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    Hellboy
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Hellboy
    Von Jürgen Armbruster

    Ist ein neuer Trend einmal ins Rollen geraten und hat sich als (kommerziell) erfolgreich erwiesen, ist dieser nur schwer wieder zu stoppen. Dies gilt für die Modebranche, die Musikbranche und vor allem auch für das gnadenlose Filmbusiness. Doch dies ist zugegebenermaßen durchaus verständlich. In Zeiten, in denen eine etwas größer angelegte Produktion in Windeseile einen dreistelligen Millionenbetrag verschlingt, beschränken sich die Studiobosse eben gerne auf bewährte Konzepte. Und diesem Muster folgend ist aktuell kein Comic vor einer Leinwand-Adaption sicher. Bryan Singers X-Men und Sam Raimis Spider-Man haben den Weg geebnet, der seitdem sukzessive ausgenutzt wurde. Neuester Beitrag ist die Verfilmung des in Amerika recht populären Dark-Horse-Comics „Hellboy“. Eine Produktion, bei der von Beginn an jedwedes Risiko gemieden wurde, wie nicht nur die Vergabe des Regiestuhls an den comicerfahrenen Blade 2-Regisseur Guillermo del Toro beweist.

    Die Geschichte von „Hellboy“ beginnt vor ungefähr 60 Jahren kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Nazi-Deutschland stemmt sich verzweifelt der drohenden Niederlage entgegen. Um den Lauf der Dinge noch einmal zu ändern und den Alliierten den sicher geglaubten Sieg zu entreißen, gehen die Nazis einen Pakt mit Grigori Rasputin (Karel Roden) ein. Dieser soll in einem heidnischen Ritual ein mystisches Portal zu einer dunklen Dimension öffnen, durch das die sieben Gottheiten des Chaos' ihren Weg zur Erde finden sollen. Dass die Alliierten diesen Plan vereiteln wollen, versteht sich von selbst. Einer Spezialeinheit um Professor Trevor „Broom“ Bruttenholm (John Hurt) gelingt es, Rasputin und die Nazis aufzuhalten, doch sie kommen zu spät. Das Ritual hat bereits begonnen und es konnte sich auch bereits etwas auf der Erde manifestieren: Ein kleiner Babydämon, mit einer seltsamen Vorliebe für Schokoladen-Riegel!

    60 Jahre später in der Gegenwart: Der junge FBI-Agent John Meyrs (Rupert Evans) ist gerade einer streng geheimen Regierungseinrichtung mit dem schicken Namen B.P.R.D. (Bureau for Paranormal Research and Defence) zugeteilt worden. Was ihn dort erwartet, weiß er im Vorfeld selbst nicht genau. Doch als er dort ankommt, staunt er nicht schlecht. Professor Broom, Leiter der B.P.R.D., hat sich seinerzeit des Babydämonen angenommen, ihn wie ein liebender Vater zu einem stattlichen Dämon herangezogen und ihn passenderweise auf den Namen Hellboy (Ron Perlman) getauft. An sich schon skurril genug, doch abgerundet wird dieses Kuriositätenkabinett durch den telepathisch begabten „Meerman“ Abraham „Abe“ Sapien (Doug Jones). Professor Brooms Team wird immer dann aktiviert, wenn die Erde von übernatürlichen Kräften bedroht wird. Und dies geschieht, obwohl die Breite Masse der Menschheit nichts von alle dem ahnt, relativ häufig. Die neueste paranormale Bedrohung geht dabei (wie sollte es auch anders sein?) von einem guten, alten Bekannten aus: Grigori Rasputin. Genau die richtige Gelegenheit also, um die ein oder andere alte Rechnung zu begleichen. Erschwerend kommt allerdings hinzu, dass auch ein Dämon nicht vor menschlichen Gefühlen gefeilt ist und momentan nur Augen für die im wahrsten Sinne des Wortes „feurige“ Liz Sherman (Selma Blair) hat…

    Das Comic „Hellboy“ entstammt aus der kreativen Feder von Mike Mignola. In der späten 80ern machte sich dieser vor allem als Zeichner bei Marvel einen Namen. In dieser Zeit wurde er unter anderem bei populären Comics wie „The Incredible Hulk“ und Batman eingesetzt. Doch einfach nur nach den Vorgaben anderer zu zeichnen, war Mignola irgendwann zu wenig. Er begann, selbst seine eigenen Helden zu entwerfen und fand 1994 mit Dark Horse Comics einen Verleger, der seinen Hellboy veröffentlichen wollte. In Amerika, dem Mutterland der Comics, stieß Mignolas Werk durchaus auf Akzeptanz, doch über den großen Teich hat es der Höllenjunge nie wirklich geschafft. Allenfalls den absoluten Comic-Freaks ist er im Alten Europa ein Begriff. Dass sich Columbia TriStar nun ausgerecht für die Adaption dieses Comics entschied, ist zumindest überraschend. Eine mögliche Erklärung wäre eventuell, dass die Rechte relativ günstig zu erhalten waren. Ein Schelm, wer böses dabei denkt…

