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    30 über Nacht
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    30 über Nacht
    Von Carsten Baumgardt

    Bodyswitch-Komödien sind wieder mehr in Mode gekommen. „Freaky Friday“ hauchte diesem Subgenre durchaus Leben ein. Neue Ideen sind dennoch Mangelware. Das trifft auch auf Gary Winicks Fantasy-Komödie „30 über Nacht“ zu. Die Handlung bewegt sich im Rahmen des Vorhersehbaren, Klischees werden nicht ausgelassen, doch der Film hat ein großes „aber“ zu bieten. Hauptdarstellerin Jennifer Garner versprüht einen derart atemberaubenden Charme, dass sie nahezu alle nicht zu leugnenden Defizite spielend ausgleicht.

    1987: Jenna Rink (Christa B. Allen) feiert ihren 13. Geburtstag, aber die Schülerin ist dennoch frustriert. Ihre Eltern (Kathy Baker, Phil Reeves) nerven sie, ihr Traumboy ist für sie unerreichbar und die angesagteste Schul-Clique „Six Chicks“ ignoriert sie einfach. Ihr bester Freund Matt (Sean Marquette) ist bis über beide Ohren in Jenna verliebt, aber der Außenseiter hat kein gutes Image und wird wegen seines Übergewichts „Beaver“ genannt. Um sich bei den „Six Chicks“ einzuschmeicheln, lädt Jenna die Clique zu ihrem Geburtstag ein. Doch die Mädchen stellen sich als überaus gemein heraus und stürzen Jenna in den totalen Frust. Nicht nur, dass sie Matt vor den Kopf stößt – sie wünscht sich, dass sie 30 Jahre alt, schön und erfolgreich ist. Am nächsten Morgen erwacht Jenna (Jennifer Garner) plötzlich im Jahr 2004. Sie bewohnt ein New Yorker Luxus-Appartement, ist wunderschön und arbeitet als Top-Redakteurin bei dem Hochglanz-Magazin „Poise“. Sie hat alles, was sie sich früher gewünscht hat. Das Problem: Sie steckt im Körper einer 30-Jährigen, ist vom Geist aber immer noch 13 Jahre alt. Als sich Jenna langsam an diese unglaubliche Veränderung gewöhnt hat, versucht sie, ihren Jugendfreund Matt (Mark Ruffalo) ausfindig zu machen. Überrascht stellt sie fest, dass der mittlerweile attraktive Fotograf seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr hatte, weil sich Jenna zu einem skrupellosen Biest entwickelt hat...

    Originalität ist keines der Prädikate, welches sich für die Beschreibung von Gary Winicks „30 über Nacht“ anbietet. Das Thema Bodyswitch wird nur in den eng gesteckten Grenzen des Genres variiert. Etwas anderes hat allerdings auch niemand erwartet. Schließlich handelt es sich um eine locker-leichte Komödie fern jeglichen Anspruchs. Also kommt es umso mehr auf das „wie“ an. Und hier kann „30 über Nacht“ punkten. Eine Menge sympathische Charaktere tummeln sich im Film. Allen voran Jennifer Garner („Daredevil“, „Catch Me If You Can“). Der „Alias“-Star beweist zum ersten Mal Talent im komischen Fach. Garner spielt den quirligen Wirbelwind Jenna mit unbändiger Energie und einem ungeheuren Charme, dem wohl nur ganz Hartgesottene nicht verfallen werden. Dabei hält sie ihren Filmcharakter plausibel und ist richtig witzig. Zudem stimmt die Leinwandchemie mit Filmpartner Mark Ruffalo („In The Cut“, „Flight Girls“, „Collateral“), der zurückhaltend, aber charmant agiert. Auch Andy „Gollum“ Serkis ist als Sidekick bestens besetzt. Judy Greer („Adaption“, „Was Frauen wollen“) übernimmt die etwas undankbare Rolle der Superzicke.

    Optisch ist „30 über Nacht“ knallbunt, der Stimmung der 80er Jahre angepasst und exzellent eingefangen von Top-Kameramann Don Burgess („Forrest Gump“, „Spider-Man“, „Terminator 3“, „Cast Away“). Apropos 80er: Der Soundtrack strotzt nur so vor Superhits dieser Epoche: Madonna, Michael Jackson, Whitney Houston, Belina Carlisle und viele mehr sind vertreten. Da Jenna die Ideen der 80er mit in die Gegenwart bringt, hat auch die Musik dort ihren Platz. Die Drehbuchautoren Josh Goldsmith und Cathy Yuspa („Was Frauen wollen“) liefern solide Arbeit. Aber machen wir uns nichts vor: Die Story ist reiner Trash. Sympathischerweise wird dies zu keiner Zeit verhehlt. Doch das Wichtigste: Witz und Charme stimmen. Das mindert die Defizite, die die Geschichte aufweist. Die Moral ist zuweilen zu klebrig und auch das unausweichliche Happy End ist reichlich dick aufgetragen.

    Trotz der Mängel und Vorhersehbarkeit funktioniert „30 über Nacht“ aber insgesamt als Film für seine Zielgruppe. Das Genre wird weder neu erfunden, noch originell bereichert, aber wer seinen Spaß an einer reinrassigen, anspruchsresistenten Feel-Good-Comedy haben will, sitzt hier im richtigen Film. Im Grunde ist das meiste an diesem Werk Durchschnitt, aber die überragend auftrumpfende Jennifer Garner bereitet dem Zuschauer soviel Freude, dass sie den Unterhaltungswert im Alleingang hoch hält. Ohne die umwerfende Präsenz Garners hätte ein seichter Film wie „30 über Nacht“ ganz leicht in die Hose gehen können - wie beispielsweise die ähnlich angesiedelte Komödie „Uptown Girls“, in der Brittany Murphy eben der Charme fehlte, den Garner versprüht.

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