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    Four Rooms
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Four Rooms
    Von Matthias Ball

    Manchmal ist es doch wirklich besser, einfach mal im Bett liegen zu bleiben. Es gibt einfach Tage an denen alles schief läuft. Einen dieser Tage, oder um es passender zu sagen Nächte, hat Ted (Tim Roth) erwischt. Ted ist der neue Page im ehemals noblen, nun heruntergekommenen Hotel „Mon Signor“ und soll dort ausgerechnet in der Silvesternacht zu seinen ersten Diensten antreten.

    Die Idee zu „Four Rooms“ klingt simpel: Vier Episoden, vier Hotelzimmer, vier Regisseure. Allison Anders („Gas, Food And Lodging“), Alexandre Rockwell („In The Soup“), Robert Rodriguez („Desperado“, „From Dusk Till Dawn“) und Quentin Tarantino („Reservoir Dogs“, „Pulp Fiction“), die völlig unabhängig voneinander ihre eigenen Geschichten fabrizierten, um diese in einem kompletten Stück Film miteinander zu verknüpfen. „Four Rooms“ stellt sozusagen die Spielwiese, die jedem der vier die Möglichkeit öffnete, es frei von strikten Vorgaben, so richtig krachen zu lassen. Dass solch unvorstellbare Freiheiten, zu eher unkonventionellen Ergebnissen führen, dürfte spätestens jetzt bekannt sein.

    „Four Rooms“ beginnt mit der Einweisung des bereits in die Jahre gekommenen Hotelpagen Sam (Marc Lawrence), der einst für Hollywoodgrößen wie Errol Flynn und Marilyn Monroe die Koffer schleppte und nun seinem Nachfolger Ted die nötigsten Lebensweisheiten mit auf den Weg gibt. Im Verlaufe des Abends gerät Ted zunächst an die „Honeymoon Suite“, in der Allison Anders einen mysteriösen Hexenbund zusammengefunden hat, welcher mit obskuren Ritualen an „Die fehlende Zutat“ (The Missing Ingredient) zu gelangen versucht. Weiter geht’s zu Alexandre Rockwells „Der falsche Mann“ (Two sides of a plate) - einem psychopathischen Ehemann, welcher in Ted den Lover seiner Frau sieht und diesen zugleich mit Psychosexspielchen beschäftigt. Die Dritte - und um es vorweg zu nehmen - beste Episode, zeigt sicherlich Robert Rodriguez‚ der mit „Die Ungezogenen“ (The Misbehavers) einen wahrhaften Wirbelsturm an Slapstick und Situationskomik entfacht; ein knallharter Latino-Gangster (Antonio Banderas), der sich mit seiner Frau auf den Weg zu einer wilden Silvesterparty macht und dabei seine bestens erzogenen Kinder, Ted anvertraut. Doof nur, dass sich diese im Laufe des Abends immer mehr zu kleinen Terroristen entwickeln und gleichzeitig eine grausame Entdeckung machen werden. Letzte Station bildet das Penthouse um Quentin Tarantinos „Der Mann aus Hollywood“ (The man from Hollywood). Chester Rush (Quentin Tarantino) und seine durchgedrehte Gefolgschaft (mit dabei Bruce Willis) feiern Silvester. Als wäre das nicht schon schlimm genug, soll nun Ted den Vollstrecker einer alten Hitchcock-Wette spielen, in der ein Mann seinen kleinen Finger darauf verwettet, dass er es schafft, ein Feuerzeug zehnmal in Folge anzuzünden.

    „Four Rooms“ entstand ein Jahr nach Tarantinos absolutem Durchbruch mit „Pulp Fiction“ und ist sicherlich nicht das, was der Zuschauer nach den bisherigen Erfolgen erwartet hätte. In vielerlei Hinsicht, positiv als auch negativ, verdient das Werk das Prädikat „ungewöhnlich“. Letztlich zeigt es allerdings auch, dass es selbst einem gefeierten Talent wie Tarantino nicht geschadet hätte, etwas professioneller an die Sache heranzugehen. Zu unkonzentriert und auf Spaß getrimmt, wirkt vor allem Tarantinos Segment, das erst in den letzten Minuten an Fahrt gewinnt.

