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    Monday
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Monday
    Von Björn Becher

    Ein schwerer Kopf, keine Orientierung und keine Erinnerung. So wacht der Büroangestellte Koichi Takagi (Shin'ichi Tsutsumi) in einem Hotelzimmer auf. Langsam versucht er sich zu erinnern, fragt sich, was mit ihm passiert ist. Etwas Reinigungssalz in seiner Tasche bringt ihm eine erste Erinnerung. Er war auf einer Totenwache, die in einem bizarren Ausgang mündete. Weitere Gegenstände liefern ihm nach und nach neue Bruchstücke an Erinnerungen. Das ist die Ausgangsposition von Hiroyuki Tanakas (alias Sabu) 2001 in den deutschen Kinos gelaufenem „Monday“, dem wohl bekanntesten, in Deutschland erfolgreichsten und auf der Berlinale 2000 gleich dreifach ausgezeichneten (FIPRESCI Award des internationalen Verbandes der Filmkritik, Caligari Film Award, Don Quixote Award) Film des Regisseurs. Der schickt den Zuschauer mit „Monday“ auf eine groteske und zynische Reise durch diverse Genres und die Erinnerungen seines Protagonisten.

    Wenn man „Monday“ kurz beschreiben müsste, dann könnte man ihn eine Kompilation aus Memento, Pulp Fiction und Falling Down nennen, würde damit zwar auch etwas Wahres treffen, dem Film aber nicht ganz gerecht werden. Sabu wildert nicht bei irgendwelchen Vorbildern. Mit seinen großen inszenatorischen Fähigkeiten kreiert er eine einzigartige Achterbahnfahrt für den Zuschauer und den Protagonisten. Von Beginn an hängt über jeder Szene der Schalk. Man weiß nie, woran man ist. Die Totenwache, welche die erste Rückblende darstellt, gibt einen wunderbaren Vorgeschmack darauf, was den Zuschauer nun erwarten wird. Ruhig beginnend, schleicht sich leise Komik ein, als die Anwesenden den Sarg umdrehen müssen, damit der Leichnam in die richtige Himmelsrichtung ausgerichtet ist. Doch das ist noch nichts gegen den Knall, der daraufhin folgen soll. Und das ist erst der Anfang, die richtig schweren Geschütze fährt Sabu in den nachfolgenden Rückblenden auf.

    Auch wenn „Monday“ so vordergründig eine schrille Komödie ist, sind es die Zwischentöne, die den Film bestimmen. Es wird ein skurriles, aber kritisches Portrait des typischen, einfachen japanischen Angestellten nachgezeichnet. Takashi Miike hat zum Beispiel die Manga-Verfilmung „Salaryman Kintaro“ genutzt, um anhand eines farblosen Angestellten, der zum Rebellen für die Gerechtigkeit wird, Kritik an der in ihren Riten erstarrten japanischen Gesellschaft zu üben. Sabu lässt seinen Protagonisten einen gegensätzlichen Weg der Rebellion gehen, schlägt aber in die gleiche Kerbe. Der „Salaryman“ Takagi ist der typische japanische Angestellte. Schwarzer Anzug, weißes Hemd, schwarze Krawatte, jeden Morgen pünktlich bei der Arbeit, die er dann ruhig und ohne etwas in Frage zu stellen, erledigt. Ein Mann, der wahrscheinlich noch nie aufbegehrt hat. Bis er dann an einem Tag explodiert und das lauteste Widerwort erhebt, welches man sich nur vorstellen kann. Durch die Überzeichnung und die damit einhergehende ironische Brechung der Gewalt in seinem Film, schafft es Sabu, dass auch klar die Satire durchscheint. Dazu kommt vor allem zum Finale hin eine immer stärker einsetzende Surrealität der Szenen, was darin mündet, dass schließlich auch der Teufel und seine Handlanger auftreten.

    Was anderen Filmen das Genick brechen würde, kann man sich hier dann leisten. Im Finale kommt es zu einem unglaublich plakativ dargestellten Abschwur auf Waffen und einem Plädoyer für Pazifismus. Das wird allerdings wieder so überzeichnet, dass man sich nicht ob der Plakativität schüttelt, sondern die Botschaft wieder funktioniert und gleichzeitig noch unterhält. Unterstrichen wird dies durch die sehr stilsichere Inszenierung von Sabu, der mal grelle Farben bevorzugt und in anderen Szenen wieder dunklere Töne wie bei einem Neo-Noir-Film auffährt. Die erstklassige Farbgestaltung passt dabei aber jederzeit. Die Stilsicherheit setzt sich bei Kameraführung und Schnitt fort. Selbst in den ruhigeren Zwischentönen, die Sabu hier deutlich öfter einstreut, als bei seinen vorangegangenen drei Filmen (aber noch weit entfernt von der Stille eines Blessing Bell), langweilt sich der Zuschauer nicht. Da verzeiht man dem Regisseur auch gerne, dass er das Finale insgesamt doch ein wenig zu stark in die Länge zieht.

    Auf der Habenseite kann er nämlich noch den erstklassig besetzten Shin'ichi Tsutsumi ( Always - Sunset On Third Street) verbuchen. Tsutsumi, der in den ersten fünf Filmen von Sabu immer eine der Hauptrollen mimt, schafft es wunderbar, die wechselhaften Emotionen seines Charakters, zwischen ruhigem Duckmäuser und wahnsinnigem Amokläufer, darzustellen. Er ist einer der Gründe dafür, dass „Monday“ ein sehenswerter Film ist, der für Freunde des japanischen Kinos zum absoluten Pflichtprogramm gehört, aber auch darüber hinaus, empfohlen werden kann.

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