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    Jackass Forever
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Jackass Forever

    Mehr Schmerzen, mehr Spaß – und sehr viel mehr Penisse

    Von Christoph Petersen

    Es gibt wohl kaum einen traurigeren Anblick als einen Haufen mittelalter Männer, die versuchen, die unbeschwert-wilden Tage ihrer Jugend noch einmal aufleben zu lassen. Doch auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel: Die Jackass-Crew um den inzwischen angegrauten Johnny Knoxville ist wie ein guter Wein – und wird im Alter tatsächlich immer besser (und schmerzbefreiter). Zwölf Jahre nach dem Kinostart von „Jackass 3D“ und 22 Jahre nach der Ausstrahlung der allerersten „Jackass“-Episode auf MTV kommt mit dem erneut von Stamm-Regisseur Jeff Tremaine inszenierten „Jackass Forever“ nun der (vorläufige) Höhepunkt des Gaga-Franchises auf die große Leinwand.

    Es ist schon erstaunlich, dass die originalen „Jackass“-Stars, die inzwischen auch schon alle um die 50 sind und sich nun mit Rachel Wolfson erstmals eine Frau mit ins Boot geholt haben, nicht schon längst aufs Abstellgleis gestellt wurden. Schließlich ging YouTube bereits 2005 an den Start – und man würde meinen, dass sich dort doch bestimmt genügend durchgeknallte Jugendliche finden, um den in die Jahre gekommenen Stunt-Opis aus dem Musikfernsehen mal zu zeigen, was 'ne Harke ist. Aber Pustekuchen! Da können die TikToker*innen noch so viele Waschmaschinentabs fressen – dem Tempo, der Kühnheit und dem vollkommen schambefreiten Pipi-Kacka-Humor von „Jackass Forever“ mit seinen vielen, vielen Penissen hat der Video-Creator-Nachwuchs trotzdem kaum etwas entgegenzusetzen.

    In "Jackass Forever" treffen zwei alte Bekannte erneut aufeinander - aber diesmal kommt Johnny Knoxville nicht ohne den einen oder anderen gebrochenen Knochen davon...

    Dabei sind die „Jackass“-Verantwortlichen im Alter zwar definitiv nicht weiser, aber dafür doch wesentlich ambitionierter geworden: Nach den zahlreichen 3D-Sperenzchen im dritten Teil eröffnet der neue Film nun direkt mit einer Sequenz, in der New York von einem giftgrünen Mindestens-20-Meter-Riesenpenis attackiert wird. Allerdings ist der „Jackass Forever“-Auftakt nicht einfach nur eine mit schmerzhaften Stunts gespickte Godzilla-Parodie – auch die Spezialeffekte sind vom japanischen Kult-Original übernommen: Beim zerstörten Manhattan handelt es sich also um einen täuschend echten Miniatur-Nachbau – und bei dem Riesenpenis um das reale Geschlechtsteil von Chris Pontius, der kopfüber-verrenkt unter dem Tisch klemmt.

    Sowieso ist es die zentrale ästhetische Errungenschaft von „Jackass Forever“, uns das männliche Genital aus völlig neuen Perspektiven näherzubringen (und zwar sehr viel näher, weil gerade bei allem unter der Gürtellinie oft mit extremen Großaufnahmen gearbeitet wird): Nachdem Bam Margera, der wegen seiner anhaltenden Suchtprobleme am Set von „Jackass Forever“ gefeuert wurde, in „Jackass 3D“ noch seine Pinkel-Attacken aus der subjektiven Perspektive seines Penis filmte, wird diesmal der Hodensack von Preston Lacy von Mini-Boxhandschuhen mit Bohrmaschinen-Antrieb wie ein Punchingball malträtiert. Natürlich in Superzeitlupe, so dass man die Erschütterung bei jedem Treffer bis in die kleinste Falte hinein nachverfolgen kann.

    Genitales Dauerfeuer

    Es wird sich auf die Fresse gepackt, vollgekotzt, mit literweise Schweinesperma übergossen und in die Hose geschissen – und das (fast) durchweg mit einem Affenzahn. Parallel zieht die Schmerzensspirale immer weiter an – von Ehren McGheheys gleich vierfach grandios gescheitertem Genitalschutz-Test bis hin zu einer Neuauflage von Johnny Knoxvilles legendärem Zusammenprall mit einem wütenden Stier, der diesmal mit gleich mehreren Knochenbrüchen und einer Gehirnerschütterung endet. Sprich: Hat man beim Godzilla-Penis-Auftakt erst mal damit angefangen, kommt man bis zum Abspann fast gar nicht mehr aus dem Lachen heraus.

    Sicherlich gibt es in der zweiten Hälfte auch zwei, drei nicht ganz so starke Nummern, die wohl vor allem dazu da sind, um noch einige prominente Gaststars wie Eric André oder Machine Gun Kelly unterzubringen, aber das macht kaum was. Nach dem staccatoartigen Feuerwerk des schlechten Geschmacks, das in „Jackass Forever“ 96 Minuten hindurch abgefeuert wird, kann man die originalen „Jackass“-Episoden wahrscheinlich gar nicht mehr richtig genießen – viel zu harmlos und lahmarschig wirken da auf einmal die damals noch blutjungen MTV-Hasardeure.

    Mit Rachel Wolfson wurde nun erstmals auch eine Frau in die "Jackass"-Truppe aufgenommen.

    Da wäre es doch wirklich eine Schande, wenn „Jackass Forever“ – abgesehen von der obligatorischen Outtake-Zweitverwertung in „Jackass 4.5“ – tatsächlich der letzte „Jackass“-Auftritt bleiben würde. Aber das haben die Jungs ja damals vor zwölf Jahren bei „Jackass 3D“ auch schon angekündigt – und inzwischen trauen wir Johnny Knoxville durchaus zu, dass er jenseits der 60 noch genauso wenig dazugelernt haben wird und dann seine berüchtigten Versteckte-Kamera-Streiche als Bad Grandpa vielleicht sogar ohne das ganze Alters-Make-up absolvieren kann.

    Fazit: Glorreich-anarchischer Schmerzhaft-Schwachsinn, der einem zwischen den Lachsalven kaum noch Zeit zum Luftholen lässt.

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