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    Porno - Dämonische Verführung
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Porno - Dämonische Verführung

    Das Porno-Pendant zu Pennywise!

    Von Janick Nolting

    Wenn im Horrorkino Teenager gegen das Böse kämpfen, dann muss das nicht immer nur für Angst und Schrecken sorgen, sondern ist häufig auch für Lacher gut: Während in „Attack The Block“ beispielsweise ein paar kleinkriminelle Teenies mit vergnüglichem Verve gegen Außerirdische zu Felde ziehen, geht in „John Dies At The End“ ein Drogentrip auf absurd-unterhaltsame Weise ganz gewaltig schief und in „Scouts vs. Zombies“ erfährt man, was passiert, wenn sich eine Gruppe patenter Pfadfinder gegen Untote zur Wehr setzen muss. Dass das Genre der Horrorkomödie derartigen Konstellationen noch immer längst nicht ausgeschöpft hat, beweist nun Regisseur Keola Racela mit seinem schrägen Langfilmdebüt „Porno“. Was gab’s noch nicht? Na klar: Christliche Teens, die in einem Kino gegen einen Sex-Dämon antreten! Diese Prämisse hört sich in der Theorie allerdings wilder an, als sie dann auf der Leinwand tatsächlich umgesetzt wird.

    Eine amerikanische Kleinstadt, Anfang der 90er Jahre: Fünf strenggläubige Jugendliche, vier Jungen und ein Mädchen, arbeiten im örtlichen Kino. Vor der Schicht ruft ihr Chef Mr. Pike (Bill Phillips) erstmal zum Gebet, bevor er seine heiligen Hallen den Teenies überlässt, die sich nach Feierabend wie jeden Freitag auf einen gepflegten Filmabend im leeren Kinosaal freuen. Blöd nur, dass ihnen erst ein verwirrter, randalierender alter Mann (Peter Reznikoff) einen Strich durch die Rechnung macht und sie dann auch noch aus Versehen eine Sex-Dämonin (Katelyn Pearce) zum Leben erwecken, die fortan Jagd auf die verklemmten Jugendlichen macht…

    Die christlichen Kartenabreißer und Popcorn-Verkäufer müssen es mit einer Sex-Dämonin aufnehmen.

    Völlig unsympathisch fängt Keola Racelas Langfilmdebüt nicht an, das muss man ihm lassen! Bevor das blutrünstige Sex-Monster sein Unwesen treibt, müssen erstmal ganz andere Probleme geklärt werden. Zum Beispiel sorgt da die Frage für Streit, welcher Film denn nun gemeinsam nach Schichtende geschaut werden soll. Zur Auswahl stehen die Brendan-Fraser-Komödie „Steinzeit Junior“ und der Baseballfilm „Eine Klasse für sich“. Und das ist vermutlich schon der größte Gag in „Porno“, diese Wahl zwischen Not und Elend, für die sie manch einer halten mag. Aber es ist immerhin ziemlich unterhaltsam, den Teenies beim Diskutieren zuzusehen. In ihrem christlichen Glaubenskorsett gefangen erhoffen sie sich, in dem Baseballfilm über eine Frauenmannschaft vielleicht einen Blick auf halbnackte Mädels (inklusive Madonna) in den Umkleide-Szenen erhaschen zu können.

    Volle Kanne Neunziger!

    Beide Filme, die in dem Kino laufen, werden in „Porno“ immer wieder zitiert. Da darf zum Beispiel das berühmte „There’s no crying in baseball!“ des wütenden Tom Hanks aus „Eine Klasse für sich“ nicht fehlen, auch wenn aus diesen Anspielungen insgesamt recht wenig gemacht wird. Generell hat sich Racela offensichtlich vom Komödien-Kino der Neunziger inspirieren lassen. Ein bisschen Slapstick hier, ein bisschen Geschmacklosigkeit da und ganz viele verpeilte Figuren, die sich im Angesicht eines Sex-Dämons zusammenraufen müssen. Das erinnert in Sachen Humor und Tonfall mitunter an die Hochzeiten der Highschool-Komödien, scheitert aber als Genre-Mix, sobald dann auch der Horror mit ins Spiel gebracht wird.