    Die Grundidee beinhaltet zwar nichts Neues oder Revolutionäres, hat sich in der Vergangenheit jedoch schon des Öfteren als tauglich erwiesen. Neben Jim Jarmusch, der das Konzept bereits 1989 relativ erfolgreich in „Mystery Train“ anging, bildet auch bei David Lynch („Lost Highway“) ein Hotel das Zentrum eines Episodenfilms. Das sich der Spaß, den die Regisseure beim Dreh hatten, nicht immer auf den Zuschauer überträgt, begründet sich wohl in der Schattenseite eines allzu lockeren Umgangs. Allein die ersten zwei Episoden sind herbe Enttäuschungen. Ohne wirklichen Höhepunkt plätschert das Geschehen so dahin und lässt den Spannungsbogen gegen Null tendieren.

    Wo Rodriguez um „Kontraste zu schaffen“ einen Familientyrann in Szene setzt, kontert Tarantino mit einer Hommage an vergangene Hitchcock-Tage (geschrieben von Roald Dahl „The man from Hollywood“, später von Hitchcock umgesetzt), kommt jedoch nie wirklich an Rodriguez' Episode heran. Tarantino, der als Chester Rush eine frappierende Ähnlichkeit zu seiner selbst besitzt, mangelt es zum einen an den gewohnt sprachgewaltigen Dialogen, zum anderen an der Darstellung seines Charakters, der den Unterschied zu Banderas etwa, deutlich erkennen lässt.

    Neben den jeweiligen Hauptcharakteren strickt Tim Roth als Hotelpage den roten Faden, der als Bindeglied die Beziehung zwischen den einzelnen Hotelzimmern herstellt. Nachdem die Rolle des Pagen Ted ursprünglich für Steve Buscemi („Reservoir Dogs“) geschrieben war – dieser jedoch aus Imagegründen schließlich abgesagt hatte (die Rolle des Ted ist eine Hommage an Jerry Lewiss „The Bellboy“) - übernahm Tim Roth kurzerhand den Part. Roth, vielen Tarantino-Fans noch aus „Reservoir Dogs“ (Mr. Orange) und „Pulp Fiction“ (Pumpkin) in Erinnerung, läuft in den recht kurzen 94 Minuten allzu sehr in den Fußspuren seines Pendants Jerry Lewis und hat trotz guter Szenen (Die Strolche; Der Mann aus Hollywood), Schwierigkeiten, sich selbst zu entfalten. Zu unglaubwürdig und aufgespielt wirkt die Rolle, die hier und da durchaus Parallelen zu einem besoffenen Piraten eines Jack Sparrows („Fluch der Karibik“) aufweist.

    „Four Rooms“ ist gleichermaßen eine Hommage an Alfred Hitchcocks TV-Sequels, Jerry Lewis’ „Hallo, Page!“, oder auch Blake Edwards „Pink Panther“-Fernsehepisoden, die in gekonnter Comic-Manier schon zu Anfang die stilistische Grundrichtung vorgibt. Hauptdilemma bilden die beiden Anfangsepisoden von Anders und Rockwell, die bereits einiges an Potential verspielen und in der Folge auch von der eindeutig besseren zweiten Hälfte nicht kompensiert werden können.

    „Four friends, telling four stories, making one film“ – so steht es auf dem Original-Drehbuch. Ob diese Freundschaft im Nachhinein immer noch so innig besteht, sei dahingestellt. Fest steht jedoch, dass „Four Rooms“ vor allem durch stellenweise hervorragende Situationskomik und einer gut getimten Storyabfolge besticht. Sieht man von den beiden ersten Episoden, die grundlegend daneben gegangen sind, ab, so eignet sich der Film sicherlich für den einen oder anderen Videoabend. Wer Tarantinos Stil und Humor liebt, bei dem wird sicherlich auch „Four Rooms“ funktionieren.

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