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    Dumm und Dümmerer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Dumm und Dümmerer
    Von Jürgen Armbruster

    Anno 1994 erschufen die Brüder Peter und Bobby Farrelly einen Film um zwei völlig debile Volltrottel, deren Hirnaktivitäten stark gegen Null tendierten, die sich gegenseitig anpinkelten und mit ihren Zungen an vereisten Straßenlaternen festklebten. Doch das Verrückteste an diesem Sachverhalt war nicht der Film selbst, sondern die Tatsache, dass er auf eine abstruse, nicht nachvollziehbare Art und Weise tatsächlich funktionierte. Zumindest irgendwie. „Dumm und Dümmer“ spielte auf dem weltweiten Kinomarkt knapp 250 Millionen US-Dollar ein. Ob dieser sensationelle Wert nun den für Drehbuch und Regie verantwortlichen Farrelly-Brüdern oder dem kongenialen Darstellerduo Jim Carrey und Jeff Daniels zu verdanken war, sei dahingestellt. Eine Antwort auf die Frage zu finden, warum „Dumm und Dümmer“ zu einem derartigen Welterfolg wurde, käme ohnehin einer Doktorarbeit gleich.

    Da die Studiobosse unter „kreativer Arbeit“ offensichtlich das Studium der Zahlen und damit verbunden das Herausfiltern von fortsetzungswürdigen Filmen verstehen, war es nur eine Frage der Zeit, bis das Projekt „Dumm und Dümmer 2“ in Angriff genommen wird. Doch da die Karrieren der Herren Daniels und Carrey in den vergangenen zehn Jahren einen durchaus als erfreulich zu bezeichnenden Verlauf nahmen, hatte keiner der beiden es nötig, sich erneut auf eine derartige Demütigung einzulassen. Der Film stand daher von Beginn an auf wackligen Beinen. Doch eines Tages hatte irgendwer den Geistesblitz, dass man statt eines Sequels auch ein Prequel in Angriff nehmen könnte. Dadurch war das Darstellerproblem umgangen. Doch nun waren die Farrellys von der Idee nicht mehr sonderlich begeistert und zogen sich ebenfalls weitestgehend aus dem Projekt zurück. Die Liste der Änderungen ist lang: Jim Carrey wurde mit Eric Christian Olsen ersetzt, Jeff Daniels durch Derek Richardson, die Aufgaben der Farrellys übernahmen Troy Miller (Drehbuch) und Robert Brenner (Drehbuch) und aus „Dumm und Dümmer“ wurde mit „Dumm und Dümmerer“ einer der grottigsten Filme seit langer Zeit.

    Hinter alle dem Schwachsinn, den der potenzielle Zuschauer in den knapp 85 Minuten über sich ergehen lassen muss, lässt sich mit einer gehörigen Portion Fantasie tatsächlich zumindest im Ansatz ein roter Faden erkennen. Die Geschichte spielt während Harrys (Derek Richardson) und Lloyds (Eric Christian Olsen) erstem Jahr an der High School. Logisch, dass die beiden sofort zueinander finden und permanent als unzertrennliches Pärchen auftreten, denn gleich und gleich gesellt sich eben gern. Ihr erstes Jahr hätte so schön sein können, wären da nicht Schuldirektor Collins (Eugene Levy) und die „Cafeteria-Tante“ Ms. Heller (Cheri Oteri), die nicht nur ein rein berufliches Verhältnis pflegen. Um sich zur Ruhe setzen zu können, klügelt Collins einen fiesen Plan aus, mit dem Ziel, die Schulbehörde um 100.000 Dollar zu erleichtern. Es soll an der Schule eine Förderklasse für besonders Bedürftige eingerichtet werden, um die entsprechenden Fördergelder abkassieren und schlussendlich in ein Reihenhaus in Waikiki investieren zu können. Dass Harry und Lloyd die richtigen Bauernopfer für diesen Plan sind, liegt auf der Hand. Collins’ Plan würde also nichts im Wege stehen, wäre da nicht die ehrgeizige Schulzeitungsredakteurin Jessica (Rachel Nichols).

    Mehr gibt es zur Geschichte leider nicht zu berichten. Jeder - außer vielleicht Harry und Lloyd persönlich - kann sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausmalen, was auf dem Weg zum sehsüchtig erwarteten Abspann so alles geschieht. Wenn wir ehrlich sind, war eine epische Handlung von „Dumm und Dümmerer“ auch nicht zu erwarten. Den ein oder anderen gelungenen Gag hingegen schon. Doch auch hier wartet man vergeblich. Es drängt sich geradezu die Frage auf, ob der Film einen didaktischen Hintergrund verfolgt. Wir lernen beispielsweise zu genüge, wie man sein Essen nicht zu sich nimmt. Was der Zuschauer hier auf der Leinwand beobachten muss, ist mehr als nur widerlich und nicht einmal im Ansatz lustig. Ferner lernen wir, dass Mädchen was für Schwuchteln sind, George Washington das Geld erfunden hat und dass ein Schuldirektor die höchste Position im gesamten Bundesstaat innehat. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, doch mehr als ein müdes, eher sogar mitleidiges Lächeln ist während der gesamten Spielzeit nicht drin. Vielleicht – die Betonung liegt auf „vielleicht“ – finden die jüngsten Zuschauer die ein oder andere Szene amüsant, doch für alle, die das Kindesalter bereits hinter sich gelassen haben, kommt dieser Film einer Zumutung erster Güte gleich.

    Normalerweise würde an dieser Stelle nun auf die Leistungen der einzelnen Darsteller eingegangen werden, doch dies auch nur im Ansatz zu versuchen, käme im vorliegenden Fall einer journalistischen Bankrotterklärung gleich. Liebe Leser, glauben Sie uns, wenn wir Ihnen sagen, dass die Darbietungen jedes einzelnen sich mit einem einzigen Wort beschreiben lassen: peinlich. Ob nun die jungen Newcomer wie Derek Richardson und Eric Christian Olsen oder die etablierte Garde wie Eugene Levy, jeder – ausnahmslos – wird sich bereits jetzt wünschen, diesen Film für immer und ewig aus seiner Biographie verbannen zu können. Insbesondere letzterer sollte langsam aber sicher versuchen, seine Karriere in eine andere Richtung zu lenken, falls er nicht für immer auf die Rolle des nicht ernstzunehmenden Sidekicks reduziert sein will.

    Einziger, wenn auch kleiner Lichtblick, ist die Leinwanddebütantin Rachel Nichols. Hiermit sind jedoch weniger die schauspielerischen Qualitäten des ehemaligen Models für Jeanshosen gemeint, sondern vielmehr deren optischen Vorzüge. Ist sie auf der Leinwand, wird dem männlichen Teil des Publikums zumindest ein netter Augenschmaus geboten. Allein diese Tatsache rettet „Dumm und Dümmerer“ den Ehrenpunkt, was gleichermaßen traurig wie beschämend ist.

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