    Die nackte Dämonin kommt nicht etwa aus dem Eis wie Brendan Fraser in „Steinzeit Junior“, sondern wird durch das Abspielen einer verfluchten Porno-Filmrolle, die sich als Mischung aus Giallo-Horror und Kenneth-Anger-Experimentalfilm entpuppt, heraufbeschworen. Das Horror-Kammerspiel, das sich dann entwickelt, wenn die Jugendlichen erst einmal mit dem Dämon in dem Kino gefangen sind, ist allerdings so kraftlos und undynamisch umgesetzt, dass dem Film schnell die Puste ausgeht. „Porno“ hangelt sich von einem kindischen Sex-Witz zum nächsten, ohne dass es jemals so wirklich unartig wird. Katelyn Pearce spielt den bösen Succubus-Dämonin die meiste Zeit oben ohne – und das wäre dann eigentlich auch schon das Schlüpfrigste an diesem Film, wäre da nicht DIESE eine Szene.

    Zumindest einmal wird’s richtig krass

    Achtung: Szenen-Spoiler im folgenden Absatz!

    Der böse Sex-Geist liebt es nämlich, seinen männlichen Opfern die Hoden zum Platzen zu bringen, was schließlich in einer Szene gipfelt, die mit einer schmerzhaften Nahaufnahme und einer sehr echt aussehenden Prothese verstörende Erinnerungen an Lars von Triers „Antichrist“ weckt. In diesem Moment erreicht „Porno“ tatsächlich einen bösen Witz, bei dem man zwar lachen muss, aber sich zugleich auch angewidert die Augen zuhalten möchte. Mehr davon hätte dem Film sicherlich gutgetan, aber bis auf ein paar kleine Splatter-Einlagen traut sich „Porno“ einfach nicht, einen Schritt weiterzugehen. Der Film versucht zwar krampfhaft, das Publikum mit ein paar Jump Scares zu erschrecken, eine gruselige Atmosphäre entsteht so aber nicht.

    Auch das Poster ist durch und durch retro - sieht sogar eher nach den Siebzigern oder Achtigern als nach den Neunzigern aus.

    Dabei hätte die Prämisse so viel Potential für eine wirklich clevere Komödie gehabt. Wenn die bibeltreuen Teenager gegen ihren pubertären Hormonstau ankämpfen, taucht der Porno-Dämon dabei in der Gestalt der ultimativen sexuellen Fantasie des jeweiligen Opfers auf (quasi die Porno-Parodie auf Clown Pennywise aus „ES“). Aber auch diese Szenen bleiben insgesamt viel zu brav. Zudem wird die Dynamik zwischen den Figuren nach dem ersten Drittel kein Stück weiterentwickelt, individuelle Charakterzüge und ein dynamisches Zusammenspiel sind da größtenteils Fehlanzeige. Da nützen auch die motiviert wirkenden Darsteller nichts. Wenn dann auch noch einer der Jungs unfreiwillig als homosexuell geoutet wird und „Porno“ deshalb plötzlich ernste Töne anzuschlagen versucht, wird’s in diesem Kontext eher peinlich. Der Film will offensichtlich sehr schwarz und böse sein, aber beim Zusehen schleicht sich stattdessen Langeweile ein. „Porno“ ist ein Beispiel dafür, wie ein Projekt scheitern kann, wenn ein Film krampfhaft auf „Kult“ gepolt wird.

    Fazit: Der Titel ist eine Mogelpackung, denn schlüpfriger als der Titel wird´s nicht! „Porno“ funktioniert trotz seines sympathischen Retro-Einstiegs weder als Komödie noch als Horrorfilm richtig gut und ist am Ende trotz aufgesetzter Geschmacklosigkeiten ähnlich prüde und verklemmt wie seine Figuren.

    Wir haben „Porno“ auf dem Fantasy Filmfest 2019 gesehen.

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