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    Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums

    Der beliebte Bestseller kommt endlich ins Kino!

    Von Jörg Brandes

    Aristoteles lebte im antiken Griechenland, Dante Alighieri im mittelalterlichen Italien, beide beschäftigten sich mit philosophischen Fragestellungen. Aber trotz des wissenschaftlich angehauchten Titels „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ geht es im Kinoregiedebüt von Aitch Alberto nicht um die beiden historischen Geistesgrößen. Sie dienen lediglich als Namensgeber für zwei Teenager, die im texanischen El Paso des Jahres 1987 zusammentreffen und zu Freunden werden. Aristoteles und Dante richten ihren Blick gern in Richtung der Sterne, entdecken in Albertos feinfühlig inszeniertem Coming-of-Age-Drama aber auch noch etwas anderes: ihre sexuelle Identität.

    Aristoteles Mendoza, genannt „Ari“ (Max Pelayo), geht auf eine Schule in El Paso an der Grenze zu Mexiko. Er kann mit dem lauten Gehabe vieler seiner Mitschüler und deren Gesprächen über Sex und Frauen wenig anfangen. Deswegen hält er sich gern abseits. Eines Tages lernt er im Freibad den gleichaltrigen Dante Quintana (Reese Gonzales) kennen, der ihm erstmal richtig Schwimmen beibringt. Obwohl beide ganz unterschiedliche Typen sind und nicht einmal in ähnlichen sozialen Verhältnissen leben, freunden sie sich schnell an. Doch als Dantes Professoren-Vater Sam (Kevin Alejandro) für ein Jahr einem Ruf an die Universität von Chicago folgt, wird die Freundschaft der Teenager auf die Probe gestellt.

    Capelight Pictures
    Max Pelayo hinterlässt als Ari wahnsinnig Eindruck – eine hervorragende Performance!

    Bis dahin ist es aber erst einmal schön mitzuerleben, wie die Beziehung der beiden immer inniger und vertrauter wird. Bald geht es dabei auch um mehr als um bloße Freundschaft. Schon früh im Film wird Bronski Beats „Smalltown Boy“ angespielt – ein damals vor allem in queeren Kreisen äußerst beliebter Hit. Und so besteht die Probe für die Freundschaft von Ari und Dante weniger in der Dauer der Trennungszeit, sondern vielmehr in den Konsequenzen, die sich aus Dantes brieflichem Bekenntnis zum Schwulsein ergeben. Wie steht Ari dazu? Und wie wird er auf Dantes Avancen nach dessen Rückkehr reagieren?

    Der Film nach dem gleichnamigen und 2015 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominierten Roman von Benjamin Alire Sáenz* bietet als queeres Coming-of-Age-Drama inhaltlich im Grunde wenig Neues. Allenfalls seine Verortung in der mexikanischen Community von El Paso sticht heraus. Die Stärken des Films liegen stattdessen vor allem in Aitch Albertos feinfühliger Regie, die ihren Figuren viel Raum zur Entfaltung und Selbstfindung gibt, sowie dem einnehmend-natürlichen Spiel der beiden jungen Hauptdarsteller.

    Zwei grandiose Nachwuchsstars

    Max Pelayo überzeugt auf ganzer Linie als sich verschlossen gebender Ari, der gleichwohl kein klassischer Außenseiter ist. Aus einfachem Elternhaus stammend, wird er weder gemobbt noch gemieden, und er hat auch einen Schlag bei gleichaltrigen Mädchen. Zu schaffen macht ihm vor allem, dass ihm seine Eltern Liliana und Jaime (Veronica Falcón, Eugenio Derbez) nichts über seinen ihm fast unbekannten Bruder Bernardo erzählen wollen, der wegen eines Gewaltverbrechens seit Jahren im Knast sitzt. Max Pelayo entwickelt in seiner Rolle eine so starke Präsenz, dass sein Spiel allein locker über den etwas unfokussiert wirkenden Mittelteil hinwegträgt.

    In diesem Abschnitt ist Reese Gonzales als Dante nur in Briefen präsent, deren Inhalte aus dem Off vorgetragen werden. Dante ist in gutbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen. Sein Vater ist Professor, seine Mutter Soledad (Eva Longoria) ihm ein Rätsel. Trotzdem kommt er prima mit ihr aus. Dante hat viele Interessen. Er beschäftigt sich gern mit Kunst und Astronomie und ist überaus eloquent. Er macht sich auch früher als sein Freund Gedanken über seine sexuelle Orientierung.

    Capelight Pictures
    Die Szenen, in denen Dante (Reese Gonzales) Ari das Schwimmen beibringt, zählen zu den schönsten des Films.

    Drehbuch und Regie betonen zwar, dass Ari und Dante ganz unterschiedliche Typen sind, legen ihrer Freundschaft aber auch nicht allzu viele Steine in den Weg. Das könnte etwas befremdlich wirken, tut es aber nicht. Auch dank der stimmigen Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern nimmt man den Titelhelden leicht ab, dass sie gern Zeit miteinander verbringen. Überdies können Ari und Dante jederzeit voll auf die Rückendeckung ihrer Eltern bauen. Das fühlt sich gut an, wirkt aber auch ein wenig idealisiert.

    Fazit: Nach dem gleichnamigen Kultroman von Benjamin Alire Sánchez legt Aitch Alberto als Regisseurin und Drehbuchautorin ein beachtliches Kinodebüt vor. Ihr Coming-of-Age-Drama ist nah bei den beiden Titelhelden, konzentriert sich ganz auf deren Entwicklung und langsame Selbstfindung – und profitiert dabei enorm vom famosen Spiel der beiden Hauptdarsteller.

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