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    Kampf der Titanen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Kampf der Titanen
    Von Jan Hamm

    Dass Avatar-Star Sam Worthington diese Tage äußerst selbstbewusst auftritt, dürfte nicht verwundern – immerhin hat er den Cast des erfolgreichsten Films aller Zeiten angeführt. Beim Plausch über seinen nächsten Blockbuster Kampf der Titanen nimmt der australische Shooting-Star kein Blatt vor den Mund: Sicher hätte er zur Vorbereitung Desmond Davis' Original von 1981 geschaut. Aber nur zur Hälfte - Hand aufs Herz, der Streifen sei nunmal nicht der zeitlose Klassiker, als den Fanboys ihn lesen. Und so falsch liegt er da gar nicht. „Kampf der Titanen" dokumentiert den letzten Auftritt des großen Stop-Motion-Meisters Ray Harryhausen. Vier Jahre zuvor hatte George Lucas' Krieg der Sterne den tricktechnischen Horizont fantastischer Welten radikal erweitert, so dass Harryhausens Spezieleffekte bereits 1981 anachronistisch daherkamen. Sein antikes Bestiarium versprüht den Charme liebevoller Detailarbeit, wirkt aber aufgrund der stilistisch verunglückten Einarbeitung in den Film wie ein Fremdkörper. Umso mehr, als dass ausgerechnet die Darstellerriege höchst unbeeindruckt auf die als zyklopische Bedrohung angelegten Monster reagiert. Als unterhaltsamer Märchenspaß mit herzlichem Trash-Appeal jedoch geht „Kampf der Titanen" auch heute noch durch.

    Perseus (Harry Hamlin) ist der Sohn des Zeus (Laurence Olivier) und einer Sterblichen. Kaum den Kindersandalen entwachsen, wird er zum Spielball einer olympischen Intrige. Die eifersüchtige Göttin Thetis (Maggie Smith) bringt Perseus ins ferne Joppa, das ehemalige Reich ihres nunmehr verfluchten Sohnes Calibos (Neil McCarthy). Der kann die Schmach der geplatzten Hochzeit mit Prinzessin Andromeda (Judi Bowker) nicht verkraften und stellt fortan jedem Neuanwärter gleichermaßen unlösbare wie tödliche Rätsel. Perseus jedoch triumphiert und gewinnt die jungfräuliche Schönheit für sich. Thetis, die nun endgültig die Faxen dicke hat, verlangt den Opfertod des Mädchens. Sollte Joppa sich der Forderung entziehen, droht die verheerende Attacke des mächtigen Kraken, Sohn des Meeresgottes Poseidon. Gemeinsam mit einer Schar Elitekrieger, seiner Anvertrauten und dem weisen Ammon (Burgess Meredith) begibt sich Perseus auf die abenteuerliche Jagd nach dem Haupt der Medusa – der einzig wirksamen Waffe gegen das ansonsten unbesiegbare Seeungeheuer...

    Freunde antiker Schauermären werfen längst die Stirn in Falten. Mit dem eigentlichen Perseus-Mythos teilt sich „Kampf der Titanen" nämlich bloß die Wegstationen der Heldenqueste. Drehbuchautorin Beverly Cross, die auch für frühere Harryhausen-Werke die Feder schwang, verlagert Fragmente der Sage ins Korsett des Rittermärchens. Wurde Perseus' Abenteuer ursprünglich als Selbstmordmission im Auftrag des verschlagenen König Polydektes tradiert, dient hier die Liebe zur Andromeda als Hauptmotiv. Ein unbedarfter Jüngling muss zum Helden reifen, seiner Prinzessin das Leben retten und an die Spitze ihres Reiches treten. Eine durchaus legitime Umdichtung, wäre Harry Hamlins Perseus bloß nicht so ein sterbenslangweiliges Kerlchen. Mit stoisch-naiver Miene trottet er seinem Schicksal hinterher, ein nennenswertes Gefühlsleben scheint ihm abzugehen.

    Nahezu zynisch wirkt seine Gleichgültigkeit über fallende Kameraden, fast unfreiwillig komisch sein dämlicher Entschluss, das Medusenhaupt nach dem unvermeidlichen Sieg über den Kraken einfach ins Meer zu pfeffern. Was hatte der Ur-Perseus Schneid: Er verwahrte die Wunderwaffe, ließ Widersacher um Widersacher in die Augen der Gorgonin blicken und versteinerte so ganze Feindesheere. Auch Judi Bowkers Andromeda leistet keinen Beitrag, die umgedeutete Sage packender zu gestalten. Gerade beim Todesmarsch zum Opferfelsen wäre wenigstens eine leise Andeutung existenzieller Angst wünschenswert gewesen. Dabei hat Screamqueen Fay Wray mit ihrem legendären King Kong-Auftritt schon rund ein halbes Jahrhundert zuvor demonstriert, wie mitreißend Stop-Motion-Monster angespielt werden können.

    Verblüffend wirkt dagegen das popkulturelle Selbstbewusstsein, das „Kampf der Titanen" immer wieder auffährt. Sei es via Ur-Bond-Girl und Sexsymbol Ursula Andress (James Bond 007 jagt Dr. No) als Liebesgöttin Aphrodite oder mit Hephaistos' kleiner Mecha-Eule Bubo. Noch bevor das niedliche Wesen zum 360-Grad-Kopfschwenk samt wildem Gezirpe ansetzt, ist die Verneigung vor Lucas' „Krieg der Sterne"-Robo-Sidekick R2-D2 offensichtlich. Bubo, wie auch der sturköpfige Pegasus oder die diabolische Medusa, sind Zeugnisse der innigen Liebe, die Ray Harryhausen für seine Geschöpfe empfindet und wirken nicht selten emotional greifbarer als ihre menschlichen Pendants. Wenn sich Calibos-Darsteller Neil McCarthy und seine Puppe zwischen Close-Up und Totale abwechseln, wird die mangelhafte Physis der Stop-Motion-Technik allerdings unübersehbar.

    Dennoch ist „Kampf der Titanen" ein Film, der letzten Endes von seiner hübsch ausgestatteten und charmanten Umsetzung antiker Mythosbilder lebt. Das prächtige Joppa oder die Lauer der Medusa bergen Schauwert genug, um den Film über die lauwarme Dramaturgie und die laschen Figuren hinaus sehenswert zu gestalten. Dass Desmond Davis keine würdevolle Adaption der Perseus-Sage inszeniert hat, ist ihm schwerlich vorzuwerfen – dafür ist sein Spaßprogramm mit trashigen Ideen, etwa Zeus' plakativer Lichtstrahlenkorona oder olympischen Kaffeeklatschrunden, zu offen ausgespielt. Es ist gerade dieser sympathische Gestus, der „Kampf der Titanen" trotz tricktechnisch und erzählerisch geringer Halbwertszeit über die Jahre im Gedächtnis gehalten hat. Im Konsolen-Hit „God Of War 2" von 2007 schickte Metzelgott Kratos einen virtuellen – und tatsächlich vom gastierenden Hamlin gesprochenen – Perseus endgültig in den Hades. Also: Bühne frei für Sam Worthington!

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