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    Code 46
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Code 46
    Von Deike Stagge

    Seit seiner preisgekrönten Rolle in Clint Eastwoods „Mystic River“ ist es filmisch still um Tim Robbins geworden. Nur ein gänzlich unfreiwilliger Auftritt in der Puppen-Groteske „Team Amerika“, in dem Robbins als radikaler Friedensanhänger persifliert wird, folgte. Jetzt meldet sich der Schauspieler und Produzent zurück mit einem für ihn eher ungewöhnten Science-Fiction Liebesdrama.

    In naher Zukunft: Reisen in Großstädte sind nur noch mit bestimmten Visa möglich, viele Menschen ohne Papiere leben in Wüsten um die Metropolen. Klonen ist legal, aber jedes Paar, das Kinder bekommen möchte, muss sich zuvor auf genetische Übereinstimmungen in ihren Genen testen lassen, damit nur gesunde Kinder geboren werden. Wenn die genetische Übereinstimmung bekannt ist, das Paar aber trotzdem eine Schwangerschaft riskiert, ist Code 46 verletzt worden, ein Vergehen, dass die Höchststrafe nach sich zieht.

    William Geld (Tim Robbins) ist ein glücklich verheirateter Familienvater, der für eine Versicherungsfirma arbeitet. Sein aktueller Auftrag führt ihn nach Shanghai, wo er einem Visumsfälscher in einer großen Firma auf die Spur kommen soll. William erkennt dank eines Empathie-Virus, das ihn die Gedanken anderer lesen lässt, schnell die Täterin: Maria Gonzales (Samantha Morton). Doch er verliebt sich in sie, nachdem er ihre Beweggründe für die Fälschungen erkennt. Beide verbringen eine Nacht miteinander, bevor William wieder in die Staaten ausreist. Kaum hat der Versicherungsagent seine Koffer ausgepackt, erfährt er, dass die Firma in Shanghai nach ein Todesfall mit den gefälschten Papieren vollständige Aufklärung des Falles verlangt. Kurz entschlossen fliegt er zurück, um Maria zu warnen. In der Stadt angekommen findet er heraus, dass Maria wegen einer Verletzung des Code 46 in einem Krankenhaus festsitzt.

    „Code 46“ beschäftigt sich mit einem sehr spannenden Thema: Was wäre, wenn das Klonen von Menschen alltäglich wäre? Wie würden Paare damit umgehen, wenn sie gleiche genetische Bausteine haben? Regisseur Michael Winterbottom („9 Songs“, „24 Hour Party People“) kombiniert diese Vorstellung mit der antiken Tragödie Ödipus. William findet schnell heraus, dass Maria eine genetische Kopie seiner Mutter ist. Diese Spannung steht im Zentrum des Films, es dreht sich hauptsächlich um diese zwei Figuren und die Konsequenzen ihres Handelns. Gleichzeitig verknüpfen die Macher ihre Handlung noch mit Elementen des Film Noir, da William sich in die Frau verliebt, die er eigentlich verhaften soll.

    Die filmische Ausgestaltung der Geschichte begeistert das Auge hingegen nicht besonders. So wird jeder Ortswechsel durch eine Sequenz von schnellen Schnitten auf mehr oder minder ortstypische Wolkenkratzer eingeleitet, um eine Atmosphäre zu erzeugen. Dieser als Hingucker gedachte Effekt wirkt aber nach dem dritten Einsatz langweilig und unkreativ. Regisseur Michael Winterbottom war aber von seinen Sets so begeistert, dass er sich entschloss, die Sequenzen im Film zu belassen. Ein weiterer Störfaktor ist, dass hin und wieder die Stimme von Maria aus dem Off Szenen einleitet. Gerade am Anfang kann sie der Zuschauer noch nicht einordnen und wird durch die Tatsache, dass sie sich im Folgenden mit ihren Worten immer direkt an William richtet, aus dessen Sicht die Geschichte aber erzählt wird, verwirrt.

    Allerdings kann „Code 46“ auch mit sehr gelungenen filmischen Ideen aufwarten. So wurde für die Produktion extra eine eigene Sprache erschaffen, die hauptsächlich aus Englisch besteht, aber Ausdrücke aus dem Französischen, Spanischen und Arabischen übernimmt. Diese Sprache soll das futuristische Ambiente herstellen, da sich das Team von „Code 46“ dazu entschied, den Look des Films sehr nah an der heutigen Realität zu erhalten. Die Kameraführung ist sehr ruhig, Bewegungen entstehen größtenteils durch den Schnitt. Nur in ausgewählten Szenen kommt eine mobile Kamera zum Einsatz. Damit verschenkt Winterbottom zwar einige Effekte, bringt aber eine melancholische und triste Grundstimmung zum tragen, die die solide aber glanzlose Schauspielleistung von Samantha Morton und Tim Robbins unterstützt. „Code 46“ entwirft eine interessante Zukunftsvision über die Fragestellung, wie die Menschheit mit einer Allgegenwart des Klones umgehen könnte. Trotz der angeführten filmischen Mängel ist der Film wegen seiner spannenden Grundfrage und der von ihm entworfenen Lebenswelt sehenswert.

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