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    Der Dieb von Monte Carlo
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Der Dieb von Monte Carlo
    Von Björn Helbig

    Wie bei so vielem handelt es sich auch bei der Gauner-Komödie „The Good Thief“ um ein Remake. Und zwar um eines des französischen Schwarz-Weiß-Klassikers „Drei Uhr nachts“ (franz. „Bob Le Flambeur“) von Jean-Pierre Melville aus dem Jahr 1955. Im Original spielte Roger Duchesne („Le Golem“, 1936) den Gauner Bob, der ein Casino ausrauben will. Aber es ist gar nicht so sehr Melvilles Film, an den sich der Zuschauer bei „The Good Thief“ erinnert fühlen dürfte. Ebenfalls lassen sich starke Parallelen zu „Ocean’s Eleven“ erkennen und so wird „Der Dieb von Monte Carlo“, wie Neil Jordans Film in Deutschland manchmal vereinzelt betitelt wurde, nicht ganz zu Unrecht als europäische Antwort auf Steven Soderberghs Film bezeichnet. „The Good Thief“ muss sich dabei aber gar nicht verstecken und hält sowohl dem Vergleich zum Original als zum spektakulären Casinoraub mit Brat Pitt, George Clooney und Julia Roberts aus dem Jahre 2002 durchaus stand.

    Der heroinabhängige Gauner und besessene Spieler Bob Montagnet (Nick Nolte) hat sich in Südfrankreich zur Ruhe gesetzt. Mehr schlecht als recht vegetiert er im sonnigen Ambiente seiner Wahlheimat zwischen Pferderennbahn und Pokertisch vor sich hin. Die großen Coups gehören der Vergangenheit an – so denkt er. Als er aber von dem Plan hört, das Casino von Monte Carlo auszurauben, erwacht sein tot geglaubter Ehrgeiz zum Leben und er übernimmt die Führung bei diesem wahnwitzigen Projekt. Beobachtet von seinem liebsten Feind, dem Polizisten Roger (Tchéky Karyo), bereitet er mit Hilfe seiner Partner Paulo (Saïd Taghmaoui) und Raoul (Gérard Darmon), der Prostituierten Anne (Nutsa Kukhianidze), dem Computerexperten Vladimir (Emir Kusturica) sowie einer Gruppe schräger Vögel den großen Coup vor. Vorgeblich wollen sie den Safe des Casinos ausrauben. In Wirklichkeit haben die Langfinger allerdings ein ganz anderes Ziel…

    Die Idee der Gentlemen-Gauner, die eine Bank, ein Museum oder auch ein Casino ausrauben ist weder neu, noch bietet ihr relativ starres Korsett weiträumige Entfaltungsmöglichkeiten. Qualitätskriterien sind bei diesem Genre häufig der Charme oder auch die Coolness der Diebe sowie die Originalität des zu landenden Coups. Ob man „The Good Thief“ nun an diesen Kriterien misst oder ihn im Vergleich zu Filmen ähnlichen Sujets beurteilt oder ihn einfach unvoreingenommen auf sich wirken lässt – er macht in jedem Fall eine gute Figur. Schön auch, dass „The Good Thief“ nicht versucht, andere Filme in den Schatten zu stellen, indem er einen besonders „abgefahrenen“ Einbruch präsentiert, wohl wissend, dass diese Übertreibungen oft nach hinten losgehen. Und trotzdem schafft es das Ende durch einen kleinen aber feinen Twist zu überraschen. Das charmante Ende, bei dem nicht mal die Genialität der Helden zelebriert wird, sondern dem Glücksfaktor eine entscheidende Bedeutung zukommt, darf ruhig als ironischer Seitenblick zu verwandten Filmen verstanden werden.

    Neben einiger Seitenhandlungen um die Prostituierte Anne oder um die Beinahe-Freundschaft zwischen Bob und Polizist Roger kann der Film neben einer soliden Gaunertruppe aus teilweise skurrilen Charakteren wie dem E-Gitarre spielenden Vladimir der vom berüchtigten Regisseur Emir Kusturica („Schwarze Katze, weißer Kater“, „Underground“) gespielt wird, vor allem mit einem exzellenten Hauptdarsteller aufwarten. Nick Nolte (Kap der Angst, Hulk), der in vergangenen Tagen aufgrund seiner Alkoholsucht immer wieder Schlagzeilen machte, spielt seine Rolle, als sei er nur dafür geboren worden. In seiner Figur verbinden sich die raubeinigen und verrückten bis hin zu den liebenswerten Charakterzügen älterer Rollen und konglomerieren in Bob Montagnet, der versucht sein letztes Ding zu drehen. Auch wer dem Genre des Gaunerfilms bisher nicht allzu viel abgewinnen konnte, sollte hier vielleicht doch mal einen Blick riskieren, um Nick Nolte in einer seiner besten Rollen zu sehen.

    „The Good Thief“ von Oscarpreisträger Neil Jordan (Interview mit einem Vampir, The Crying Game, Breakfast On Pluto) ist kein perfekter Film. Alles andere als präzise wird die Geschichte vorgetragen, so dass sie mitunter sogar etwas unfokussiert wirkt. Das ist dramaturgisch sicher risikoreich, schafft aber auch – den düsteren Momenten des Films zum Trotz – eine gewisse Leichtigkeit. Doch auch wenn „The Good Thief“ nicht immer den direkten Weg geht und sich viel Zeit für Dinge nimmt, die kaum oder gar nicht mit dem Casinoraub zusammenhängen, wird er doch viele – vielleicht gerade dadurch? – in seinen Bann ziehen.

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