überschaubaren Geister-Ensemble heraus. Es ist eben auch klar: Die größten Highlights von „Ghostbusters: Legacy“ sind nicht die neuesten Ektoplasma-Schöpfungen …

    … sondern im Gegenteil die Rückbezüge auf die Vorgänger: Der 1977 geborene Jason Reitman war als Sohn von Original-Regisseur Ivan Reitman damals schon mit am Set der ersten beiden Filme – und kann deshalb die nostalgischen Gefühle vieler Fans so gut wie nur wenige nachvollziehen. „Ghostbusters: Legacy“ ist eine einzige gewaltige Easter-Egg-Suche, bei dem jeder noch so kleine Blick auf eine Geisterfalle, auf einen Protonenstrahler oder natürlich den Ecto-1 gnadenlos abgefeiert wird (ohne dabei die neuen Figuren zu verdrängen). Und wenn dann vielleicht noch der eine oder andere Original-Star auftaucht, ist da sofort ein Gefühl von Zuneigung und Vertrautheit, das man so leicht auch einfach gar nicht faken könnte.

    Fazit: Ein ungemein charmantes und sauunterhaltsames Familien-Fantasy-Abenteuer, das im Gegensatz zu den vielen Möchtegern-Nostalgie-Vehikeln der vergangenen Jahre ein Art von popkulturellem Fan-Service bietet, der nicht einfach nur wie zynische Geldschneiderei wirkt, sondern tatsächlich zu Herzen geht.

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