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    Mina und die Traumzauberer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Mina und die Traumzauberer

    Eine lohnende Alternative zu Pixar & Co.

    Von Karin Jirsak

    Wie und wo entstehen unsere Träume? Eine fantasievolle Antwort auf diese Frage findet das Animations-Kleinod „Mina und die Traumzauberer“ aus Dänemark. Mit viel Gespür für die Lebens- und Gefühlswelt von Kindern zeigt Regisseur Kim Hagen Jensen in seinem Langfilmdebüt, dass es durchaus möglich ist, eine ebenso ungewöhnliche wie pädagogisch wertvolle Geschichte zu erzählen und Jung & Alt dabei auch noch ganz vorzüglich zu unterhalten. Dazu bedarf es nicht mal eines übermächtigen Feindes, den es zu besiegen gilt...

    Als ihr Papa John eine neue Frau kennenlernt, wird es für Mina kompliziert: Mit Helenes Tochter Jenny bekommt sie eine gleichaltrige Stiefschwester, die den ganzen Tag Selfies macht und für ihre mehr als 1.000 Follower postet. Mit ihrem neuen Leben auf dem Land kann sie dagegen gar nichts anfangen und lässt ihren Frust an der ruhigen und verträumten Mina aus. Als Jenny schließlich droht, dafür zu sorgen, dass Minas Hamster ins Tierheim kommt, ist das Maß voll. Da entdeckt Mina im Schlaf ein großes Geheimnis: den Ort, an dem die Träume gemacht werden! Mit Hilfe des dafür zuständigen Traumzauberers Gaff (deutsche Stimme: Puppet-Comedian Martin Reinl) manipuliert sie Jennys Träume, um sie von ihrem Plan abzubringen – und bringt ihre Stiefschwester damit unbeabsichtigt in große Gefahr...

    Mina und ihre Stiefschwester Jenny kommen zu Beginn gar nicht miteinander klar.

    Die Idee zu dieser bezaubernden Geschichte entstand wohl tatsächlich im Schlaf: Regisseur Kim Hagen Jensen träumte eines Nachts davon, durch einen Spalt hinter die Kulissen seines Traums zu blicken, wo er die „Bauarbeiter“ sah, die ihn und die anderen Menschen mit maßgeschneiderten Träumen versorgen. Aber auch, wenn es um Träume geht: der Konflikt, der hier im Zentrum steht, ist ein für viele Kinder sehr realer! Die Eltern trennen sich, ein Elternteil findet einen neuen Partner, die Lebenssituation ändert sich und das ist für alle Beteiligten erst mal sehr schwierig. Eine ganz große Stärke von „Mina und die Traumzauberer“ ist, dass er die Probleme seiner jungen Protagonisten ernstnimmt und sie in lebensnahen Situationen und Gefühlslagen beobachtet.

    Dabei zeigt sich auch, dass es keinen großen, bösen Zauberer braucht, der gleich die ganze Welt vernichten will, um einen spannenden Konflikt zu schaffen. Eine Stiefschwester, die dafür sorgen will, dass der geliebte Hamster (mit dem niedlichen Namen Viggo Mortensen!) ins Tierheim kommt, reicht vollkommen aus und ist emotional sogar um einiges effektiver als das gerade in Filmen mit fantastischem Moment ständig wiedergekäute Armageddon-Narrativ, in dem das Gute das Böse niederringen oder auslöschen muss.

    Spannend auch ohne Weltzerstörungsszenario

    Von Anfang an geht es hier nicht darum, einen Feind zu besiegen, sondern um konstruktive Konfliktlösung. Darum, einen Konsens zu finden, damit friedliche Koexistenz möglich ist. Eine im Unterhaltungsfilm allgemein seltene und dabei sehr wertvolle Botschaft, verpackt in eine Erzählung voller origineller Ideen und Überraschungen, die auch erwachsene Zuschauer dazu einlädt, sehr kurzweilige 80 Minuten lang dem Alltag zu entfliehen und mit Mina die Welt hinter den Träumen zu entdecken.

    Dank detailreicher, lichtdurchfluteter Animationen, geschaffen im dänischen Animationsstudio Hydralab, springt dabei der magische Funke zu jeder Zeit über. Nicht nur in der steampunkigen Traumwelt mit den lustigen Roboterwesen, von denen die Traumsets fabriziert werden: Ob Minas vom Wind zerzauste Haare, die Wollfasern ihres gestreiften Strickpullis (der hier eine besondere Rolle spielt) oder das Zottelfell von Hamster Viggo – die Mittel der modernen Animationskunst sind hier nie effekthascherischer Selbstzweck, sondern werden funktional dazu eingesetzt, emotionale Nähe zu den Figuren herzustellen, indem mit visuellen Mitteln taktile Eindrücke vermittelt werden.

    Mina träumt sich in die Arme ihres geliebten Hamsters Viggo Mortensen.

    Zeitgemäß auch das Gesellschaftsbild, das hier vermittelt wird: Papa John schmeißt ganz selbstverständlich alleine den Haushalt und kümmert sich liebevoll um sein Kind, während seine Frau Karen die Familie offenbar verlassen hat, um als Musikerin über die Bühnen der Welt zu touren. Einen moralischen Strick dreht ihr daraus aber keiner, auch wenn es Vater und Tochter natürlich wehtut, dass Mama nicht mehr da ist. Und eine Figur wie Jenny (deutsche Stimme: Youtube-Star Julia Beautx) bietet sich natürlich auch an, um am Rande das für Kids 2.0 (leider) relevante Thema Cybermobbing aufzugreifen. Trotz ernster Themen bleibt aber – dank der sensiblen Erzählweise und viel warmherzigem Humor – am Ende dieser Traumreise ein durchweg wohliges Gefühl zurück.

    Fazit: Es müssen nicht immer Pixar & Co. sein: Aus dänischen Landen kommt hier ein echter Geheimtipp für junge und junggebliebene Animationsfans in die Kinos. Eine moderne, originelle und traumhaft schön gestaltete Geschichte, die Realität und Fantasie in wundersamem Gleichgewicht hält.

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