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    Der Prinz von Ägypten
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Der Prinz von Ägypten
    Von Matthias Hopf

    Bibelverfilmungen werden in der Regel mit großen Monumentalfilmen à la „Die zehn Gebote" mit Charlton Heston oder „König der Könige" von Nicholas Ray assoziiert. Neben gigantischen Massenszenen ist auch eine epische Lauflänge nahezu obligatorisch. Ganz im Gegensatz dazu steht Brenda Chapmans, Steve Hickners und Simon Wells' Adaption des 2. Buch Mose. Das Regie-Trio hat die Geschichte des Moses nicht nur in einen verhältnismäßig kompakten 100-Minüter komprimiert, sondern auch visuell einen völlig anderen Zugang gesucht. Anstatt gewaltigen Nachbauten von Palästen und jeder Menge Statisten lockt „Der Prinz von Ägypten" mit stilsicherer Zeichentrick-Ästhetik, tollen Sprechern und einer klugen Interpretation des Bibel-Stoffes.

    Das 2. Buch Mose, der Exodus, erzählt von Moses und seinem Auszug aus Ägypten. Unter der Herrschaft des Pharaos Sethos I. sollen alle israelischen Neugeborenen umgebracht werden, da dieser fürchtet, dass das Volk der Hebräer zu stark werden könnte. Aus Angst vor den Todesschwadronen setzt Jochebed ihren Sohn in einem Körbchen auf dem Nil aus, der später von der Frau des Pharaos gefunden wird. Nun wächst Moses neben Ramses, dem leiblichen Sohn des Pharaos, als Prinz auf. Doch dann erfährt er die Wahrheit und flieht in die Wüste, wo er Gott im brennenden Dornbusch begegnet. Der trägt ihm auf, das Volk der Israeliten aus der Knechtschaft zu befreien und in das gelobte Land zu führen. Daraufhin geht Mose zu seinem Halbbruder Ramses, der mittlerweile Pharao geworden ist. Doch Ramses zeigt kein Verständnis für Gottes Auftrag...

    „Der Prinz von Ägypten" erzählt eine Bibel-Geschichte, die schon mehrfach den Weg auf die Leinwand gefunden hat. Anders als in vorigen Adaptionen des Stoffes setzten die Drehbuchautoren den Fokus nicht nur auf die universelle Geschichte von Knechtschaft und Freiheit, sondern rücken neben Moses als Protagonisten auch seinen Halbbruder Ramses in den Vordergrund, der hier wesentlich mehr als ein klassischer Antagonist ist. „Der Prinz von Ägypten" eröffnet durch den erzählerischen Ansatz einer Freundschaft, die später in tragische Feindschaft umschlägt, neue Möglichkeiten der Exodus-Interpretation und starkes Drama-Potential über die ohnehin epochale Geschichte hinaus. Sensibel und einnehmend führt das Regie-Trio diese Wandlung im Verhältnis zwischen Moses und Ramses aus.

    So wird der in erster Linie für ein jüngeres Publikum entwickelte Film auch für Erwachsene interessant. „Der Prinz von Ägypten" ist nicht sonderlich verspielt und keineswegs kindisch, geschickt halten Chapman, Hickner und Wells die Balance zwischen klarer, stringenter Erzählung einerseits und dem gehaltvollen Spiel mit biblischen Themen und Motiven andererseits. Neben witzigen Momenten fließen dabei freilich auch Werte wie Freundschaft, Brüderlichkeit, Selbstfindung und Bestimmung ein – moralinsauer ist der Film dennoch zu keinem Zeitpunkt. Wohl aber flott und spannend erzählt! Dies ist vor allem der stilvollen Regie des Trios zu verdanken. Gleich zum Einstieg wird eindrucksvoll demonstriert, dass „Der Prinz von Ägypten" mit seinen farbenfrohen Bildern, schwindelerregenden Kamerafahrten und epischen Massenszenen zweifelsfrei auf eine Leinwand gehört.

    Der angemessen schwelgerische Soundtrack wurde von Hans Zimmer komponiert, Stephen Schwartz steuerte die Gesangseinlagen bei. Der Film ist damit selbstredend kein mutiges Bibel-Musical à la „Jesus Christ Superstar"-Musical, sondern vielmehr ein klassisches Disney-Produkt. Und als solches ist „Der Prinz von Ägypten" so gut, dass kleine Schwächen – etwa vernachlässigte Nebenfiguren – nicht ins Gewicht fallen. Apropos – in der Originalfassung ist „Der Prinz von Ägypten" bis in die Nebenrollen mit begnadeten Sprechern wie Patrick Stewart, Helen Mirren, Ralph Fiennes und Jeff Goldblum gesegnet. Ein Zeichentrick-Meilenstein ist Chapman, Hickner und Wells zwar nicht gelungen, als etwas anderer Monumentalfilm für Kinder und Erwachsene aber zieht ihre schnörkellos erzählte und audiovisuell packende Bibel-Adaption locker an vergleichbaren Animationsstreifen wie „Die zehn Gebote" vorbei.

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