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    The Roundup: Punishment
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Roundup: Punishment

    Es hagelt wieder Backpfeifen!

    Von Björn Becher

    Wenn es sowas wie einen modernen Bud Spencer gibt, dann ist es der koreanische Superstar Don Lee. Der ehemalige Personal Trainer für Mixed-Martial-Arts-Kämpfer, den seit dem Zombie-Spektakel „Train To Busan“ und allerspätestens seit seiner Rolle im Marvel-Action-Drama „Eternals“ auch im Westen viele kennen, ist im aktuellen Actionkino die Ein-Mann-Dampframme schlechthin. Und nirgends wirft er seine auf eine Körpergröße von 1,78 Meter verteilten 100 Kilogramm Kampfgewicht so brachial in die Waagschale wie in der von ihm selbst (mit seiner passend betitelten Firma Big Punch Pictures) produzierten „Crime City“-Filmreihe:

    Die 2017 mit „The Outlaws“ begonnene und dann nach COVID-Verzögerungen mit „The Roundup“ (2022) sowie „The Roundup: No Way Out“ (2023) fortgesetzte Reihe nimmt zwar wahre Fälle der jüngeren koreanischen Kriminalgeschichte als lose Grundlage, doch die Ermittlungen selbst sind meist das Uninteressanteste an den Filmen. Dies trifft auf den direkt im Anschluss an den dritten Film gedrehten „The Roundup: Punishment“ ganz besonders zu. Wie Don Lees knallharter Cop Ma irgendwelchen Cyberkriminellen auf die Spur kommt, ist ermüdend langweilig. Doch der langjährige Stunt-Koordinator Heo Myung-haeng, der Don Lee zuletzt schon im Netflix-Sci-Fi-Film „Badland Hunters“ inszenierte, weiß bei seinem Debüt für die Filmreihe, was das Publikum wirklich will. Und wenn Don Lees Fäuste fliegen oder sich die Bösewichte eine blutige Messerstecherei nach der anderen liefern, macht „The Roundup 4“ durchaus eine Menge Laune.

    Big Punch Pictures
    Schlagkräftig wie eh und je: Super-Bulle Ma ist zurück.

    2018 und damit einige Jahre nach den Ereignissen des dritten Teils: Der nicht nur aufgrund seiner stattlichen Erscheinung „Monsterdetektiv“ genannte Cop Ma Seok-do (Don Lee) lässt mit seinem Team einen florierenden Drogenhandel hochgehen, der seine Rauschmittel über eine Online-App vertreibt. Als der vermeintliche Programmierer hinter der Operation auf den Philippinen brutal ermordet wird, ergeben die Ermittlungen schnell, dass in Wirklichkeit eine größere kriminelle Organisation am Werk ist. Und die macht ihr Geld vor allem mit illegalen Glücksspielseiten im Internet – und besitzt dort ein regelrechtes Monopol. Denn jegliche Konkurrenz wird direkt brutal eliminiert. Da weder Ma noch seine Getreuen auch nur einen Funken Ahnung vom Netz haben, brauchen sie Unterstützung aus der Abteilung für Cyber-Kriminalität. Und auch Mas alter Bekannte, der Kleinganove Jang Yi-soo (Park Ji-hwan), erweist sich einmal mehr als ausgesprochen hilfreich.

    Noch ahnen die Ermittler allerdings nicht, dass der Gangsterboss Jang Dong-cheol (Lee Dong-hwi) schon längst die nächste Stufe seiner Unternehmungen plant. Mit Kryptowährungs-Abzocke will er so reich werden, dass die bisherigen Einnahmen nur Kleingeld dagegen sind. Doch in seiner Organisation gibt es Probleme. Der Söldner Baek Chang-ki (Kim Mu-yeol) kümmert sich für Jang auf den Philippinen um die illegalen Online-Casinos. Vor allem hält er Programmierer gefangen und zwingt diese unter Folter zur Kooperation. Weil aber seine versprochenen größeren Beteiligungen an den Gewinnen ausbleiben, ist der psychopathische Messer-Experte mächtig angepisst … und macht sich mit einigen Handlangern auf den Weg nach Korea...

    Das Warten auf ein Duell: Super-Cop gegen Super-Psycho

    Früh wird klar, worauf „The Roundup: Punishment“ hinauslaufen wird. Am Ende werden sich Super-Bulle Ma und Super-Psycho Baek gegenüberstehen und einen intensiven Zweikampf liefern. Bis dahin erleben wir immer und immer wieder, wie Badass die beide Typen sind. Der Bösewicht wird in zahlreichen brutalen Sequenzen als echte Bedrohung eingeführt. Er scheint es förmlich zu genießen, wenn er sich nur mit einem Messer bewaffnet einer ganzen Übermacht von Gegnern stellen kann, um diese dann brutal zu metzeln und am Ende das blutbesudelte Hemd gegen ein frisches zu tauschen.

    Regisseur Heo Myung-haeng, der in Korea einer der bekanntesten Action-Choreografen ist und unter unter anderem die legendäre, lange Hammer-Kampfszene aus „Oldboy“ entwarf, und sein Team liefern dabei sehenswerte Actionsequenzen. Immer wieder bestehen die Kämpfe aus riesigen Tumulten, in denen sich Dutzende Menschen prügeln, aufeinander einstechen und alles, was greifbar ist, als Waffe nutzen. Und da die Kamera dabei immer wieder in längeren Einstellungen durch das turbulente Geschehen gleitet, sieht das sehr oft sehr beeindruckend aus. Da dürfte das Herz jedes Actionfans höher schlagen – zumal niemand bei „faken“ Faustschlägen so krass durchzieht wie Don Lee.

