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    Eine zauberhafte Nanny
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Eine zauberhafte Nanny
    Von Deike Stagge

    In England gehörte ein anständiges Kindermädchen seinerzeit zum guten Ton und war für viele Haushalte unersetzlich. Der traditionsreiche Beruf existiert in vielen Facetten. Wenn eine Nanny allerdings Magie einsetzen muss, um in Kirk Jones' „Eine zauberhafte Nanny“ sieben widerspenstige Kinder zu zähmen und das Glück einer Familie zu retten, dann ist das ein Fall für die Leinwand-Nanny McPhee.

    Leichenbestatter Cedric Brown (Colin Firth) hat vor kurzer Zeit seine Frau verloren. Nun steht er als berufstätiger, allein erziehender Vater mit seinen sieben Kindern da. Leider sind die kleinen Wonneproppen alles andere als gut erzogen: Angeführt vom frechen Simon (Thomas Sangster), vergrault die Rasselbande jedes noch so hart gesottene Kindermädchen. Nur die Küchenhilfe Evangeline (Kelly Macdonald) kommt mit ihnen noch gut klar. Als der Witwer kurz vor dem Nervenzusammenbruch steht, gibt ihm eine magische Stimme den guten Rat, Nanny McPhee für die Betreuung seiner Kinder einzustellen. Kurz darauf steht die wunderlich-schauerliche Nanny (Emma Thompson) unaufgefordert vor seiner Tür und bietet an, den Gören einige wichtige Lektionen beizubringen.

    Die Kinder sind wenig begeistert und setzen mit ihren Streichen alles dran, die unerwünschte Aufpasserin schnell wieder los zu werden. Doch Nanny McPhee kann allen Provokationen standhalten und arbeitet sich Stück für Stück ins Herz der Brown-Kinder vor. Ganz andere Probleme beschäftigen Mr. Brown. Die reiche Erbtante (Angela Lansbury) fordert, dass Cedric bis zum Monatsende erneut heiratet, sonst will sie ihre Unterstützung für die mutterlose Familie einstellen. Außerdem will sie eins der Kinder mitnehmen und selbst erziehen. Die willige Heiratskandidatin Selma Quickly (Celia Imrie) ist leicht gefunden, aber die ist absolut egoistisch und zickig. Die Zukunft der Familie steht auf dem Spiel, aber die Kinder, Evangeline und Nanny McPhee haben noch ein paar Tricks auf Lager.

    In England ist die Geschichte um Nanny McPhee von Kinderbuchautorin Christianna Brand ein bekanntes Märchen und quasi die Antithese zum weltweit bekannten Nummer-1-Kindermädchen Mary Poppins. Statt süßer Belohnungen, einnehmendem Charme und Ausflügen in zauberhafte Welten setzt sich Nanny McPhee, die wie eine Art hässliche Kräuterhexe der Kinderbetreuung daherkommt, durch, indem sie den Kindern wörtlich das gibt, was sie fordern. Durch Zaubersprüche sind die sieben Quälgeister ans Bett gefesselt, als sie sich krank stellen. Sie gibt den Kindern ein Gefühl für Verantwortung und wird vor allem für Simon, der unter der kühlen Beziehung zu seinem Vater leidet, zur Bezugsperson. Märchenhaft wandeln sich nicht nur die sieben Brown-Sprößlinge innerlich zu besseren Menschen, auch die Nanny wird äußerlich mit jedem erfolgreichen Erziehungsschritt menschlicher. Eine schöne Weihnachtsbotschaft.

