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    Pom Poko
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Pom Poko
    Von Ulf Lepelmeier

    Regisseur Isao Takahata, Mitbegründer des Studios Ghibli, wählte anders als sein Weggefährte Hayao Miyazaki, der vor allem für seine vor Phantasie überbrodelnden Filme bekannt ist, zumeist realistische Themen und Figuren in seinen Filmen und zeigte mit „Die letzten Glühwürmchen“ und „Only Yesterday“, wie gut auch Realismus, Tragödie und Alltäglichkeit im Animationsfilm funktionieren können. Mit „Pom Poko“ verlässt der Regisseur aber den Pfad des Realismus und präsentiert mit der Geschichte um die um ihren Lebensraum kämpfenden Tanukis ein Animationswerk, welches Realität und die japanischen Fabeln um die Tanuki, denen gestaltwandlerische Fähigkeiten zugeschrieben werden, verknüpft . Dabei ist trotz ernster Umweltthematik ein amüsanter Film entstanden, der einen in die Fabelwelt des südostasiatischen Staates einführt und mit einigen guten Ideen aufwartet, der aber letztlich auf Grund der teils unausgegorenen Erzählweise und der etwas zu penetrant dargebotenen Ökobotschaft nicht den ganz großen Wurf darstellt.

    Seit Generationen schon leben die Tanuki, magisch begabte Marderhunde, auf den Tama-Hügeln am Rande Tokios. Als das Waldgebiet der stetig voranschreitenden Ausdehnung der Metropole im Wege steht, wird dessen Abholzung und Bebauung beschlossen. Die Marderhunde müssen um die Zukunft ihres Territoriums bangen. Nach anfänglichen Zwistigkeiten untereinander um den immer weiter schrumpfenden Lebensraum werden die Tanuki sich bewusst, dass sie eigentlich alle im selben Boot sitzen. Sie beschließen einen Fünfjahresplan, der vorsieht, dass die Verhaltensweisen der Menschen genau studiert und die Verwandlungsfähigkeit perfektioniert werden soll. Zudem werden zwei Gesandte ausgeschickt, um die weit entfernt lebenden Großmeister der Gestaltenwandlung herbeizuholen, die der Tanukikolonie helfen sollen, den Wiederstand gegen die Menschen noch effektiver zu gestalten.

    In der japanischen Sagenwelt spielen die Tanuki und Kitsune, die Marderhunde und Füchse, eine große Rolle. Beiden Tierarten werden Verwandlungskünste nachgesagt, sie sollen sich in andere Gegenstände, Tiere oder gar Menschen verwandeln können. Während die Füchse vor allem als egoistische, schlaue und heimtückische Wesen erachtet werden, sind die Tanuki als gutmütige, etwas einfach gestrickte, draufgängerische Zeitgenossen angesehen, die vor allem immer auf der Suche nach einer guten Mahlzeit sind und gerne einmal Streiche spielen. Es heißt, dass beide Tierarten Blätter auf ihre Köpfe legen müssen, um sich verwandeln zu können. Bei Darstellungen von Tanuki sind ihr Strohhut, der sie als Vagabunden kennzeichnet, das Sakefläschchen, welches zeigt, dass sie den Freuden des Lebens nicht abgeneigt sind, sowie ihre überdimensionierten Hoden, die ein Zeichen für Fruchtbarkeit und Glück sind, typische Attribute.

    Wie so oft in der Geschichte des Studios Ghibli spielt auch bei „Pom Poko“ die Umwelt eine herausragende Rolle. Das fröhliche Völkchen der Tanuki sieht sich mit der voranschreitenden Urbanisierung Japans konfrontiert und ihr Kampf gegen die Menschen, die mit ihren Planierraupen und Baggern die Fauna zerstören, scheint von Anfang an, trotz ihrer magischen Fähigkeiten, aussichtslos. Es sieht so aus, als ob sich die Tanuki ihrer neuen urbanen Umgebung anpassen müssten. Die ökologische Botschaft ist hier omnipräsent und anders als bei anderen Filmen des Studios etwas zu eindringlich in Szene gesetzt. Doch trotz des ernsten Umweltzerstörungsthemas überwiegen die witzigen und fröhlichen Momente. Größtenteils gibt sich der Film mit seinen possierlichen Helden kindgerecht, gerade wenn die Off-Kommentare ertönen, glaubt man, zumindest in der deutschen Fassung, einen Film für die ganz Kleinen anzusehen, allerdings gibt es dann doch einige Elemente, die nicht in die Kinderunterhaltung gehören.

    Die Verwandlungsfähigkeit der Hoden der Tierchen, die auch schon mal als Fallschirme oder Picknickdecken herhalten dürfen, gehören ebenso dazu, wie die Bildung einer Sekte innerhalb der Marderhundegruppe, die letztlich einen kollektiven Selbstmord anstrebt, da die Mitglieder den Untergang der ihnen bekannten Welt nicht ertragen können. Die Animationen sind ansprechend, geben keinen Anlass zur Kritik und stellen noch gute alte Handarbeit dar. Allerdings ist der Erzählfluss zu kritisieren. Besonders zu Beginn wird vieles unnötigerweise von den Off-Stimmen erklärt, was eine Distanz zwischen den Figuren und dem Zuschauer schafft und das Geschehen ausbremst. Zudem ist es zwar schön, den Tanuki beim Feiern zuzusehen, die Lebensfreude und Heiterkeit der liebenswerten Tiere aber durch alle zehn Minuten wiederkehrende Feierlichkeiten auszudrücken, ist zu viel des Guten und zieht den Film nur in die Länge. Die unterschiedlichen Aktionen der Fabelwesen mitzuverfolgen und die Verwandlungen, gerade auch in andere Sagen- und Geistergestalten der japanischen Mythologie, anzusehen, macht hingegen einfach richtig Spaß. So ist „Pom Poko“ zwar eines der schwächeren Ghibli-Werke, aber durch die guten Animationen, die witzige Umsetzung und die sympathischen Tiere, trotz der teilweise vorhandenen Längen, immer noch ein guter Film.

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