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    Warten auf Bojangles
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    Kinobengel
    Kinobengel

    436 Follower 526 Kritiken User folgen

    4,0
    Veröffentlicht am 14. August 2022
    2013 lief „Madmoiselle Populaire“ erfolgreich in den deutschen Kinos. Nun hat Régis Roinsard einen Bestseller von Olivier Bourdeaut verfilmt.

    Ende der 1950er werden Georges und Camille (Romain Duris, Virginie Efira) ein Paar. Sie führen ein Leben in unvorsichtiger Sorglosigkeit, auch nach der Geburt ihres geliebten Sohnes Gary (Solan Machado Graner). Rund zehn Jahre später steht es wirtschaftlich schlecht, doch Camille möchte das verdrängen.

    Wie schön waren doch die Filme aus den 1950ern, unter anderem geprägt von Doris Day, Cary Grant und einer knalligen Farbsättigung dank Technicolor! Screwball, Romance, Drama für Schmunzelgenuss vor der überbreiten Leinwand. Roinsard scheint eine Vorliebe für diese Zeit zu haben, s. „Madmoiselle Populaire“. Solche Produktionen verlangen heute einen Griff in die Tiefen der Requisitenkiste.

    Während der vorgenannte Film rein als Liebeskomödie ausgestaltet worden ist, schafft der französische Regisseur eine audiovisuelle Umgebung, die das Publikum zum Verlieben effektvoll über 60 Jahre in die Vergangenheit schickt, um dann eine ungreifbare Vermengung von Realität mit einer davon entrückten bittersüßen Viele-Ideen-Ebene darzustellen, die größtenteils im Kopf von Camille verarbeitet wird, aber gleichzeitig im gesamten Roinsard-Universum seinen Platz findet. Ob dieser Geniestreich psychologisch werthaltig ist, kann dahingestellt bleiben, denn „Warten auf Bojangles“ ist ein wunderbarer französischer Film. Der Bezug zu dem 1966 geschriebenen Song von Jerry Jeff Walker über einen tanzenden Landstreicher, der sich die Welt schön trinkt, ist schnell hergestellt.

    Virginie Efira liefert eine unglaubliche Performance ab. Sie strahlt den Rest des Ensembles einfach nieder. Die schlagartig in schwermütige Stimmung fallende Camille gelingt der Belgierin über ihre meisterlich veränderbare Mimik besonders gut. Das sind dann die unangenehm zu betrachtenden Situationen dieser Dramödie, die zwar berühren, aber wegen des fantastisch angelegten Umgangs mit der Sache nicht außerordentlich ergreifend sind. Für das Produktionsergebnis ist es nicht ausschließlich vorteilhaft, wenn eine Schauspielerin so stark heraussticht, doch Romain Duris und der bezaubernde Solan Machado Graner lassen keine blassen Momente entstehen. Selbst Grégory Gadebois in der Nebenrolle als Charles „Halunke“ versprüht Ausstrahlung. Das spricht für eine mehr als gelungene künstlerische Anleitung durch Régis Roinsard.

    „Warten auf Bojangles“ überzeugt durch Einfallsreichtum, Optik und die bewegende Hauptdarstellerin Virginie Efira.
    Christoph K.
    Christoph K.

    144 Follower 320 Kritiken User folgen

    3,0
    Veröffentlicht am 20. Juli 2022
    Also ich beisse ja jedesmal auf den Rückenlehne des Vordersessels, wenn ich im Sneak erkenne, dass schon wieder ein französischer Fernsehfilm gezeigt wird. Himmel: Kann UCI mal woanders räubern? Wie wäre es mal mit einem argentinischen Film, oder einem Südkoreanischen? Allerdings hat mich "Warten auf Bojangles" doch positiv überrascht. Besonders glanzvoll waren die Darbietungen der 4 Hauptschauspieler. Allesamt hervorragend glaubwürdig - und das war bei den gezeigten Charakteren wirklich nicht so einfach. Auch hat die Regie alles richtig gemacht. Tolle Settings! In solche Szenen am Ende, der spanische Tanz, darin kann man sich verlieben. Es wird eine Kraft und Anmut gezeigt - herrlich! Nun aber das Negative: Den Film sieht man, aber vergisst ihn ebenso schnell. Im Fernsehen ist der Film sicherlich eine Perle, im Kino aber irgendwie deplaziert. Es hat halt nicht das Besondere, Schwere. Im Fernsehen sichrlich sehenswert, im Kino nicht.
    FILMGENUSS
    FILMGENUSS

