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    We Can Be Heroes
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    We Can Be Heroes

    Jetzt übernehmen die Grundschul-Avengers

    Von Christoph Petersen

    Warum dreht jemand eine Fortsetzung zu einem 15 Jahre alten Superheldenfilm, der damals nicht nur von der Kritik verprügelt, sondern auch vom breiten Publikum weitestgehend ignoriert wurde? Einen logisch einleuchtenden Grund gibt es dafür eher nicht. Aber Robert Rodriguez („Alita: Battle Angel“) führt als Filmemacher bekanntlich schon länger eine Art Doppelleben: Während er seinen Ruhm vor allem solchen FSK-18-Kultfilmen wie „El Mariachi“, „From Dusk Till Dawn“ oder „Sin City“ verdankt, scheint er sein Regieherz nämlich zugleich auch an Actionfilme für Kinder verloren zu haben …

    … und zwar speziell an solche, die mit dermaßen kunterbunt-überbordenden Spezialeffektorgien aufwarten, dass sie in Erwachsenenaugen mitunter allergische Reaktionen auslösen. Im Gegensatz zu den drei „Spy Kids“-Missionen, die mit Erfolg in den Kinos liefen, gilt der Superhelden-Kinderfilm „Die Abenteuer von Sharkboy und Lavagirl“ mit dem späteren „Twilight“-Werwolf Taylor Lautner allerdings als finanzieller wie kreativer Fehlschlag. Trotzdem hat Netflix nun die Fortsetzung „We Can Be Heroes“ finanziert – und bei der setzt Robert Rodriguez in Sachen bonbonbuntem Wahnsinn sogar noch einen drauf.

    Wenn die erwachsenen Superhelden nicht mehr weiter wissen ...

    In der Zukunft machen sich die Menschen keine allzu großen Sorgen mehr wegen Verbrechen oder Katastrophen – denn dafür sind schließlich die Heroics da: Die von Marcus Moreno (Pedro Pascal) angeführte Superheldentruppe verursacht bei ihren Einsätzen zwar regelmäßig erheblichen Sachschaden, löst trotz allerlei interner Zwistigkeiten aber alle Probleme zur allgemeinen Zufriedenheit. Doch das Gefühl absoluter Sicherheit ist trügerisch …

    … denn als die Erde von einer riesigen Armada lilafarbener Raumschiffe angegriffen wird, haben die Heroics den außerirdischen Invasoren kaum etwas entgegenzusetzen. Stattdessen sind es die ebenfalls mit Superkräften ausgestatteten Nachkommen der Heroics, die ihre Eltern und damit die Welt retten müssen. Nur Marcus Morenos Tochter Missy (YaYa Gosselin) weiß zunächst nicht, was sie dazu beitragen soll. Denn im Gegensatz zu ihren Mitstreitern besitzt sie keine eigenen Superkräfte…

    Guppy rules!

    „We Can Be Heroes“ ist ein für sich stehendes Sequel, für das man den Vorgänger wirklich nicht gesehen haben muss: Taylor Dooley schlüpft zwar für ein paar wenige Szenen noch mal in ihre Rolle als Lavagirl, aber weil man sich offenbar die Hintertür für eine spätere Rückkehr von Taylor Lautner offenhalten will, spricht der stets maskierte Sharkboy diesmal kein einziges Wort. Stattdessen übernimmt sehr schnell die nächste Generation von Superhelden, die trotz ihres Alters schon ganz schön zulangen können.

    Die Szenendiebin Nr. 1 ist dabei fraglos Guppy (Vivien Lyra Blair), die erst sechs Jahre alte Tochter von Sharkboy und Lavagirl, die Flüssigkeiten nach Belieben verformen kann: Quasi die „Schni, schna, schnappi“-Version einer Superheldin, tritt der wandelnde Meter selbst gestandenen Bodyguards mit ordentlich Schmackes in den Allerwertesten – und im Finale reitet sie einen gewaltigen Hai aus flüssigem Metall als wäre sie Udo Kier in einem weiteren Sequel von „Iron Sky“.

    ... muss eben die nächste Generation in die Bresche springen.

    In „We Can Be Heroes“ prallt eine kunterbunte Kinderwelt auf die popkulturellen Genreexzesse, die das Kino von Robert Rodriguez seit jeher auszeichnen – und das Ergebnis ist entweder totaler Schrott oder spaßiger Trash: Bei den Spezialeffekten muss man nämlich immer wieder schon beide Augen zudrücken, etwa wenn Noodles (Lyon Daniels) seinen Hals streckt wie eine Nudel – und die vornehmlich lilafarbenen Plastiksets sehen oft aus, als würden sie aus einer Disney-Channel-Serie stammen.

    Aber insgesamt macht der hemmungslose Effekte-Wahnsinn trotzdem Laune. Beim Schauen stellt sich direkt das Gefühl ein, dass Robert Rodriguez hier gar nicht mehr groß nachdenkt, sondern einfach nur noch seinen ureigensten Instinkten folgt. Anders ist es jedenfalls kaum zu erklären, warum in einem Kinderfilm aus dem Jahr 2020 plötzlich der Titelsong der Siebziger-Sitcom „Mary Tyler Moore Show“ angestimmt wird – und die Superhelden-Trainings-Montage erinnert auch am ehesten an Achtziger-Action von „Karate Kid“ bis „American Fighter“.

    Erst der Anfang

    Am Ende gibt es noch eine Die-Kinder-sind-unsere-Zukunft-Botschaft, die Robert Rodriguez sicherlich absolut ernst meint und womöglich gar als Statement zur aktuellen Weltlage verstanden haben will. Aber fünf Minuten nach dem Metall-Hai unterstreicht sie den trashigen Charme von „We Can Be Heroes“ sogar noch (ähnlich wie die Besetzung von Christian Slater in einer Wegwerf-Nebenrolle als Heroics-Mitglied Tech-No).

    Und dennoch: Wenn die Kids am Ende das erste Mal gemeinsam als Team posieren, dann ist das anders als etwa am Schluss von Josh Tranks „Fantastic Four“ keine Drohung, deren Wahrmachen es mit allen Mitteln zu verhindern gilt. Stattdessen hätten wir gegen ein weiteres Abenteuer der neuen Superhelden-Generation gar nichts einzuwenden – es sollte dann aber bitte kein bisschen weniger abgedreht ausfallen! Nur den gnadenlosen Overkill der Farbe Lila dürfte Robert Rodriguez in einem potenziellen Sequel gerne etwas zurückschrauben.

    Fazit: Ein bonbonbunt-trashiger Superhelden-Spaß für coole Kids und bekiffte Eltern.

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