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    Madagascar
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Madagascar
    Von Alina Bacher

    Es ist mal wieder so weit: Der Sommer steht vor der Tür und der Run auf die Reisebüros hat begonnen. Wie wär’s denn dieses Jahr zur Abwechslung einmal mit einer Reise ins entlegene Madagaskar? Natürlich, dafür braucht es schon ordentlich Kleingeld und deshalb bringt DreamWorks die wilde Insel zu uns in die Kinos. Zusammen mit einem urkomischen Tierquartett geht’s auf Entdeckungsreise durch den paradiesischen Urwald. Und dabei bleibt sicher kein Auge trocken. Mit „Madagascar“ ist den Animationsprofis, die bereits mit „Shrek“ so manches Kinderherz zum Jubeln gebracht haben, eine wirklich tierische Komödie gelungen, die Groß und Klein begeistern wird.

    Im Central Park Zoo gibt es viel zu sehen, doch die unumstrittene Hauptattraktion ist Löwe Alex (gesprochen von Jan Josef Liefers). So ein Leben als Star bringt viele Annehmlichkeiten mit sich, die er auch in vollen Zügen genießt. Er und seine werten Zookameraden, das vorlaute Zebra Marty (gesprochen von Rick Kavanian), die leichtfüßige Nilpferddame Gloria (Claudia Urbschat-Mingues) und die überängstliche Giraffe Melman (Bastian Pastewka) führen ein entspanntes Leben mit Futter und Service vom Feinsten. Doch pünktlich zu seinem zehnten Geburtstag fasst Marty einen Entschluss: Wenigstens einmal möchte er die „Wildnis“ sehen. Schuld an Martys Freiheitsdrang sind letztendlich vier intrigante Pinguine (gesprochen von den Fantastischen Vier), die einer Verschwörung auf der Spur sind und einen Tunnel in die Antarktis buddeln wollen. Obwohl Alex und seine Freunde versuchen, das freiheitsliebende Zebra aufzuhalten, reißt Marty aus und will mit dem Zug nach Connecticut. Am Bahnhof trifft er abermals auf seine Zookumpel, die versuchen ihn zur Rückkehr zu überreden. Doch es ist bereits zu spät. Die vier Ausreißer werden eingefangen und sollen nun in einen Nationalpark verschifft werden. Mit an Bord (wie sollte es anders sein?) ist die organisierte Pinguinbande, die kurzerhand meutert und das Kommando über den Frachter an sich reißt. In all dem Trubel gehen Alex, Melman, Gloria und Marty über Bord und finden sich an der malerischen Küste Madagascars wieder. Martys Traum von Freiheit und Wildnis hat sich erfüllt, doch die Zoobewohner müssen einsehen, dass das Leben in der freien Wildbahn nicht ganz so ist, wie sie es sich vorgestellt haben.

    Nach dem riesigen Erfolg von „Shrek“ bringt DreamWorks mit „Madagascar“ erneut einen herrlich komischen Animationsfilm auf die Leinwand. Auf realitätsgetreue Animation wurde diesmal verzichtet, denn „Madagascar“ ist der Versuch, dreidimensionalen Computermodellen einen zweidimensionalen Look zu verleihen. Das Ergebnis: Etwas überdreht ausschauende Tiere, die wirklich zum Knuddeln knuffig aussehen. Trotzdem ist die Grafik nicht etwa minderwertig. Wie bereits in „Shrek“ ist auch dieses Mal die Liebe zum Detail nicht verloren gegangen und so wirken Fell, Haare und sonstige Tierbesonderheiten weitgehend real. Besonders auffällig sind allerdings die Bewegungsabläufe. Die tollpatischen Pinguine watscheln etwas schwerfällig vor sich hin, während die gut gebaute Nilpferddame Gloria leichtfüßig über den weißen Sandstrand tippelt.

    Zu den Synchronstimmen ist zu sagen, dass die deutsche Umsetzung gut gelungen ist, allerdings meilenweit hinter der englischen Fassung zurückbleibt. Besonders schade ist, dass die Originalstimme von Lemuren-König Julien (Sacha Baron Cohen, besser bekannt als Ali G.) verloren gegangen ist. Auch Jan Josef Liefers kommt einfach nicht an einen Ben Stiller heran. Großartig dagegen ist Bastian Pastewka als Hypochonder Melman. Auch Rick Kavanian steht seinem englischen Pendant Chris Rock als vorlautes Zebra in nichts nach. Wer die Möglichkeit hat, den Film im Original zu sehen, der sollte dies auf alle Fälle tun. Ein netter Gag am Rande ist die deutsche Besetzung des paramilitärischen Pinguinquartetts, denn hierfür konnten die Fantastischen Vier gewonnen werden, allen voran Smudo und Thomas D.