    560 Follower 942 Kritiken User folgen

    3,5
    Veröffentlicht am 12. August 2022
    DAS LEBEN FEIERN BIS DER ARZT KOMMT
    von Michael Grünwald / filmgenuss.com

    Das Melodrama ist zurück! Schon lange habe ich im Kino keinen Film mehr gesehen wie diesen. Man hätte ja meinen können, dieses Genre gilt bisweilen als obsolet, und lediglich Romanzen der jugendlichen Sorte, die gerne gewissen erfolgsgarantierten Formeln folgen, hätten ihr Publikum. Normalerweise lasse ich mich zum Melodrama nicht unbedingt hinreißen. Die ersten Echos aus diversen filmkritischen Quellen haben mich dann doch dazu bewogen, mir Warten auf Bojangles anzusehen. Und das nicht zuletzt wegen der so charismatischen wie sinnlichen Hauptdarstellerin Virginie Efira und vor allem auch wegen den zaghaften, aber doch vorhandenen Vergleichen mit Der fabelhaften Welt der Amelie.

    Nun, eine auch nur irgendwie geartete Verbindung zu letzterem konnte ich nicht feststellen. Mit Jeunets märchenhafter Bildsprache hat Warten auf Bojangles weniger etwas zu tun, sondern viel mehr mit Geschichten, die von der Koexistenz mit psychisch kranken Menschen erzählen. In diesem Fall gibt Virginie Efira, zuletzt ausgiebig hüllenlos in Paul Verhoevens Klosterdrama Benedetta, einen manisch-depressiven Wirbelwind, der mit allen möglichen Namen, nur selten mit dem eigenen, angesprochen und darüber hinaus gesiezt werden will. Auch vom Gatten Romain Duris und ihrem kleinen Sohn. Da erkennt man schon: diese verlorene Seele wird wohl allein mit der innerfamiliären Liebe, die ihr entgegengebracht wird, nicht gesunden können. Da braucht es andere Methoden. Das Wissen der Psychiatrie. Doch inmitten der Sechziger Jahre wähnte diese sich noch mit Sedativen und Eisbädern auf der sicheren Seite. Hilft gar nichts mehr, dann nur noch die Lobotomie. Bevor es jedoch soweit kommt, ist das ausschweifende Partyleben der beiden bedingungslos Liebenden auch eine Art Peter Pan-Abenteuer für den kleinen Gary (bezaubernd: Solan Machado-Graner), der sich trotz der oder gerade wegen der unorthodoxen Wunderwelt, die seine Eltern da errichtet haben, so richtig geborgen fühlt. Das Leben zu genießen und im Moment zu leben, ist eine Sache. Durchaus lobenswert natürlich, aber nicht ausschließlich. Die andere Sache ist das Entgleiten einer verantwortungsvollen Existenz, ohne die ein Leben unweigerlich im Chaos mündet.

    Régis Roinsard (unbedingt ansehen: Mademoiselle Populaire – ein bezauberndes kleines Meisterwerk) hat Olivier Bourdeauts bittersüßen Roman wie eine schwerelos-überzeichnete und stellenweise auch rücksichtslos überdrehte französische Komödie adaptiert, die, sobald das Dilemma offenbar wird, zwar deutlich tragischer und ernsthafter wird, jedoch niemals in seiner existenzialistischen Schwere versinkt. Diese Leichtigkeit gäbe es in anderen Filmnationen wohl nicht. In Warten auf Bojangles, bezugnehmend auf das wiederholt zu hörende, schmachtvolle Lieblingslied des nonkonformen Liebespaares, lädt die Unmöglichkeit, mit einer massiven Krankheit wie dieser glücklich in die Zukunft hineinzuleben, zu eskapistischen Kapriolen ein. Dabei wundert es gar, dass der Film nicht in eine phantastische Alternativwelt abgleitet – insbesondere für den kleinen Gary. Der Junge ist letzten Endes der eigentlich Leidtragende der ganzen Tragödie, und der Verlust elterlicher Obhut führt zur Entrüstung, welche die sonst gelungene, teils untröstliche, weil traurige Tragikomödie unverstanden in den Abspann entlässt.
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