    Big Punch Pictures
    Söldner Baek und seine Mannen sind auf dem Weg zur nächsten Messerstecherei.

    Auch wer die bisherigen Filme nicht gesehen hat (sind für das Verständnis des Plots auch absolut nicht wichtig), wird schnell erkennen, welche Urgewalt in diesem Mann steckt. Jedes Mal, wenn seine Faust in ein Gesicht kracht, dann scheppert es so gewaltig, dass man die Wucht selbst spüren kann. Um alle Zweifel zu beseitigen, prügelt er dann noch auf einen Boxautomaten ein – und obwohl dieser von Betrügern so manipuliert wurde, dass die Schlaganzeige einen Messwert von 8.000 nicht überschreiten kann, klingelt es bei Mas Faust natürlich hoch bis zur unter normalen Umständen maximal möglichen (und in diesem Fall sogar unmöglichen) 9.999.

    Cop Ma ist auch im vierten Auftritt die Figur, welche die Fans vor allem für seine schellenden Backpfeifen längst lieben gelernt hat. Etwas tumb versteht er all die Dinge aus der Online-Welt nicht wirklich, geriert sich gegenüber genauso ahnungslosen Kollegen dann aber als der Wissende (indem er die ihm zuvor gegebenen Erklärungen komplett verdreht wiedergibt). Vor allem wird er aber von seinem absoluten Gerechtigkeitssinn getrieben, der ihn auch in Verhören erst mal zwei, drei Schläge austeilen lässt, bevor er dem Bösewicht die erste Frage stellt.

    So muss ein Polizist sein?

    Dass der auch mal einen Verdächtigen vor der Befragung folternde Cop mit seiner brutalen Vorgehensweise höchst problematisch ist, hat der Reihe auch schon Kritik eingebracht. In „The Roundup: Punishment“ wird das in einem Meta-Moment, der vielen westlichen Zuschauer*innen durchrutschen wird, adressiert. In einem kurzen Cameo-Auftritt schaut Koreas bekanntester Polizei-Experte, der Kriminologie-Professor und Profiler Kwon Il-yong, vorbei. Als oberster Polizei-Chef zeigt er sich begeistert von Mas Eifer und erteilt dessen unkonventionellen Methoden mit einem simplen Satz die Absolution: So muss ein Polizist sein!

    Daneben bricht auch Regisseur Heo Myung-haeng das brutale Geschehen immer wieder auf. Für Humor sorgt dabei nicht nur Mas Tumbheit, sondern vor allem der erneut die Rolle des Szenendiebs einnehmende Ganove Jang Yi-soo, der den Cops zunächst nur widerwillig hilft, dann aber mit Feuereifer seiner neuen Berufung nachgeht, als er glaubt, zum Geheimagent ernannt worden zu sein. Doch selbst bei diesen komischen Momenten wartet man eigentlich nur darauf, dass Ma wieder Backpfeifen verteilen darf – und das ist erneut die größte Schwäche der Reihe.

    Big Punch Pictures
    Ma ist auf dem Weg, den Ganoven Jang Yi-soo zu rekrutieren – und allen gleich auch noch mal zu beweisen, dass seine Schlagkraft nicht von dieser Welt ist.

    Sorgte bei „The Roundup“ noch die Story um eine bis nach Vietnam führende Jagd nach einem perfiden Killer für Spannung, bildete der Kampf gegen eine neue Droge schon in „The Roundup: No Way Out“ nur noch den völlig belanglosen Rahmen für die Actionszenen. Noch schlimmer ist es nun in „The Roundup: Punishment“: So wenig wie Ma versteht, was da in der Welt der Online-Kriminalität passiert, so wenig nachvollziehbar ist es, wie die Ermittlungen überhaupt Fortschritte machen. Irgendwie haben Ma und sein Team immer einen Verdächtigen im Visier. Der wird besucht, ein paar Leute verprügelt, und dann taucht schon ein neuer Name auf dem Radar auf – bis sie am Ende bei Jang und Baek landen. Beweise hat man gegen die zwar keine, aber Ma und Co. wissen sofort, dass sie nun die eigentlichen Verantwortlichen gefunden haben.

    Die langweilige Ermittlungsarbeit wäre gar nicht so das große Problem. Doch der hinter der knallharten Selbstjustiz-Serie „Taxi Driver“ (in Deutschland bei Netflix) steckende Autor Sang-ho Oh verwendet in seinem ersten Beitrag für die Reihe viel zu viel Zeit darauf. Immer wieder gibt es minutenlange Erklärszenen, welche die Recherchen im Netz und das Zusammentragen von Erkenntnissen zeigen, aber am Ende doch nur darauf hinauslaufen, dass Ma einen neuen Namen bekommt und froh ist, sich wieder auf den Weg zur „handfesten“ Ermittlungsarbeit machen zu können.

    Fazit: „The Roundup: Punishment“ gibt Fans von Don Lee, was sie von ihrem Idol erwarten: Kraftvolle Prügelszenen mit dem koreanischen Superstar und dazu noch extrem brutale Messerstecher-Action. Allerdings muss man daneben auch eine Menge Leerlauf durchstehen.

    Wir haben „The Roundup: Punishment“ im Rahmen der Berlinale 2024 gesehen, wo er als Berlinale Special Gala gezeigt wurde.

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