    Doch wenden wir uns dem eigentlichen Comic und dessen Adaption zu. Nüchtern betrachtet ist der eigentlichen Figur des Hellboy zunächst einmal ein erhebliches unterhalterisches Potenzial zuzugestehen. Es ist durchweg sympathisch, wenn dieser Dämon wie ein eitler Italiener vor dem Spiegel steht und sich ausgiebig der Körperpflege widmet. Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass er sich nicht den Bart, sondern die Hörner stutzt. Desweiteren ist unser Höllenknabe Kettenraucher, hat eine Vorliebe für scharfes Chili, umgibt sich gerne mit Schmusekätzchen und hat immer einen lockeren Spruch parat. Keine Frage: Dieses rote Monstrum weiß zu unterhalten. Doch genau so wie im Comic ist auch auf der Leinwand nicht Hellboy selbst das Problem, sondern die Figuren um ihn herum. Professor Broom ist in seiner Vaterrolle so eindimensional wie ein Charakter nur sein kann, der „Meermann“ Abe (anders lässt sich dieses Geschöpf eigentlich nicht beschreiben) wirkt selbst in einer Comicverfilmung extrem kitschig und Erzschurke Rasputin ist in etwa so Furcht einflössend wie ein tollwütiger Kanarienvogel. Der Tiefpunkt ist allerdings die extrem lächerliche, schwertschwingende, hirnlose Nazigestalt Kroenen. Welcher Teufel Herrn Mignola beim Erschaffen dieser Peinlichkeit geritten hat, ist kaum nachvollziehbar. Mehr Klischee geht eigentlich nicht. Allenfalls die Figur der Liz Sherman kann noch eine gewisse Vielschichtigkeit vorweisen.

    Dass „Hellboy“ trotz der kaum vorhandenen Story und oberflächerlicher Charaktere noch ein kurzweiliger Film ist, liegt darin, dass er zu keinem Zeitpunkt versucht, mehr sein zu wollen als ein reinrassiger Action-Streifen. Guillermo del Toro macht da weiter, wo er in „Blade 2“ aufgehört hat. Die Dialoge sind auf das Allernötigste beschränkt und dienen entweder zur kurzzeitigen Auflockerung der Stimmung oder zur Überbrückung, bis der nächste Scherge dran glauben muss. Dabei erweist sich die Besetzung des Hellboy mit Del-Toro-Buddy Ron Perlman (beide haben bereits in „Blade 2“ und „Cronos“ zusammen gearbeitet) keineswegs als Nachteil. Gerüchten zufolge wäre den Studiobossen ein Vin Diesel oder ein Dwayne „The Rock“ Johnson lieber gewesen, doch im dicken Hellboy-Kostüm weiß der ansonsten auf allenfalls zweitklassige Produktionen beschränkte Perlman durchaus zu überzeugen. Aus schauspielerischer Sicht wird von ihm ohnehin kaum etwas gefordert. Apropos Schauspieler: Selma Blair ist wie immer hübsch anzusehen. All zu viel falsch machen konnte sie in ihrer Rolle allerdings auch nicht. Wesentlich wichtiger als die Schauspieler sind bei einer Produktion wie „Hellboy“ ohnehin die Spezial-Effekte. Und diese erfüllen ihren Zweck, auch wenn sich die ein oder andere Computeranimation all zu deutlich als solche entlarven lässt. Wünschenswert wäre eventuell ein etwas originelleres Monster-Design gewesen. Das recht spärliche Repertoire reicht vom x-ten Alien-Abklatsch bis zum Riesen-Blob, doch Neues wird dem Zuschauer nicht wirklich geboten.

    „Hellboy“ ist ein Film aus der Fast-Food-Abteilung Hollywoods. All jene, die sich mit der Formel „90 Prozent Action – 10 Prozent Handlung“ anfreunden können und von einem Actioner nicht mehr erwarten, als krachende Unterhaltung ohne Kompromisse sind hier genau richtig. „Hellboy“ ist im Vergleich zur bisher schwächsten Comic-Verfilmung Catwoman definitiv ein großer Schritt nach vorn, doch zu Genre-Primus „Spider-Man“ oder auch „X-Men“ fehlt ihm dann doch einiges. Sei’s drum. Sein Publikum wird „Hellboy“ auch bei uns finden.

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