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    Ein Chef zum Verlieben
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Ein Chef zum Verlieben
    Von Ulrich Behrens

    Man kann diesen Film in Grund und Boden verdammen und man kann ihn genauso gut lieben. Was hat die romantische Komödie Neues zu bieten? Nichts und alles – wie immer. Das Strickmuster des schönsten Film-Genres der Welt ist immer, wirklich immer dasselbe, und doch ist irgendwie jeder Film der Gattung auf seine Weise einzigartig: gut oder schlecht. Der Ausgang solcher Romanzen ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Sandra Bullock und Hugh Grant als Traumpaar kann man sich ganz gut vorstellen. Oder? Und selbstverständlich bekommen sie sich am Schluss dieses Films, wie das im Genre so üblich ist. Oder kann sich jemand eine romantische Komödie vorstellen, die tragisch endet? Das wäre wirklich zu viel des Guten, oder besser: des Schlechten. Das wäre das gleiche, als wenn man von einem Science-Fiction fordern würde, auf jegliche special effects zu verzichten, oder von einem Thriller, auf das Verbrechen zu pfeifen. Es geht also nur um die Art der Geschichte und wie sie erzählt wird. Welche Variante des allseits beliebten Genres bietet Marc Lawrence demnach?

    New York, New York – welcher Ort ist besser geeignet für eine Romanze, für ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht, das die Herzen des Publikums höher schlagen lässt? Der Playboy, Leichtfuß und Unternehmer George Wade (Hugh Grant), der einen Immobilienkonzern zusammen mit seinem Bruder Howard (David Haig) leitet, will ein Gemeindezentrum auf Coney Island abreißen lassen, um dort ein gewinnbringendes Projekt zu realisieren. Dabei stößt er auf den Widerstand der Anwältin Lucy Kelson (Sandra Bullock), die aus dieser Gegend stammt und Wade auf der Straße auffordert, auf den Abriss des alten Gebäudes zu verzichten. Lucy arbeitet für alle möglichen Wohltätigkeitseinrichtungen als Rechtsberaterin. Ihre Eltern Ruth und Larry (Dana Ivey, Robert Klein) haben Lucy in diesem Sinn von political correctness erzogen, und Töchterchen unternimmt alles, um ihrem Anspruch gerecht zu werden. Da kommt George eine Idee, die er auch sogleich Lucy verkündet: Er stellt sie als Leiterin seiner Rechtsabteilung ein und verspricht ihr, Im Gegenzug auf den Abriss des Gemeindezentrums zu verzichten. Abgemacht.

    Fortan bemüht sich die eifrige, aber lebensunlustige Lucy darauf zu achten, dass es Wade und sein Bruder nicht allzu arg treiben, wenn es um die Beseitigung alter Gebäude geht. Doch das hat auch seine Schattenseiten. Denn George kennt keine Grenzen, wenn es darum geht, Lucy einzuspannen, nicht nur beruflich, sondern auch privat. Zu jeder Tages- und Nachtzeit ruft er sie an, lässt sich von ihr beraten, wenn es um die Wahl des richtigen Anzugs geht, und so weiter. Nach Monaten harter Arbeit und Belastung kommt Lucy zum Schluss: Schluss zu machen: Sie kündigt. Als sie allerdings beobachten muss, wie ihre designierte Nachfolgerin June Carter (Alicia Witt) George umschwirrt, greift sie zum Äußersten: Auf einer der vielen Wohltätigkeitsveranstaltungen entpuppt sich Lucy, die ansonsten eher im Schmuddel-Look herumläuft, als gut aussehende Sexy-Lady im Abendkleid. George ist hingerissen. Nur muss er Lucy ein Geständnis machen: Sein Bruder hat ihn dazu gezwungen, das Gemeindezentrum doch abzureißen ...

    New York, New York, die einzige Stadt auf der Welt, in der man sich eine solche Geschichte überhaupt vorstellen kann: Beinharte sozial engagierte Anwältin, die nur dreimal in ihrem Leben geweint haben soll (zweimal davon bei der Wahl von Bush Sen. und Bush Jr.) trifft auf leichtfüßigen und noch dazu völlig unbedarften Playboy-Kapitalisten. Keiner von beiden merkt, dass jeder den anderen liebt. Und erst zum Schluss knallt es – mit dem entsprechenden „politischen“ und architektonischen Kompromiss natürlich (man darf bei solchen Komödien beruhigt über den Ausgang der Geschichte sprechen, denn der ist nie ein Geheimnis). Die Arbeit und der Streit über dieses und jenes Projekt, aber auch die bei beiden Hauptfiguren mehr oder weniger vorhandene Zugänglichkeit für die Position des anderen, ohne in faulen Kompromissen zu enden, machen’s möglich. Unrealistisch? Ja und nein. Man kennt doch seine Amerikaner!

    Hugh Grant und Sandra Bullock übertreiben in „Two Weeks Notice“ nie, driften nie in die Niederungen der reinen Albernheit oder des überkandidelten Quatschs ab. Sie bleiben – fast könnte man sagen: political correct – auf dem Teppich, auch wenn die Geschichte selbst kaum glaubwürdig ist. Denn das Motto – ob reich, ob arm, ob Demokrat oder Republikaner, wenn sie sich lieben spielt das keine Rolle – ist natürlich der reine Nonsens (wie gesagt: wenn überhaupt höchstens in New York, genauer gesagt: Manhattan möglich). Fast spielt das neue Traumpaar schon minimalistisch zurückhaltend. Diese Zurückhaltung ist allerdings ambivalent. Denn zum einen verdankt der Film ihr, dass Wort- und Szenenwitz ab und an besser funktionieren als in vergleichbaren Filmen. Die Bullock leistet hier Besseres als etwa in „Miss Undercover“ (2000). Hugh Grant spielt nicht einfach nur denselben, den man schon kennt; eher parodiert er in seiner Rolle ab und an seine früheren Rollen. Andererseits aber verliert der Streifen durch eine allzu übertriebene Glättung in den Rollen manchmal eben auch an Rasanz, an Verve. Gerade in den Teilen der Geschichte, in denen eben doch Konfliktstoff entsteht, hätte man sich mehr Funken und Esprit, Streit und Wut gewünscht – natürlich auf die humorvolle Art. Es bleibt trotz allem erstaunlich, wie manchmal nahezu genial das Zusammenspiel zwischen Bullock und Grant funktioniert. Das macht beide Rollen und ihre Darsteller sympathisch.

    If you don’t love romantic comedies keep away from this movie. If you love them „Two Weeks Notice“ isn’t a duty but a fun. Was soll ich sonst sagen? Kennt man die alten Komödien, ob von Wilder oder Hawks, fällt dieser Film unter die Kategorie „ferner liefen“: zwei von zehn Punkten. Aber Wilder und Hawks sind nicht nur tot, sie haben auch keine Nachfolger gefunden. Das Genre dümpelt vor sich hin, reproduziert sich selbst und liefert ab und zu ein paar nette Filme: harmlos, ungefährlich, nichtssagend und trotzdem humorvoll. „Two Weeks Notice“ ist jedenfalls nicht der schlechteste von ihnen.

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