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    Groupies Forever
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Groupies Forever
    Von Ulrich Behrens

    Frank Zappa scheint an allem Schuld zu sein. Er gab – so will es die Story der jetzt angelaufenen amerikanischen Komödie „Groupies Forever“ – den beiden Ex-Groupies Suzette (Goldie Hawn) und Lavinia (Susan Sarandon), in den 70er Jahren Vinnie genannt, den Namen Banger Sisters (also etwa: Die Kracher-Geschwister) gegeben haben. Und dieser Filmtitel kommt der von Bob Dolman geschriebenen Geschichte auch wesentlich näher als der selten dämliche deutsche Titel. Im Zentrum der Handlung steht eindeutig Golden Girl Goldie, und das ist gut so. Sie versprüht Witz und Lebenslust, und an ihrem Spiel sollten sich so manche andere Komödiendarsteller eine Scheibe abschneiden. Trotz der scheinbar mageren Geschichte und dem typischen Touch & Feeling Marke Hollywood endlich mal wieder ein Film aus der Kaderschmiede aller Kaderschmieden, der die Lachmuskeln wenigstens überwiegend strapaziert. Dazu tragen nicht zuletzt Susan Sarandon und vor allem der unnachahmliche Geoffrey Rush bei.

    Lang ist’s her, dass sich die beiden Freundinnen Suzette und Vinnie gesehen haben. In den frühen 70er Jahren waren sie Groupies und so manchem Rockstar zu Diensten. Suzette ist besonders Jim Morrison von „The Doors“ in Erinnerung geblieben, mit dem sie laut eigener Aussage mehr als ein Techtelmechtel auf der Toilette eines Clubs in Hollywood hatte. Dort arbeitet sie noch immer hinter der Bar, die Brüste inzwischen mit Hilfe von Silikon vergrößert, aber noch immer so quirlig wie 30 Jahre zuvor. Der Besitzer allerdings scheint sie nicht zu mögen und feuert Suzette, die sich daraufhin entscheidet, ihrer alten Freundin Vinnie einen Besuch abzustatten. Leichter gesagt als getan. Unterwegs nach Phoenix geht ihr das Geld aus. Glück im Unglück trifft sie den Eigenbrötler Harry (Geoffrey Rush), einen abgehalfterten Drehbuchautor, dem im Leben nichts so richtig gelingen wollte. Harry zahlt ihr das Benzin, wenn sie ihn mit nach Phoenix nimmt. Harry hält alles von sich fern, vor allem Schmutz, Bakterien, Viren – und Frauen. Zehn Jahre hat er mit keiner Frau mehr eine Nacht verbracht. Ein Schuldiger für seine missliche Lage ist auch ausgemacht: der Herr Vater, den Harry erschießen will. Der böse Papa, einst Möbelhändler, liegt angeblich auf einem Friedhof in Phoenix, und Harry hat eine Pistole mit nur einer Patrone, mit der er dem Verhassten den Rest geben will – so erzählt er es jedenfalls Suzette. Allerdings verhält es sich doch etwas anders, wie sich später herausstellt.

    Vinnie dagegen hat ihr Leben anscheinend völlig umgekrempelt. Von ihrer bewegten Vergangenheit will sie nichts mehr wissen. Verheiratet mit dem Anwalt Raymond (Robin Thomas) gilt ihre ganze Sorge den beiden Töchtern im Teenie-Alter, Hannah (Erika Christensen) und Ginger (Eva Amurri, Tochter von Susan Sarandon). Während sie Hannah zu Höchstleistungen in der Schule triezt, hat sie mit Ginger schon Probleme, wenn die ihren Führerschein absolvieren soll. Als Suzette aufkreuzt, ist Lavinia, die von ihrem Kosenamen Vinnie und der damit verbundenen Vergangenheit nichts mehr wissen will, entsetzt. Lavinia versucht, ihre alte Freundin mit einem 5.000 Dollar-Angebot zum Verlassen der Stadt zu bewegen. Suzette ist beleidigt. Raymond weiß von allem nichts. Die Töchter machen immer mehr Probleme. Und Harry glaubt, nach einer Nacht mit Suzette die Frau seines Lebens gefunden zu haben. Mitten drin steckt Suzette, die den ganzen Zirkus angerichtet hat. Die scheinbar geordneten Verhältnisse geraten kräftig ins Wanken. Aber was wäre Hollywood, wenn es last but not least nicht doch ein Happyend geben würde, allerdings eines, das nicht in lauter Honig versinkt.