    Aber „Eine zauberhafte Nanny“ wird erst im Februar auf den deutschen Leinwänden zu sehen sein. Gegen die Winterblockbuster wie King Kong, Harry Potter und der Feuerkelch und Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia hätte das hierzulande relativ unbekannte Familienmärchen wohl kaum eine Chance auf einen guten Besucherschnitt gehabt und wurde vom Verleih dementsprechend nicht gesetzt. Im heimischen England lief „Eine zauberhafte Nanny“ bereits mit sehr, sehr beachtlichem Ergebnis. Das Drehbuch zur Verfilmung stammt übrigens aus der Feder von Nanny-Darstellerin Emma Thompson. Die durch Shakespeare-Verfilmungen wie „Henry V“ und „Viel Lärm um nichts“ an der Seite von Kenneth Brennagh bekannt gewordene Charakterdarstellerin hat bereits Drehbuchluft geschnuppert und die letzte Drehbuchversion für die Verfilmung von Stolz und Vorurteil mit Keira Knightley überarbeitet - nicht zu vergessen ihr Drehbuchoscar für Sinn und Sinnlichkeit. Leider fällt die Verbundenheit zwischen Autorin und Figur doch eher negativ auf. Vor allem zum Ende des Films erhält die Nanny einiges an überflüssiger Leinwandzeit, damit Thompson ihr nun von Make-up und Plastiknase befreites Gesicht noch einmal in aller Deutlichkeit in die Kamera halten kann. Auch wenn in dieser Hinsicht etwas übertrieben wurde, überzeugt Emma Thompson als streng-liebevolle Nanny und kann besonders in den Szenen mit den Kindern eine glaubhafte Figur abgeben.

    An ihrer Seite spielt sich Colin Firth (Tatsächlich Liebe, Wahre Lügen) immer mehr in die Rolle des sympathischen, aber mit seinem Nachwuchs hoffnungslos überforderten Familienvaters. Noch im letzten Jahr kämpfte ein schlank-sportlicher Colin Firth mit Hugh Grant zum zweiten mal um Bridget Jones, aber die neue Rolle als etwas in die Breite gegangenes Familienoberhaupt steht dem stoischen Briten mindestens genauso gut. Egal, was dieser Mann spielt, man sieht ihm einfach gern dabei zu. Den hochenglischen Schauspielerkreis vervollständigen Kelly Macdonald (Trainspotting, Gosford Park, Wenn Träume fliegen lernen) und die Leinwandlegende Angela Lansbury, die dem älteren Fernsehpublikum unvergesslich als Jessica Fletcher in „Mord ist ihr Hobby“ in Erinnerung bleiben wird. Jetzt kämpft die Schauspielveteranin mit ihrer lächerlichen künstlichen Nase und macht gnadenlos unterfordert für ihre Rolle nur gute Mine zum bösen Spiel.

    In filmischer Hinsicht kann „Eine zauberhafte Nanny“ wenig Überraschendes bieten. Für Kinder ist die gänzlich gewaltfreie Familienunterhaltung sicher eine hervorragende Wahl. Erwachsene wissen nach fünf Minuten, wie der Hase hier laufen wird und müssen dann einfach bis zum Ende ausharren. Auch einem Märchen hätte ein bisschen mehr Abwechslung und eine weniger übertriebene Darstellung gut getan – zumindest im Hinblick auf die erwachsene Zielgruppe. Bemerkenswert ist allerdings das Set- und Kostümdesign. Farblich abgestimmte, zum Teil schrill anmutende Zimmerausstattungen und ein eindrucksvolles Kostümarsenal von hochgestochenen bis kindlich-verspielten Kleidern machen die meisten Szenen zu einem Hingucker. Regisseur Kirk Jones, der sich durch erfolgreiche Werbefilme einen Namen machte, konnte im Jahr 1998 mit „Lang lebe Ned Devine“ bereits eine erfolgreiche Komödie inszenieren. Sein neues Projekt dürfte in Deutschland nicht so gut ankommen. Dennoch kann man „Eine zauberhafte Nanny“ für einen popcornreichen Kinoabend empfehlen, solange man eher auf hübsche Bilder und einen goldigen Gesamteindruck statt eine beeindruckende Handlung aus ist. Und gegen die lahmen Gags der neuen Familienfilme wie Im Dutzend billiger 2 oder Deine, meine und unsere kann sich Nanny McPhee mit ihrer märchenhaften Stimmung immer noch locker durchsetzen.

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