    DreamWorks' Animationsfilme sind bekannt dafür, dass sie kleine und größere Seitenhiebe auf die heutige Popkultur in ihre Filme einbauen. Das verstehen zwar die Kleinsten nicht, allerdings sind diese Scherze auch eher für das ältere Publikum gedacht. „Madagascar“ bildet da keine Ausnahme und zieht Filme wie „American Beauty“, „Planet der Affen“ und noch einige mehr köstlich durch den Kakao. Im Gegensatz zu den an Musicals erinnernden Disney-Soundtracks verzichtet „Madagascar“ auf schmalzige Schnulzsongs und punktet stattdessen durch den von Filmmusik-Legende Hans Zimmer (u.a. „Gladiator“; „König der Löwen“) komponierten Score. Eine Sing- und Tanzeinlage bleibt trotzdem und die hat es wirklich in sich. Soviel sei verraten: Lemuren können ganz schön abrocken!

    Die Story ist wunderbar einfach und besonders für die Kleinsten leicht zu verstehen. Trotzdem ist an manchen Stellen die Natur in all ihrer Grausamkeit wohl etwas hart für Kindergemüter. Fressen und gefressen werden ist mit eines der Hauptthemen des Films. Und das wirft bei Kindern einiges an Erklärungsbedarf auf. Worüber wir Erwachsenen herzhaft und sarkastisch lachen können, ist für unsere Kleinen meist ziemlich brutal und hart. Davon abgesehen ist die Story sehr kindgerecht. Auch der Humor hat sowohl etwas für Kinder als auch für Erwachsene zu bieten. Leider verliert die Geschichte zum Schluss hin immer mehr an Fahrt, denn die ganz großen Brüller werden bereits am Anfang verschossen. Was allerdings sehr enttäuscht, ist der Schluss. Anstatt die Story zu einem schönen Ende zu bringen, entschloss sich Regie-Duo Eric Darnell und Tom McGrath dazu, einfach die Notbremse zu ziehen und die Zuschauer etwas verdattert sitzen zu lassen. „Madagascar 2“ wird wohl nicht lange auf sich warten lassen.

    Mit dem Regieduo Eric Darnell und Tom McGrath schickt DreamWorks zwei Comedyprofis an den Start. Darnell, der bereits beim DreamWorks-Insektenspektakel „Antz“ Regie führte und McGrath, der mit der Fernsehserie „The Ren & Stimpy Show“ und diversen Piltofilmen für Nickelodeon schon viel Erfahrung im Bereich Kinderunterhaltung gesammelt hat, waren auch beide am Drehbuch beteiligt. Die Dialoge stammen, neben Darnell und McGrath, auch aus der Feder des englischen Comedy-Autors Mark Burton, der mit etlichen Preisen, darunter der British Comedy Award, ausgezeichnet wurde. Der Vierte im Bunde der Drehbuchautoren ist Billy Frolick, der sich besonders als Autor von Parodien wie zum Beispiel „The Philistine Prophecy“ einen Namen gemacht hat. Das Comedy-Quartett lässt in „Madagascar“ einen Brüller nach dem nächsten los und zielt dabei vor allem auf ein älteres Publikum ab. Obwohl auch typischer „Kinderhumor“ (auf den Hintern fallen, mit „Poo Poo“ werfen) vorkommt, ist der humoristische Grundton doch meistens nur von Älteren zu verstehen. Besonders die diversen Seitenhiebe auf die heutige Popkultur sind hier zu erwähnen.

    Während Kinder in „Madagascar“ einfach nur ein paar verirrte Tiere sehen, können die etwas älteren Zuschauer den Film als eine nette Fabel verstehen. Die New Yorker Zootiere leiden, wie viele menschliche Städter auch, an typischen Großstadtneurosen. Zum Beispiel Giraffe Melman, ein Hypochonder, der ohne fachärztliche Versorgung von einer Panikattacke zur nächsten schlittert. Im Vergleich mit „Shrek“ schneidet „Madagascar“ etwas schlechter ab, denn ihm fehlen hier und das der nötige Biss und eine bis zum Schluss durchdachte Handlung. Vom Animationsniveau kann „Madagascar“ Filme wie „Robots“ locker toppen, kommt allerdings nicht an Pixars Unterwasserabenteuer „Findet Nemo“ heran. Zum Abschluss noch ein absolutes Highlight. Das paramilitärische Pinguinquartett macht fast alle kleinen Schwächen des Films wieder wett. Die vier watschelnden Frackträger sind die eigentlichen Stars aus „Madagascar“ und garantieren mit ihren wenigen, aber urkomischen Auftritten wahres Bauchfellzucken.

    Mit „Madagascar“ kommt in diesem Sommer eine wirklich tierische Komödie für Groß und Klein in die Kinos, die richtig Spaß macht. Wem „Shrek“ gefallen hat, der wird auch bei „Madagascar“ gut aufgehoben sein. Egal ob mit Kindern oder allein: „Madagascar“ trifft mit seinen knuddeligen Hauptdarstellern direkt auf die Lachmuskeln und garantiert witzige 85 Minuten voller tierischer Unterhaltung.

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