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    Making Monsters
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Making Monsters

    Jagd auf die Influencer!

    Von Janick Nolting

    Ein guter Prank geht immer: Horrorclowns lauern im Park auf ihre ahnungslosen Opfer! Hunde werden in Spinnenkostüme gesteckt und auf möglichst arachnophobe Menschen losgelassen! Feuerwerkskörper werden im Zimmer einer schlafenden Person neben dem Bett gezündet! Derartige Videos sind aus dem Internet längst nicht mehr wegzudenken, sondern werden stattdessen immer wieder millionenfach angeklickt. Ein YouTube-Trend, der nun auch dem kanadischen Regisseur Justin Harding eine Steilvorlage für seinen ersten Langfilm liefert: Bei seinen vielbeachteten Kurzfilmen wie „Kookie“ oder „Latched“ hat der Nachwuchskünstler bereits ein gutes Händchen für atmosphärischen Old-School-Grusel bewiesen und auch mit seinem neuen Werk bleibt er dem Genre treu. In „Making Monsters“ schickt er ein Influencer-Pärchen auf einen grausamen Survivaltrip auf dem kanadischen Land. Allerdings wird man dabei den Eindruck nicht los, dass sich Harding für sein Langfilmdebüt etwas zu viel vorgenommen hat.

    Christian (Tim Loden) ist ein Star im Internet. Mehr als zehn Millionen Fans schauen ihm regelmäßig dabei zu, wie er seiner Frau Alana (Alana Elmer) üble Streiche spielt und sie so (fast) zu Tode erschreckt. Während die Eheleute im Netz bereits einen beachtlichen Promi-Status genießen, kriselt es im Privaten jedoch gewaltig. Das Pärchen möchte unbedingt ein Kind, doch Alana wird einfach nicht schwanger, wobei die ständige Angst vor dem nächsten Prank wohl auch eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen scheint. Eine Auszeit auf dem Land soll helfen. Die beiden wollen das Wochenende in einer umgebauten Kirche verbringen, doch dort bekommen sie es nach einer wilden, drogengeschwängerten Partynacht zunehmend mit der Angst zu tun. Irgendjemand oder irgendetwas scheint es auf die Influencer abgesehen zu haben …

    Zumindest das Masken-Design ist sehr gut gelungen!

    Die erste Szene des Films ist im Grunde genommen fast schon eine Mogelpackung. Da rennt ein blutüberströmter, nackter Mann panisch über ein Feld, hinter ihm ein maskierter Killer, der das Gewehr bereits gezückt hat und seinem Opfer obendrein auch noch einen Arm abhackt. Dieser brutale Auftakt könnte so auch aus einem klassischen Slasherfilm stammen, doch bevor „Making Monsters“ zu diesem Genre zurückkehrt, vergehen fast 70 Minuten – und dann ist der Film eigentlich auch fast schon wieder vorbei. Wer sich von „Making Monsters“ also ein klassisches Backwood-Gemetzel erwartet, wird vermutlich eher enttäuscht. Justin Harding verbringt stattdessen lieber die meiste Zeit des Films damit, seine Figuren und mit ihnen das Publikum im Dunkeln tappen zu lassen, wer oder was dem Influencer-Pärchen in der abgelegenen Kirche denn nun so übel mitspielt. Das klingt in der Theorie erst einmal spannend, ist es aber aufgrund der unbeholfenen Umsetzung nur selten.

