Mein Konto
    Rabid
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Rabid
    Von Björn Helbig

    „Rabid“: Das ist ein Vampir-, Zombie- und Endzeitfilm-Mix von David Cronenberg ( „Spider“, „eXistenZ“ „Die Fliege“ (1985), „Crash“ u. a.), der trotz einiger abstruser Ideen insgesamt überzeugt. Wem der neue Cronenberg zu verzwickt ist, findet in „Rabid“ einen düsteren, straighten Horrorfilm, der schnörkellos seinen Plot bis zum bitteren Finale vorantreibt und bereits das Potenzial seines Machers erahnen lässt.

    Hart Read (Frank Moore) und seine Freundin Rose (Marilyn Chambers) verunglücken mit dem Motorrad. Hart kommt mit ein paar Brüchen davon, doch Rose schwebt aufgrund schwerer Verbrennungen in Lebensgefahr. Es ist nicht wirklich Glück im Unglück zu nennen, dass Rose in einer nahe gelegenen Klink durch eine bisher unerforschte Methode, bei der Gewebe von anderen Körperstellen entnommen, neutralisiert und an Stelle der zerstörten Haut implantiert wird, von Dr. Dan Keloid (Howard Ryshpan) gerettet werden kann. Nach der Operation nämlich verspürt Rose einen starken Durst nach Blut, das sie ihren Opfern durch einen stachelartigen, ausfahrbaren Fortsatz unter ihrer Achsel aussaugen kann. Roses Nahrungsquellen werden einige Stunden nach dem Biss/Stich zu tollwütigen, zombiehaften Kreaturen, die nun ihrerseits auf der Suche nach Frischfleisch den Infekt weiter verbreiten. Während im Krankenhaus schnell aufgrund der ganzen „Verrückten“, zu denen mittlerweile auch Dr. Keloid gehört, Panik ausbricht, flieht Rose, weiter die Epidemie verbreitend, nach Montreal zu ihrer Freundin. Die Regierung, die der sich ausbreitenden Krankheit nicht mehr Herr wird, verhängt schließlich den Ausnahmezustand, was dazu führt, dass Infizierte gnadenlos erschossen werden, und das Land zeitweise im Chaos versinkt.

    „Rabid“ war nach „Shivers“ Cronenbergs zweiter größerer Erfolg und brachte ihm sowohl von Zuschauern als auch von Kritikern einiges an Anerkennung ein. Zwar ist „Rabid“ verglichen mit nachfolgenden Filmen wie „Scanners“ und „Videodrom“ noch relativ einfach gehalten und von späteren Meisterwerken wie „Die Fliege“, „Crash“ und „eXistenZ“ meilenweit entfernt, doch kann auch an diesem Film schon der intellektuelle Untergrund und eine Einführung ins cronenbergsche Motivrepertoire als Vorahnung auf dessen „Gesamtwerk“ bemerkt werden. Vordergründig ist es das Thema „Wissenschaft, die sich gegen den Menschen wendet“, welches der Autor und Regisseur in seinen Filmen behandelt. Hintergründig dient es aber nur dem Entwurf von etwas Größerem, nämlich der Transformation des Menschen. Diese Transformation ist bei Cronenberg beides: zivilisatorische Dystopie und Vision eines tief greifenden, gesellschaftsverändernden Wandels.

    „Rabid“ ist sicherlich kein perfekter Film. Manche „Zombies“ sind strunzend doof, andere wieder kompetent im Umgang mit Schlagbohrern; manche brauchen für die Verwandlung in ein tollwütiges, frischfleisch-besessenes Etwas Stunden und sind für die Zeit ihrer Verwandlung noch in der Lage komplizierte Operationen durchzuführen, andere „erwachen“ holterdiepolter als böse Monster. – Ein wenig mehr Kohärenz hätte dem Film in dieser Hinsicht sicherlich gut getan.

    Was an „Rabid“ allerdings Spaß macht, ist die absolute, ironielose Konsequenz, mit welcher der Film den gesellschaftlichen Untergang skizziert. Dabei fallen auch die Schauspieler positiv auf, die es schaffen, ihren Figuren, welche in dem Film nicht viel mehr als „Funktionen“ sind, viel Leben einzuhauchen. Darüber hinaus hat „Rabid“ (genau wie andere Werke Cronenbergs) etwas „Sexuelles“, was nicht nur an der aus der Erotikbranche „importierten“ Marilyn Chambers liegt, die während des Films häufiger mal nackte Haut zeigen darf. So saugt Rose ihre Opfer mit einem phallusähnlichen Stachel aus, der aus einer vaginaartigen Öffnung unter ihrer Achsel wächst. Das wirkt einerseits ziemlich dümmlich, doch sind es auch solche Momente – diese irritierende Melange aus Erotik und Horror – die „Rabid“ seinen verstörenden Charme verleihen. Aber auch Liebhaber des klassischen Zombiefilms, die mit David Cronenberg bisher nichts verbunden haben, werden auf ihre Kosten kommen. Konkreter: Wem Romeros Untoten-Triloge gefällt und wer vielleicht sogar dessen dazugehöriger Fingerübung „The Crazies“ (1973) etwas abgewinnen kann, findet bei „Rabid“ eine durchaus interessante Variation des Zombie-Themas.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top