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    JGA: Jasmin. Gina. Anna.
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    JGA: Jasmin. Gina. Anna.

    Partyinsel-Peinlichkeiten mit Feelgood-Garantie

    Von Karin Jirsak

    Geschmacklose Uniformen, aufblasbare Riesenpenisse, Promillegrenze nach oben hin offen – es gibt schlicht nichts Peinlicheres als Junggesell*innenabschiede (kurz: JGA), richtig? Richtig! Und so richtig peinlich wird’s auch in der beschwingt-beschwipsten Sommerkomödie „JGA: Jasmin. Gina. Anna.“ von Alireza Golafshan („Die Goldfische“). Der aus Teheran stammende Regisseur und Drehbuchautor erspart seinen drei Protagonistinnen nichts und schafft es im selben Moment, so viel Mitgefühl für die frustrierten Single-Ladies zu erzeugen, dass uns trotz Fremdscham-Bombardement spätestens am Ende das Herz aufgeht wie die rosarote Sonne über Ibiza.

    JGA auf Ibiza! Es soll die ultimative Überraschungssause werden, doch kurz vor dem Abflug stellt sich heraus: Die Braut ist schwanger und will nicht mit. Och nö, wie öde. Aber egal, die Single-Freundinnen Jasmin (Luise Heyer), Gina (Taneshia Abt) und Anna (Teresa Rizos) fliegen einfach trotzdem nach Ibiza, um unter Palmen einen draufzumachen. Was sie nicht ahnen: Auch Jasmins nie überwundener Ex Tim (Dimitrij Schaad) feiert mit seinen Kumpels (u. a. Axel Stein) auf der Insel seinen Junggesellenabschied. Eine unangenehme Begegnung im Supermarkt löst eine Kette ungeahnter Turbulenzen aus...

    Möglichst pink und möglichst peinlich - so muss ein anständiger JGA losgehen!

    Sie wollten doch einfach nur saufen und die Einsamkeit vergessen! Stattdessen torkeln die immer viel zu liebe Jasmin, Ghettoschnauze Gina und Anna, die vorzugsweise auf dem Schlauch steht, auf der Partyinsel von einem Fettnapf in den nächsten. Sehr zum Vergnügen der Zuschauer*innen. Dass wir nicht nur über sie, sondern auch mit den dreien lachen, liegt neben der starken Figurenzeichnung vor allem an den tollen Darstellerinnen.

    Luise Heyer, die u.a. als Mama des kleinen Hape Kerkeling in „Der Junge muss an die frische Luft“ und zuletzt im Stasi-Thriller „Nahschuss“ beeindruckte, ist als Dauersingle mit Beziehungstrauma einfach zum Knutschen. So leiden wir mit, wenn Jasmin in der Pommesbude bei einem Wodka-Ayran (irghs!) von ihrem Wartezimmer-Traum erzählt, in dem sie wie liegengebliebenes Obst vergammelt, während alle ihre Freundinnen – G. und A. ausgenommen – in den ach so tollen Hafen der Ehe einschippern. Die Obst-Metapher stammt wiederum von Gina – und wo dieses krasse Bild herkommt, da ist noch viel mehr an Unverblümtheit.

    Gina (Taneshia Abt) muss an den Kindertisch - aber auch das hält sie nicht davon ab, allen mal anständig ihre Meinung zu geigen.

    Ohne jegliche Hemmungen poltert und pöbelt die in Münchens „Problembezirk“ Neuperlach sozialisierte Göre bei jeder Gelegenheit los. Dabei ist es ihr auch völlig schnurz, ob es sich bei ihrem Gegenüber um den Hotelmanager oder um eine Drogengang auf einem dunklen Spielplatz handelt. Die Berlinerin Taneshia Abt („Nightlife“) füllt ihre erste Kino-Hauptrolle mit ordentlich Wumms aus, also exakt so, wie es diese Figur verlangt. Komplettiert wird das Trio infernale durch den Münchner Serienstar Teresa Rizos („Dahoam is Dahoam“), die als Naivchen Anna ihre Girls (und später auch die Boys) mit viel Empathie und ihren Kurkuma-Tabletten bei Laune hält.

    Wie nun diese Chaosbräute über die Insel geistern und eine Katastrophe nach der anderen heraufbeschwören, ist einfach zu köstlich – und das liegt neben den drei Sympathieträgerinnen vor allem am perfekten Timing. Der Slapstick sitzt, die Sonne brennt und für noch mehr gute Laune sorgt die frische, mit viel Liebe zum Detail arrangierte Optik vom Sandstrandpanorama bis zu den Tüllröcken in Neonfarben, die Jasmin, Gina und Anna während des gesamten Trips (!) tragen. Außerdem im Rundum-Wohlfühl-Paket enthalten: Der wohl ungelenkigste Männer-Strip, der im deutschen Kino je zu sehen war – inklusive Socken mit Spiegelei-Print.

    Das Schönste kommt allerdings zum Schluss, denn hier lauert nicht etwa das für solche Komödien übliche, aufgepfropfte Spießer-Happy-End, sondern ein wahrhaftiges Überraschungsbonbon, das nicht nur Ü30-Single-Damen mit einem Riesengrinsen aus dem Kino entlässt…

    Fazit: Bitte nicht vom Thema abschrecken lassen! Hier kommt ein wunderbar witziges, spritziges und im Kern überhaupt nicht doofes Loblied auf das Chaos, die Freundschaft und die Freiheit, einfach mal so richtig peinlich zu sein. Absoluter Gute-Laune-Tipp, insbesondere für angehende Bräute und alle, die es (nicht) werden wollen.

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