    Ein zu vollgestopftes Skript

    „Making Monsters“ besteht aus zu vielen Versatzstücken, die sich einfach nicht zu einem stimmigen Gesamtbild fügen wollen. Harding dämonisiert seine Protagonisten und ihren sonst oft belächelten „Beruf“ zum Glück nicht voreilig. Alles andere wäre im Jahr 2019, in dem sich das Influencer-Dasein – aller Unkenrufen zum Trotz – seinen Platz in der Gesellschaft erstritten hat, auch schrecklich altbacken. Stattdessen kann das verpeilte Paar sogar durchaus Sympathiepunkte einheimsen! Tim Loden und Alana Elmer stürzen sich bemüht in ihre Rollen, auch wenn beide nicht gerade das größte schauspielerische Talent besitzen. Klare charakterliche Konturen bekommen die zwei allerdings nicht. Alana pflegt offenbar eine besondere Beziehung zum Übersinnlichen und kann womöglich sogar Geister sehen. Aber damit sind wir zugleich auch bei einem der zentralen Probleme des Films: Harding erzählt die Einzelteile der Handlung häufig einfach nicht zu Ende.

    Wenn sich in einer ausführlichen Albtraumsequenz im zweiten Akt das Dämonische in den Mittelpunkt drängt, dann spielt der Regisseur seine größte Stärke aus, die auch schon seine Kurzfilme so sehenswert gemacht hab: das Kreaturendesign! Das Monster, das da plötzlich im Haus auftaucht, ist schön fies anzusehen und wird so geschickt im Halbdunkel versteckt, dass man gar nicht dazu kommt, eventuelle Mängel beim Make-Up ausfindig zu machen. Leider wird auch dieses Element in der Handlung später völlig fallengelassen und spielt eigentlich gar keine Rolle mehr. Warum das Monster vorher so groß aufgebaut wurde, erschließt sich dem Zuschauer nicht (selbst wenn man das gruselige Gastspiel trotzdem nicht missen will).

    Das böse, böse Internet

    Und damit wieder zurück zum eigentlichen Kern der Geschichte: Obwohl „Making Monsters“ seinen Internet-Stars wie gesagt mit einer gewissen Liebe entgegentritt, lässt sich Harding einige Seitenhiebe gegen die Netzkultur trotzdem nicht nehmen. Diese satirischen Einlagen, die vor allem in der ersten Hälfte eingestreut werden, wollen jedoch nicht so recht zünden. Da wird kurz diskutiert, dass die Menschen im Internet alles Voyeure sind und anderen gern beim Leiden zusehen. Dieser Ansatz hätte durchaus das Potential gehabt, um den ganzen Film auf eine Metaebene zu ziehen, schließlich fußen ja nicht nur YouTube-Pranks, sondern auch das ganze Horrorgenre auf dieser Art von Voyeurismus. Stattdessen bleibt es aber bei dieser kleinen Randnotiz.

    Das wäre alles natürlich nicht halb so schlimm, wenn dann wenigstens der Horrorteil gut funktionieren würde. Aber dafür fehlt Harding noch an Gespür für Atmosphäre und Timing. „Making Monsters“ ist einfach nicht spannend, dafür wirkt das alles zu durchschnittlich und gezwungen, vor allem die Musik ist so übertrieben, dass der Film teilweise schon als Parodie durchgehen könnte. Auch visuell sehen die blassen, viel zu weichgezeichneten Bilder allzu billig aus. Nach der bereits erwähnten, stark gelungenen Albtraumsequenz entscheidet sich Harding für einen anderen (falschen) Weg und versucht auf Biegen und Brechen, einen möglich extremen Terrorfilm hinzulegen, dessen Auflösung man allerdings schon von Weitem kommen sieht. Wenn schließlich wieder der Mörder vom Beginn mit seiner tatsächlich ziemlich gruseligen Maske auftaucht, wünscht man sich, dass Harding ohne die ganzen Umschweife direkt an dieser Stelle eingestiegen wäre – oder es auch bei „Making Monsters“ wieder bei einem Kurzfilm belassen hätte.

    Fazit: „Making Monsters“ arbeitet sich bis zum schön derben Finale an einigen prinzipiell vielversprechenden, aber meist nur angerissenen Ideen ab. So gerät das unentschlossene Langfilmdebüt von Justin Harding insgesamt einfach zu spannungsarm.

    Wir haben „Making Monsters“ auf dem Fantasy Filmfest 2019 gesehen.

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