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    Hatari!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Hatari!
    Von Martin Soyka

    Wenn man an den Duke zurückdenkt, dann fällt einem unwillkürlich das Western-Genre ein, dessen prominentester Vertreter John Wayne gewesen ist. Doch das hieße, diesem Giganten Unrecht zu tun. Auch in anderen Filmgattungen war er zu Hause, zum Beispiel im Abenteuerfilm. Bestes Beispiel ist „Hatari!“ (Swahili für „Gefahr“), der ebenso entspannt wie aufregend und humorvoll unterhält.

    Ostafrika vor gar nicht allzu langer Zeit: Eine Gruppe von Glücksrittern, Aussteigern und sonstigen schrägen Vögeln hat sich um den Tierfänger Sean Mercer (John Wayne) geschart. Ihr Job ist es, für Zoos auf aller Welt seltene Tiere zu fangen und zu verschiffen, vom Affen bis zum Nashorn. Das Team besteht unter anderem aus dem ehemaligen Rennfahrer Kurt Müller (Hardy Krüger), dem Indianer Little Wolf (Bruce Cabot), dem Taxifahrer Pockets (Red Buttons) und dem gemeinsamen Ziehkind Brandy (Michèle Giradon). Alles in allem ist es eine recht entspannte Zeit, die die Tierfänger miteinander verbringen. Tagsüber wird gejagt – unblutig -, abends werden Drinks genommen. Die homogene Lage verändert sich, als eines Tages ein Nashorn den Indianer ins Krankenhaus befördert. Als sein Ersatzmann empfiehlt sich der Franzose Chips (Gérard Blain), der recht zügig eins von Müller auf die Nase bekommt und ihm dann postwendend Konkurrenz um die Gunst von Brandy macht. Doch damit nicht genug: Der aus Europa erwartete Fotograf entpuppt sich sehr zum Unmut von Mercer nicht nur als Frau (Elsa Martinelli), sondern auch als ungemein rehäugig und attraktiv. Und Frauen, die nur im Weg stehen und ihm darüber hinaus auch noch gefährlich werden können, duldet Sean prinzipiell nicht in seiner Umgebung…

    Eine stringente, aus sich heraus spannende Handlung kann der Film nicht vorweisen, da muss man nicht lange diskutieren. Grund hierfür war, dass der Regisseur beim Eintreffen im heutigen Tansania wohl die Grundidee für den Film, den Duke und das Budget im Gepäck hatte, jedoch nichts, was sich irgendwie mit einem Drehbuch vergleichen lässt. Hinzu kam ein erhebliches Besetzungskarussell, da als Co-Stars Yves Montand und Clarke Gable vorgesehen waren, die aus Gründen des Budgets, der Gesundheit oder des fehlenden Drehbuchs dann noch nicht zur Verfügung standen. Aber Howard Hawks wäre nicht der gewesen, der er war, wenn er es nicht dennoch hinbekommen hätte, einen klasse Film zu drehen. Dabei setzt er auf seine Haupttrümpfe: Humor, aufregende Tierfangszenen, bei denen die Schauspieler ersichtlich selbst Hand anlegten, eine unglaublich schöne Landschaft und der wunderbare Soundtrack. Legende ist auch, wie sich die Stars des Films anfreundeten, die Zechgelage mit Wayne und Krüger sind noch heute gern erzählte Geschichten.

    Es geht um die typischen Hawks-Themen: Familie, Arbeit, Zusammenhalt und das gemeinsame Überwinden von Schwierigkeiten (hier in Form eines widerborstigen Nashorns). Das Ganze ist gerade heraus und ohne Mätzchen gefilmt. Verglichen mit den Western des Duke fällt auf, dass sich seine Rolle von den übrigen Standards etwas unterscheidet. Zwar ist Waynes Figur wie sonst auch ein Außenseiter und Profi, allerdings muss er sich auf ein Team verlassen, ohne welches es nicht geht. Doch anders als z. B. in „Red River“ bereitet ihm dies hier keine Probleme. Sein Team ist seine Familie, deren Oberhaupt er ist (sogar eine Ziehtochter ist vorhanden). Ihn kann nichts erschüttern, selten war ein von Wayne gespielter Charakter so gelassen – von seiner Rolle in „Donovan´s Reef“ mal abgesehen. Merkwürdig wird er erst, als eine Bewerberin für den Posten der Familienmutter auftaucht. Das geht ihm dann doch zu weit. Als gebranntes Kind scheut er das Feuer. Jetzt ist er mit Problemen konfrontiert, die er nicht mit der Waffe oder seinen Händen lösen kann. Dem Duke wirft sich eine Frau an den Hals, die er nicht los wird? Unerhört.

    Selten war es so unterhaltsam, Profis bei der Arbeit zuzusehen. Während die Tierfangszenen handgemacht und aufregend rüberkommen, gestaltet sich das abendliche Beieinander so, dass man als Zuschauer sich am liebsten zu den Freunden gesetzt und mit ihnen einen genommen hätte. Die amourösen Verwicklungen sind nicht wirklich plausibel, geben aber genug her, um den einen oder anderen Schlenker ins Komödienfach zu machen. Besonders nett wird es, wenn der Film von der eigentlichen Handlung ablässt und sich auf Nebenkriegsschauplätze begibt. Nie war es so schön, erwachsene Männer im Suff zu erleben. Und es ist lustig, wie die italienische Fotografin Dallas nach und nach zu einer Elefantenmutter mutiert („Mama Tembo“). Heimliches Highlight des Films ist, wie der verhinderte Erfinder Pockets mittels einer Rakete eine Vorrichtung zum massenhaften Fang von Affen erfindet – und selbst nichts vom Erfolg mitbekommt, weil er sich die Augen zuhält.

    Als unschlagbar erweist sich auch die Kombination der atemberaubenden Natur- und Jagdaufnahmen mit der unverwechselbaren Musik Henry Mancinis („Der rosarote Panther“, „Touch of Evil“, „Charade“). Ohne seinen Beitrag hätte der Film nicht im Entferntesten die Wirkung, die er hat. Dem Score entsprangen sogar veritable Hits, den berühmten „Elephant Walk“ dürfte so ziemlich jeder schon einmal gehört haben.

    Oh, wie schön ist Afrika. „Hatari“ ist purer Exkapismus, ein Traum vom Aussteigen. Es ist vielleicht nicht der spannendste Film von John Wayne, ganz sicher aber einer der unterhaltsamsten. Grund genug, sich auf dieses Abenteuer einzulassen und der Idee hinzugeben, was gewesen wäre, wenn…

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