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    In 80 Tagen um die Welt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    In 80 Tagen um die Welt
    Von Deike Stagge

    Moderne Literaturverfilmungen entfernen sich immer mehr von ihren Vorlagen und liefern neue Interpretationen. Doch wenn Jackie Chan die Hauptrolle in Jules Vernes Klassiker „In 80 Tagen um die Welt“ übernimmt, kann man sich besser gleich auf eine action- und klamauklastige Version einstellen. Einzig die Schauplätze und die zeitliche Einordnung blieben unangetastet, die Schwerpunkte des Werks wurden zugunsten von Martial-Arts und Slapstick neu angelegt.

    Lao Xing (Jackie Chan) hat gerade die Bank von England überfallen, um an einen kleinen Jadebuddha zu kommen. Auf der Flucht vor den herangeeilten Bobbies versteckt er sich im Garten des weltfremden Erfinders Phileas Fogg (Steve Coogan). Kurzerhand stellt er sich dem verblüfften Fogg als sein neuer Diener Passepartout vor und lässt sich als Versuchskaninchen für dessen neue Erfindung einspannen. Seine große Chance, das Land zu verlassen, sieht Lao Xing, als Fogg vom Vorsitzenden der Wissenschaftlichen Akademie, Lord Kelvin (Jim Broadbent), zu einer irren Wette herausgefordert wird: Er soll in 80 Tagen um die Welt reisen, falls er versagt, darf er niemals wieder als Erfinder arbeiten. Von Lao Xing genötigt, stimmt Fogg zu und schon machen sich die beiden auf den Weg. Zunächst geht es nach Paris, wo sich die lebenslustige Malerin Monique (Cecile de France) dem Duo infernale anschließt. Was die Reisenden nicht wissen ist, dass Lord Kelvin ihnen nicht nur den tolpatschigen Inspektor Fix (Ewen Bremner) hinterherschickt, um sie aufzuhalten, sondern auch mit General Fang (Karen Mok) unter einer Decke steckt. Fang will unbedingt an den Jadebuddha von Passepartout kommen, um die Herrschaft über sein Dorf in China zu erlangen.

    Ab diesem Moment verliert der Film jeglichen Kontakt mit der Vorlage. In jedem Ort auf der Durchreise lauern gefährliche asiatische Kämpfer, die der Gruppe auflauern. Mit allen möglichen Lügen versucht Lao Xing, die Entdeckung seiner eigentlichen Motive durch seinen Partner zu verhindern und macht dabei Monique zu seiner Komplizin. Zunächst gilt es noch, den liebeskranken türkischen Prinzen Hapi (Gouvernator Arnold Schwarzenegger in seiner furchtbarsten Rolle) zu überlisten, der Monique zu seiner Haremsdame machen will. Doch schon bald belastet Lao Xings immer ausufernderes Versteckspiel die Freundschaft zu Fogg, und die Weltumrundung droht auch ohne äußere Einflüsse zu scheitern.

    Die Neuverfilmung von „In 80 Tagen um die Welt“ richtet sich an ein vollständiges anderes Publikum als seine Vorgänger mit David Niven oder Pierce Brosnan. Vor allem Kinder dürften zu Weihnachten auf die kurzweilige Unterhaltung mit gut choreographierten Kampfszenen abfahren. Wer jeglichen intellektuellen Rückhalt sucht, ist aber im falschen Film. Allein die grottenmies gemachte Perücke im völlig überflüssigen Auftritt von Arnold Schwarzenegger lässt arglose Zuschauer vor Entsetzen die Fingernägel in die Armlehnen bohren und sorgt dafür, dass der Film nicht mehr ernst genommen werden kann. Doch damit nicht genug. Diese Szene entbehrt jeder Rechtfertigung und schädigt als Cameo das Image des Films erheblich. Andere Gastauftritte von Macy Gray, Kathy Bates, Rob Schneider und den Wilson Brüdern können ebenfalls keine echte Sympathie erwecken, sondern riechen eher nach Kumpanei zwischen alten Kollegen.

    Die Berliner hingegen dürfen sich freuen, ihre Stadt im einzig guten Cameo-Auftritt auf der Leinwand zu erblicken. Musste Berlin im Spionage-Thriller „Die Bourne Verschwörung“ in diesem Jahr bereits für Moskau herhalten, darf es jetzt beweisen, dass es durchaus auch Londoner und Pariser Schauplätze darstellen kann. Leider ist der Wechsel zwischen den Handlungsorten mit nicht nachvollziehbaren comicartigen Kamerafahrten (und teilweise unsinnigen Feuerwerkseinblendungen) verbunden, die das Publikum aus den gerade rezipierten schönen Bildern herausreißen und die Sinnfrage stellen lassen.

    Die für den Film entworfene Rahmenhandlung, die Chan und seine durchaus ehrenwerte Motivation in die Geschichte einbauen soll, bringt auch keine Pluspunkte. Zu sehr erinnert die Legende des gestohlenen heiligen Artefaktes, dass die Herrschaft über eine Region bedingt, an die Sankara-Steine aus „Indiana Jones und der Tempel des Todes“. Was den Film aber aufwertet, sind die erfrischenden Auftritte der Hauptrollen. Während Jackie Chan in bestens bekannter 100%-Action-Manier agiert, zeichnet sich der schottische Darsteller Steve Coogan („24 Hour Party People“) als hervorragende Besetzung für den gutmütigen aber zerstreuten Phileas Fogg aus und harmoniert wunderbar mit seinem weiblichen Gegenpart Cecile de France, die auch als Belgierin die richtige Portion französischen Charme beisteuert. Regisseur Frank Coraci („Waterboy“, „Eine Hochzeit zum Verlieben“) bisherige Projekte beweisen seine Expertise auf dem Gebiet der Slapstick-Comedy. Insofern ist der Film wohl so geworden, wie er sein sollte: unterhaltsam, komisch und kilometerweit entfernt von intellektuellem Anspruch.

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