    Goldie Hawn war am Set wohl in bester Laune und Form. Spritzig, witzig, frech, kokett, vernünftig, humorvoll, sarkastisch, sexy, intelligent rast sie durch Phoenix, als ob es um ihr Leben gehe. Und irgendwie geht es auch darum. Um das Leben aller Beteiligten, um Zusammenhang. Während Suzette (fast) so geblieben ist wie in alten Groupie-Zeiten, hat sich Susan Sarandons Lavinia eine Welt aufgebaut, die jedenfalls zum Teil eine Scheinwelt ist. Niemandem, schon gar nicht Mann und Töchtern, hat sie je von den bewegten Jahren ihrer Jugend erzählt. Aus lauter Angst, ihre Töchter könnten in den „Sumpf“ von Rock & Drugs, Sex & Crime abrutschen, steht sie mal drohend, mal liebevoll, aber permanent hinter, vor und neben den beiden Teenagern, denen ihre Mama manchmal kräftig auf den Wecker geht und die ihre eigenen neurotischen Abwehrmechanismen entwickelt haben. Ginger zum Beispiel „knurrt“ der Hals, wenn irgend etwas mal wieder schief läuft. Suzette holt alle – ohne es eigentlich zu wollen – langsam aber sicher aus der Versenkung heraus. Neben der Sarandon und Goldie Hawn überzeugt vor allem der Australier Geoffrey Rush (zuletzt etwa in „Der Schneider von Panama“, 2001, und „Lantana“, 2001, und demnächst, leider nur in einer Nebenrolle in „Frida“ über Frida Kahlo als Trotzky zu sehen) als armer eigenbrötlerischer Schlucker von Pillen und Säftchen mit Sauberkeitsfimmel und Nähe-Ängsten. Wenn ihm Hannah nach Einnahme von Drogen das Bett voll kotzt, wenn Suzette in ihrer unnachahmlichen Art sein Hotelzimmer in Beschlag nimmt, dann sieht dieser Harry sein Leben bedroht. Wehe, es versucht jemand, ihm in sein eingefahrenen Gewohnheiten zu funken! Andererseits spielt Rush Harry als einen liebevollen Mann, der seine Zärtlichkeit allerdings zumeist zu verstecken weiß. Als Suzette einmal ins Hotel zurückkehrt, hat Harry ihr Badewasser eingelassen. Er habe doch gar nicht gewusst, wann sie kommen werde. Harry: Ich habe eben immer heißes Wasser nachgefüllt. Dialog- und Szenen-Witz beherrschen den Film. Erika Christensen und Eva Amurri sind gut besetzt in der Rolle der zwei Teenager. Lediglich für Robin Thomas als Ehemann von Vinnie hatte das Drehbuch offensichtlich nicht viel übrig. Die Rolle bleibt eher blass und wirkt fast unnötig.

    Und die Moral von der Geschichte? Eine über weite Strecken äußerst humorvolle Komödie, deren Drehbuch nicht so belanglos ist, wie es zunächst scheint. Der Zusammenstoß der unterschiedlichen Lebenswege von Lavinia und Suzette offenbart so einige Dinge, die von der Realität nicht sehr weit entfernt sind. Während die eine, Suzette, in ihre Vergangenheit floh, indem sie glaubte, einfach so weiterleben zu können wie 30 Jahre zuvor, versteckt sich die andere, Lavinia, vor ihrer Jugendzeit. Während die eine knallbunt durchs Leben rennt und damit ihrem Inneren auch das entsprechende Outfit verpasst, erstarrt die andere in Beige. Als sie zusammenkommen, gerät alles durcheinander, und kommt – ohne schmalziges Happyend und ohne eindeutige und endgültige Antworten – wieder in Ordnung. Ein bisschen mehr Ehrlichkeit gegenüber sich selbst, und schon verändert sich so einiges. Summa summarum also eine sehenswerte Komödie, die man nicht allzu ernst, aber auch nicht ganz auf die leichte Schulter nehmen sollte. Auf jeden Fall: Es darf gelacht werden.

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